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– Es handelt sich in allen geprüften Fällen um Drittausländer. Die Daten der Betroffenen aus den Beitrittsländern wurden umgehend gelöscht.
– In den meisten Prüffällen lag der Ausschreibung eine
rechtsgültige Ausweisungs- oder Abschiebeverfügung zu Grunde; in immerhin etwa 20 % der Fälle waren Betroffene nur zum Zweck der Aufenthaltsermittlung im SIS ausgeschrieben, was eine Ausschreibung
nicht rechtfertigt.
– Die nach Artikel 112 Abs. 1 SDÜ vorgeschriebene Prüfung der weiteren Erforderlichkeit einer Ausschreibung nach Fristablauf war vielfach in den Akten nicht
dokumentiert und konnte deshalb nicht kontrolliert
werden. Mehrfach bestand die Dokumentation ausschließlich in der Meldung des BKA über die verlängerte Speicherung ohne eigenständige Entscheidung
des zuständigen Sachbearbeiters.
– Mangels Dokumentation konnten vielfach keine Angaben zur Dauer der Ausschreibung festgestellt werden, was einen schwerwiegenden Mangel bedeutet.
Die zulässige Ausschreibungsdauer beträgt, sofern
kein Trefferfall eintritt, bei erstmaliger Speicherung
drei Jahre, kann jedoch bei fortbestehendem Ausschreibungsgrund verlängert werden. So wurden auch
einige Fälle festgestellt, bei denen die Ausschreibung
bereits neun Jahre zurücklag.
– In knapp 50 Prozent der Fälle war die Ausschreibungsfrist im SIS an das unbefristet wirkende nationale Einreiseverbot nach § 8 Abs. 2 Ausländergesetz
gekoppelt; in den restlichen Fällen erfolgte die Ausschreibung, der Regelung des Artikel 112 SDÜ folgend, nicht unbefristet.
– Mit der Löschung der Ausschreibung im SIS erfolgt
nicht zwangsläufig die Vernichtung der zu Grunde liegenden Unterlagen. Vielfach werden diese noch in den
Akten zur Dokumentation der Inpol-Ausschreibung
aufbewahrt.
Insgesamt hat die Kontrolle auf nationaler Ebene einige
– teilweise erhebliche – Mängel aufgezeigt, die nachteilige
Konsequenzen für die Rechte der Betroffenen nach sich
ziehen. Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des
Bundes und der Länder hat eine Arbeitsgruppe eingesetzt,
die sich mit dem Prüfungsergebnis befassen soll.
Nach Abschluss der Kontrollen auf nationaler Ebene wird
sich die GKI mit der Auswertung der Ergebnisse aus allen
Schengenstaaten befassen und ggf. weitere Maßnahmen
beschließen. Bei Redaktionsschluss waren die Beratungen in der GKI noch nicht abgeschlossen.
3.3.2.3 Multilaterales Übereinkommen zur
polizeilichen Zusammenarbeit mit den
Benelux-Staaten und Österreich
Zwischen Deutschland, den Benelux-Staaten und Österreich ist ein weitreichendes Übereinkommen zur polizeilichen Zusammenarbeit vorgesehen.

BfD

20. Tätigkeitsbericht

2003–2004

Seit 2003 laufen Verhandlungen zu einem Übereinkommen für die Vertiefung der polizeilichen Zusammenarbeit, insbesondere in den Bereichen Terrorismus, grenzüberschreitende Kriminalität und illegale Migration
(Schengen III) zwischen Deutschland, den Benelux-Staaten und Österreich. Bereits der erste Vertragsentwurf enthielt weitreichende Regelungen zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Gegen Ende 2004 wurde ich
beteiligt.
Zu diesem Zeitpunkt war der ursprüngliche Vertragsentwurf allerdings schon erheblich entschärft worden. So
war jetzt vorgesehen, den gegenseitigen Zugriff bezüglich
der Fingerabdruck- und DNA-Daten nur noch auf sog.
Fundstellendatensätze zu begrenzen und ein sog. Hit/
No hit-Verfahren durchzuführen. Dabei werden die Fundstellendatensätze, z. B. eine DNA-Spur oder ein Fingerabdruck, zunächst daraufhin untersucht, ob sich in der
Datei bereits ein entsprechender Datensatz befindet. Erst
in einem zweiten Schritt wird im Trefferfall in einem
Rechtshilfeverfahren entschieden, ob auch die dazugehörigen Personalien übermittelt werden. Hierzu schlug ich
vor, den Zugriff auf DNA- und Fingerabdruckfundstellendatensätze nur zum Zweck der Zuordnung offener Tatspuren zuzulassen. Andernfalls würde der Abruf von
Fundstellendatensätzen, bei denen die Personalien der zugehörigen Person bereits bekannt sind, bei den anderen
Vertragsstaaten lediglich zu zusätzlichen Erkenntnissen
führen, ohne dass über die Zulässigkeit der Übermittlung
in einem Rechtshilfeverfahren entschieden würde. Der
Zugriff auf die zuvor genannten Datenbanken sollte zu
benennenden nationalen Kontaktstellen vorbehalten bleiben.
Die neu in den Entwurf aufgenommene Regelung zum
gegenseitigen umfassenden Zugriff auf die Kfz-Register
halte ich im Hinblick auf seine Tragweite für unverhältnismäßig, weil er u. a. auch zur Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten eingeräumt werden sollte. Erhebliche Bedenken habe ich auch gegen eine sog.
Öffnungsklausel in dem Entwurf vorgetragen, wonach
der gegenseitige schreibende und lesende Zugriff auf andere geeignete Datensammlungen ausgedehnt werden
können soll. Hierfür sehe ich keinen Bedarf, denn neben
der im Vertragsentwurf vorgesehenen Vernetzung daktyloskopischer und DNA-Datenbestände gibt es für die EUweite Fahndung bereits das SIS sowie das im Entstehen
begriffene Europäische Informationssystem (EIS) als europaweiten Kriminalaktennachweis bei Europol, sodass
weitere europaweite Datensammlungen zur polizeilichen
Zusammenarbeit nicht erforderlich erscheinen. Zu begrüßen ist dagegen die vertragliche Datenschutzklausel, in
der die unabdingbaren Rechte des von einer Datenverarbeitung Betroffenen, eine umfassende Protokollierung
und die datenschutzrechtliche Kontrolle ausdrücklich geregelt sind.
Die Vertragsverhandlungen dauerten bei Redaktionsschluss an.

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