Strafverfahren wird. Arztgespräche können im Einzelfall dem unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzuordnen sein (vgl. BVerfGE 32, 373 <379>).
Die Zeugnisverweigerungsrechte der Presseangehörigen und der Parlamentsabgeordneten weisen demgegenüber keinen unmittelbaren Bezug zum Kernbereich privater Lebensgestaltung auf. Sie werden um der Funktionsfähigkeit der Institutionen
willen und nicht wegen des Persönlichkeitsschutzes des Beschuldigten gewährt.
(5) Ein Abhören von Privatwohnungen hat sich, selbst wenn es grundsätzlich zulässig ist, auf Gesprächssituationen zu beschränken, die mit Wahrscheinlichkeit strafverfahrensrelevante Inhalte umfassen. Gegebenenfalls ist durch geeignete Vorermittlungen, die den Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung unberührt
lassen, zu sichern, dass die akustische Wohnraumüberwachung auf verfahrensrelevante Vorgänge in der Wohnung begrenzt bleibt. Nicht etwa darf in den absoluten
Kernbereich privater Lebensgestaltung eingegriffen werden, um erst festzustellen, ob
die Informationserhebung diesen Bereich betrifft.

149

Eine zeitliche und räumliche "Rundumüberwachung" wird regelmäßig schon deshalb unzulässig sein, weil die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass dabei höchstpersönliche Gespräche abgehört werden. Die Menschenwürde wird auch verletzt, wenn eine
Überwachung sich über einen längeren Zeitraum erstreckt und derart umfassend ist,
dass nahezu lückenlos alle Bewegungen und Lebensäußerungen des Betroffenen
registriert werden und zur Grundlage für ein Persönlichkeitsprofil werden können (zu
diesem Risiko vgl. BVerfGE 65, 1 <42 f.>).

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(6) Soweit nicht wegen hinreichender äußerer Anzeichen für die wahrscheinliche
Erfassung absolut geschützter Gespräche ein Verbot der Durchführung einer akustischen Wohnraumüberwachung besteht, dürfen Gespräche des Beschuldigten daraufhin abgehört werden, ob sie der strafprozessualen Verwertung zugängliche Informationen enthalten. Eine für die Bewertung des Gesprächsinhalts unter dem
Gesichtspunkt des Schutzes der Menschenwürde erforderliche erste "Sichtung" ist
unter diesen Voraussetzungen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die gebotene größtmögliche Zurückhaltung ist aber durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen (vgl. BVerfGE 80, 367 <375, 381>). So kann es der Schutz des Art. 1 Abs. 1
GG erforderlich machen, bei dem Abhören einer Privatwohnung auf eine nur automatische Aufzeichnung der abgehörten Gespräche zu verzichten, um jederzeit die Ermittlungsmaßnahme unterbrechen zu können.

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Sollte im Rahmen einer Wohnraumüberwachung eine Situation eintreten, die dem
unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen ist, muss die
Überwachung abgebrochen werden. Dennoch erfolgte Aufzeichnungen sind zu vernichten. Die Weitergabe und Verwertung der gewonnenen Informationen sind untersagt. Art. 13 Abs. 3 GG ist dahingehend auszulegen, dass bei entsprechenden Aufzeichnungen
Beweisverwertungsverbote
bestehen
müssen
(zur
verfassungsrechtlichen Verankerung solcher Gebote vgl. BVerfGE 44, 353 <383 f.>;
vgl. auch BVerfGE 34, 238 <245 ff.>).

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