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gelten unterschiedliche Aussonderungsprüffristen für die
gespeicherten personenbezogenen Daten. Gleichwohl
kann auch mit Hilfe des BAN festgestellt werden, ob und
welche Maßnahmen gegen eine Person bereits getroffen
wurden. Gerade in dieser Recherchefunktion bestehen
zwischen PAVOS-Zentral und dem BAN Anwendungsüberschneidungen. Schließlich sind auch der Personenkreis, über den Daten gespeichert werden, sowie der Umfang dieser Daten partiell identisch.
Inwieweit es vor diesem Hintergrund erforderlich ist, die
Konzeption von PAVOS-Zentral einerseits und „BAN“
andererseits zu überarbeiten, vermag ich derzeit nicht abschließend zu beurteilen, da dies auch von der endgültigen Gestaltung des Vorgangsbearbeitungs- und Recherchesystems abhängt. So habe ich einer Agenturmeldung
entnommen, dass der BGS das von der Polizei SchleswigHolstein verwendete Vorgangsbearbeitungssystem „@rtus“
zu übernehmen beabsichtigt. Welche Auswirkungen dies
auf die Konzeption von PAVOS-Zentral haben wird, bedarf noch der Erörterung.
Ich begrüße es daher, dass das BMI die Projektarbeitsgruppe „Datenschutz und BGS – bessere Lösungen für
Grundrechtsschutz“ damit beauftragt hat, die Datenanwendung PAVOS-Zentral und insbesondere deren Verhältnis zur Datei BAN zu untersuchen (vgl. Nr. 5.3.2).
5.3.4

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit
von Polizei- und Zollbehörden – Gemeinsame Zentren der Polizei in Kehl und in
Luxemburg

Der Aufbau von gemeinsamen Lagezentren der Polizeiund Zollbehörden von Deutschland und seinen westlichen
Nachbarstaaten schreitet voran.
Im 19. TB (Nr. 14.3) berichtete ich über einen Kontrollbesuch in dem gemeinsamen Zentrum der deutsch-französischen Polizei- und Zollzusammenarbeit in Offenburg, das zwischenzeitlich seinen Sitz nach Kehl verlegt
hat. Soweit eine gemeinsame Verarbeitung personenbezogener Daten vor Ort erfolgt, hielt ich die Vorlage einer
Errichtungsanordnung für das „Elektronische Tagebuch“
im Zentrum für erforderlich. Diesem Petitum ist das BMI
im November 2003 nachgekommen.
Durch einen Länderkollegen hatte ich im Oktober 2002
Kenntnis von einem Vertragsentwurf erhalten, der
Rechtsgrundlage für eine gemeinsame Stelle der grenzüberschreitenden Polizeizusammenarbeit mit Sitz in
Luxemburg werden soll. Beteiligte Staaten waren zunächst neben Deutschland das Königreich Belgien und
das Großherzogtum Luxemburg, später auch Frankreich.
Abgesehen davon, dass das Zentrum, das keine eigenständige Behörde ist, seinen Sitz außerhalb des deutschen Hoheitsgebietes hat, stellen sich je nach der Intensität der
personenbezogenen Informationsverarbeitung ähnliche
Probleme wie bei dem Zentrum in Kehl. Das gemeinsame
Zentrum in Luxemburg ist am 25. Februar 2003 eröffnet
worden. Der entsprechende Vertrag ist jedoch wegen eines Sprachvorbehalts noch nicht in Kraft getreten, so dass

BfD

20. Tätigkeitsbericht

2003–2004

die Informationsverarbeitung in dem Zentrum auf nicht
gesicherter Rechtsgrundlage abläuft.
Vor Abgabe einer datenschutzrechtlichen Beurteilung
musste ich mir zunächst Klarheit über die Breite der Informationsverarbeitung in dem Zentrum verschaffen, zumal die ersten Vertragsentwürfe in dieser Hinsicht nicht
eindeutig waren. Es macht einen Unterschied, ob die im
Zentrum zu bearbeitenden grenzüberschreitenden Vorgänge nur zur Dokumentation in einer gemeinsamen Datei gespeichert werden oder ob diese Informationen auch
zur Verhütung und Verfolgung von Straftaten operativ genutzt werden sollen. Der nach längeren Verhandlungen
gefundenen datenschutzrechtlichen Lösung einer eigenständigen Datenverarbeitungsklausel für die Erhebung,
Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten in
der gemeinsamen Datei durch die beteiligten Stellen,
ohne ergänzenden Rückgriff auf nationale Regelungen,
konnte ich zustimmen. Das Regierungsübereinkommen
war bei Redaktionsschluss noch nicht unterzeichnet.
5.3.5

Automatisierte und biometriegestützte
Grenzkontrolle

Der BGS führt am Flughafen Frankfurt/Main ein Pilotprojekt zur automatisierten und biometriegestützten
Grenzkontrolle durch. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse müssen offen diskutiert werden.
Am 12. Februar 2004 wurde die automatisierte und biometriegestützte Grenzkontrolle am Flughafen Frankfurt/
Main als Testverfahren durch den BGS in Betrieb genommen. Allen volljährigen Bürgerinnen und Bürgern aus
EU- bzw. EWR-Mitgliedsstaaten wird hier die Möglichkeit geboten, die Grenze im Non-Schengen-Flugverkehr
– also mit Staaten außerhalb des Schengener Vertragsgebiets – ohne manuelle Überprüfung durch die Grenzschutzbehörden zu überschreiten. Die Teilnehmer müssen
ihre personenbezogenen Daten aus dem mitzuführenden
Ausweisdokument und die biometrischen Merkmale ihrer
Augeniris durch den BGS registrieren lassen. Die Daten
werden digitalisiert und für die Dauer des Projekts verschlüsselt in einer Datenbank gespeichert. Bei nachfolgenden Grenzübertritten dienen sie dem Nachweis der
biometrischen Verifikation, d h. sowohl bei der Registrierung als auch bei jedem Grenzübertritt werden die ausgelesenen Personendaten zur Abfrage des polizeilichen Informationssystems des Bundes und der Länder und des
Schengener Informationssystems (SIS) weitergeleitet.
Der Grenzübertritt wird automatisiert freigegeben, wenn
die Verifikation anhand des Irisvergleichs gelingt und
keine Fahndungsnotierung vorliegt. Mit dem Pilotprojekt
soll getestet werden, ob sich die Iris als geeignetes biometrisches Merkmal zur Aufnahme in Reisedokumenten erweist und ob sich das Verfahren zur Erhöhung des Sicherheitsniveaus bei Grenzkontrollen sowie der Reduzierung
von Wartezeiten für die Reisenden eignet.
Das Pilotprojekt habe ich von Beginn an begleitet. Dabei
kam es mir besonders darauf an, dass die von den Teilnehmern in diesem Zusammenhang abzugebende Ein-

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