Allerdings kann die Benachrichtigung weiterer Beteiligter den Grundrechtseingriff
bei der in erster Linie betroffenen Zielperson der Maßnahme vertiefen. Das gilt insbesondere, wenn die Überwachung keine verwertbaren Ergebnisse erbracht hat. Außerdem kann die Benachrichtigungspflicht dort auf praktische Hindernisse stoßen,
wo die Identität des Beteiligten im Rahmen der Maßnahme der Behörde nicht bekannt geworden ist. Auch die Nachforschung zur Feststellung der Identität sonstiger
Beteiligter könnte den Grundrechtseingriff sowohl für die Zielperson wie für sonstige
Beteiligte noch vertiefen. Das Bestehen von Benachrichtigungspflichten hängt unter
diesen Umständen von einer Abwägung ab. Für sie ist zum einen die Intensität des
Überwachungseingriffs bedeutsam, insbesondere in welchem Umfang und zu welchem Inhalt Kommunikation des unbekannten Betroffenen abgehört und aufgezeichnet worden ist, und zum anderen, welchen Aufwand die Feststellung der Identität des
Betroffenen fordert und welche Beeinträchtigungen mit ihr für die Zielperson und
sonstige Beteiligte verbunden sein könnten.

297

c) Die in § 101 Abs. 1 Satz 1 StPO genannten Gründe für die Zurückstellung der Benachrichtigung sind im Hinblick auf die akustische Wohnraumüberwachung nur teilweise mit dem Grundgesetz vereinbar.

298

aa) Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass die Beteiligten nach § 101
Abs. 1 StPO von einer akustischen Wohnraumüberwachung erst zu benachrichtigen
sind, sobald dies ohne Gefährdung des Untersuchungszwecks und von Leib und Leben einer Person geschehen kann. Die genannten Zurückstellungsgründe sind hinreichend gewichtig, um eine Einschränkung der Benachrichtigungspflicht zu rechtfertigen.

299

bb) Die Zurückstellung der Benachrichtigung ist aber insoweit nicht mit Art. 13 Abs.
1 und Art. 19 Abs. 4 sowie Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG vereinbar,
als nach § 101 Abs. 1 StPO eine Unterrichtung über die Durchführung einer akustischen Wohnraumüberwachung auch dann bis auf weiteres unterbleibt, wenn durch
die Unterrichtung die öffentliche Sicherheit oder der weitere Einsatz eines nicht offen
ermittelnden Beamten gefährdet würde.

300

(1) Mit dem Begriff der öffentlichen Sicherheit wird die Suspendierung der Benachrichtigungspflicht unter eine Generalklausel gestellt, die üblicherweise im Polizei- und
Ordnungsrecht verwendet wird, dort aber sehr weit ist und praktisch sämtliche in der
Rechtsordnung geschützten Rechtsgüter umfasst (zum Begriff siehe BVerfGE 69,
315 <352>). Nicht alle betroffenen Schutzgüter reichen indessen zur Zurückstellung
der Benachrichtigung. Daher muss der Gesetzgeber präzisieren, welche der unter
dem Begriff der öffentlichen Sicherheit zusammengefassten Rechtsgüter er als so
gewichtig einschätzt, dass sie eine Zurückstellung oder gar einen Ausschluss der Benachrichtigung bei heimlichen Grundrechtseingriffen rechtfertigen. Das aber ist nicht
geschehen.

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(2) Die Gefährdung der weiteren Verwendung eines nicht offen ermittelnden Beamten vermag die Zurückstellung der Benachrichtigung im Falle der akustischen Wohn-

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