Verzug, beschränkt.
Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass die Bestätigung der Kammer nach § 100 d Abs. 2 Satz 3 StPO nur für die Zukunft wirkt und keine Überprüfung einer vorausgegangenen Eilentscheidung des Vorsitzenden darstellt. Das Risiko einer Umgehung der Anordnungskompetenz der Kammer besteht,
anders als bei dem Richtervorbehalt für Durchsuchungen (vgl. hierzu BVerfGE 103,
142), für die akustische Wohnraumüberwachung praktisch nicht; der Erfolg einer Abhörmaßnahme kann innerhalb von drei Tagen in der Regel nicht erwartet werden,
und die Voraussetzungen einer Eilentscheidung werden wegen der zeitumfänglichen
Vorbereitung der Maßnahme nur im Ausnahmefall vorliegen. Erfolgt die Bestätigung
durch die Kammer nicht, so tritt die Anordnung des Vorsitzenden außer Kraft, bleibt
aber für die Vergangenheit wirksam.

286

Die Wirksamkeit einer Eilentscheidung des Vorsitzenden ohne Kammerbestätigung
ist auch im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG unbedenklich. Bereits die Eilentscheidung
wird durch einen Richter und nicht einen der Exekutive zuzurechnenden Staatsanwalt getroffen (vgl. BVerfGE 103, 142 <156>). Zudem verbleibt es auch hinsichtlich
der Eilentscheidung bei den auch sonst gegebenen Rechtsschutzmöglichkeiten.

287

IV.
Die in § 101 StPO für die akustische Wohnraumüberwachung getroffenen Regelungen über die Pflicht zur Benachrichtigung der Beteiligten stehen mit Art. 19 Abs. 4
und Art. 103 Abs. 1 GG nur teilweise in Einklang.

288

1. § 101 Abs. 1 Satz 1 StPO ist mit Art. 13 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 sowie Art. 2
Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG unvereinbar, soweit darin die Benachrichtigung der von akustischen Wohnraumüberwachungen betroffenen Personen davon
abhängig gemacht wird, dass sie ohne Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder
der weiteren Verwendung eines eingesetzten nicht offen ermittelnden Beamten erfolgen kann. Durch die einmalige Entscheidung des Gerichts über die Zurückstellung
der Benachrichtigung sechs Monate nach Beendigung der Maßnahme gemäß § 101
Abs. 1 Satz 2 StPO wird die Einhaltung der verfassungsrechtlich gebotenen Benachrichtigungspflicht zudem verfahrensrechtlich nicht hinreichend gesichert.

289

a) Art. 13 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Erfordernis eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) vermittelt den Grundrechtsträgern einen
Anspruch auf Kenntnis von Maßnahmen der akustischen Wohnraumüberwachung,
die sie betreffen.

290

Bei nicht erkennbaren Eingriffen steht dem Grundrechtsträger auf Grund der Gewährleistung effektiven Grundrechtsschutzes grundsätzlich ein Anspruch auf spätere
Kenntnis der staatlichen Maßnahme zu (vgl. BVerfGE 100, 313 <361> zu Art. 10
GG). Ohne eine solche Kenntnis können die Betroffenen weder die Unrechtmäßigkeit
der Informationsgewinnung noch etwaige Rechte auf Löschung der Aufzeichnungen
geltend machen. Die nachträgliche Unterrichtung ist auch geboten, weil auf Grund

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