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K a s t e n zu Nr. 3.3.1.2
3.3.1.2 Aktivitäten der Gemeinsamen
Kontrollinstanz von Europol
Der erste Tätigkeitsbericht der GKI für den Zeitraum
Oktober 1998 bis Oktober 2002 wurde inzwischen veröffentlicht.
War die Tätigkeit der GKI in der Anlaufphase seit 1999
eher von der Prüfung von Anwendungs- und Auslegungsfragen geprägt, so tritt inzwischen immer stärker
die Kontrolltätigkeit in den Vordergrund. So hat die GKI
mehrere Kontrollbesuche bei Europol durchgeführt, an
denen auch Vertreter meiner Dienststelle beteiligt waren. Bei den ersten Kontrollbesuchen stand noch die Beratung und Unterstützung beim Aufbau der Informations- und Kommunikationsstruktur bei Europol im
Vordergrund. Es geht hier um ein komplexes System,
denn Europol soll neben der hauseigenen Analysetätigkeit (vgl. Artikel 10 der Konvention) für die Mitgliedsstaaten insbesondere ein Europäisches Informationssystem (EIS) gem. Artikel 8 der Konvention betreiben. Mit
der Intensivierung der Fallanalyse bei Europol wird die
Prüftätigkeit der GKI zunehmend auf diesen Bereich
ausgeweitet. Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass die
Mitgliedstaaten zwar in wachsendem Maße Datenmaterial für Analysezwecke an Europol liefern, dies jedoch
vielfach ohne die notwendige Vorabbewertung seitens
der anliefernden nationalen Stellen erfolgt. Es gehört
aber zum Wesen einer effizienten Analyse, dass die zu
untersuchenden Informationen und deren Quellen vorab
auf Authentizität, Verlässlichkeit usw. untersucht werden. Dadurch soll vermieden werden, dass Datenfriedhöfe ohne wesentlichen Nutzwert entstehen.
Mit dem Beitritt von zehn neuen EU-Mitgliedstaaten zum
1. Mai 2004 werden diese auch Vertragsparteien von Europol, sobald sie die Europol-Konvention ratifiziert haben. Da ein angemessener Datenschutz im Polizeibereich
Voraussetzung für den Beitritt zur Konvention ist
(vgl. Artikel 14 der Konvention), hat die Kontrollinstanz
sich zunächst mittels eines Fragebogens und anschließender Diskussion über den Stand des Datenschutzes in den
neuen Mitgliedsstaaten unterrichten lassen. Inzwischen
haben die meisten Mitgliedstaaten die Europol-Konvention ratifiziert. Die Erweiterung stellt neue Anforderungen an die Organisation der GKI, denn nunmehr nehmen
bis zu 50 Vertreter an ihren Sitzungen teil.
Der Beschwerdeausschuss hat im Berichtszeitraum zwei
weitere Verfahren rechtskräftig abgeschlossen (vgl.
19. TB Nr. 16.1). Von besonderer Bedeutung ist die Entscheidung, wonach Europol auf das Auskunftsersuchen
eines Betroffenen nach Artikel 19 der Konvention in der
Sprache antworten muss, die der Antragsteller verwendet
hat, soweit es sich um eine der offiziellen EU-Amtssprachen handelt. Bis dato hatte Europol grundsätzlich seine
Korrespondenz in englischer Sprache geführt, was für Petenten, die deren nicht mächtig waren, fast einem Ausschluss des Rechtsweges gleichkam.
BfD
20. Tätigkeitsbericht
2003–2004
Zusammensetzung und Aufgaben der Gemeinsamen
Kontrollinstanz von Europol
Die GKI tritt ca. fünf bis sechs Mal im Jahr zusammen
und beschließt Stellungnahmen zu Errichtungsanordnungen (Art. 12 der Konvention) und zu Drittstaatsabkommen (Art. 18 der Konvention). Daneben wird in
bilateralen Gesprächen mit der Leitung von Europol
über bestimmte Problembereiche verhandelt.
Artikel 24 des Europol-Übereinkommens –
Gemeinsame Kontrollinstanz
Absatz 1
Es wird eine unabhängige Gemeinsame Kontrollinstanz
eingesetzt, deren Aufgabe darin besteht, nach Maßgabe
dieses Übereinkommens die Tätigkeit von Europol daraufhin zu überprüfen, ob durch die Speicherung, die
Verarbeitung und die Nutzung der bei Europol vorhandenen Daten die Rechte der Personen verletzt werden.
Darüber hinaus kontrolliert die Gemeinsame Kontrollinstanz die Zulässigkeit der Übermittlung der von Europol stammenden Daten. Die Gemeinsame Kontrollinstanz setzt sich aus höchstens zwei Mitgliedern oder
Vertretern jeder nationalen Kontrollinstanz zusammen;
diese werden gegebenenfalls von Stellvertretern unterstützt und von jedem Mitgliedstaat für fünf Jahre ernannt. Sie bieten jede Gewähr für Unabhängigkeit und
besitzen die nötige Befähigung. Jede Delegation hat bei
Abstimmungen eine Stimme. Die Gemeinsame Kontrollinstanz benennt aus ihren Reihen einen Präsidenten.
Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nehmen die Mitglieder der Gemeinsamen Kontrollinstanz von keiner
Behörde Weisungen entgegen.
Website der GKI: http://europoljsb.ue.eu.int
3.3.2
Schengen
3.3.2.1 SIS II – Schengener Informationssystem
weiterhin bloß Ausschreibungsdatei?
Wesentliche datenschutzrechtliche Fragen beim Ausbau
des Schengener Informationssystems (SIS) im Zuge der
Erweiterung der Europäischen Union sind noch ungeklärt.
Ein Beispiel für die offenbar weitgehend unkoordinierten
Aktivitäten zur grenzüberschreitenden Vernetzung der
Sicherheitsbehörden bildet die Fortentwicklung des SIS
zu einem „Schengener Informationssystem der zweiten
Stufe (SIS II – vgl. 19. TB Nr. 16.2.1).
Das ursprüngliche SIS hat eine Kapazität für maximal
18 Teilnehmerstaaten, die mit der geplanten teilweisen
Einbeziehung Großbritanniens und Irlands sowie der Assoziierung der Schweiz im Jahr 2006 ausgeschöpft sein
wird. Auch die seit 1. Mai 2004 der EU angehörenden
zehn neuen Mitgliedstaaten sind gehalten, sich dem SIS