Abrechnungen. Im Jahr 2017 wurden Bürgerinnen und Bürger aufgerufen, vorformulierte
Anfragen an die EU-Kommission zu senden. Erklärtes Ziel war es, in weniger als 48 Stunden
168 Anfragen zu allen Reisekostenabrechnungen aller Kommissare aus dem Jahr 2016 zu
stellen. Die EU-Kommission weigerte sich jedoch, dutzende Anfragen zu registrieren. Die
Auseinandersetzung mündete deshalb in mehrere Beschwerden an die EU-Ombudsfrau und
führte zu negativen Schlagzeilen in den Medien. Im August 2017 musste sich die Pressesprecherin der EU-Kommission mit einem Bombardement von Journalistenfragen auseinandersetzen. Nur einen Monat später verkündete der Kommissionspräsident Juncker einen modernisierten Verhaltenscodex.
1.2.2 Auch die bislang noch mangelnde Transparenz bei der Auswahl der EU-Richter
steht erneut auf dem Prüfstand
Die Menschenrechtsorganisation „Access Info“ hat eine weitere Beschwerde bei der EUOmbudsfrau eingelegt, um die Offenlegung der Auswahlkriterien bei der Wahl der Richter für
den Gerichtshof der Europäischen Union (CJEU) durchzusetzen.
Jeder Ernennung eines Richters geht zunächst eine Auswahl auf nationaler Ebene voraus. Es
ist Sache der Mitgliedstaaten, geeignete Kandidaten für den Gerichtshof vorzuschlagen. Anschließend prüft ein Ausschuss der EU die Kandidaten auf ihre Befähigung und gibt ein unverbindliches Votum ab. Der Ausschuss setzt sich aus sieben Repräsentanten aus dem Kreis
ehemaliger Mitglieder des Gerichtshofs und des Gerichts5, der Mitglieder der höchsten Gerichte der EU-Mitgliedstaaten und der Juristen von anerkannt hervorragender Befähigung
zusammen. Eines der Ausschussmitglieder wird vom Europäischen Parlament vorgeschlagen.
Die Meinungen und Ansichten des Auswahlgremiums bleiben der Öffentlichkeit bislang jedoch verschlossen. „Access Info“ stützt seinen Antrag auf die Verordnung 1049/2001 (Transparenzverordnung), die den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des EU-Parlaments,
des Rates und der Kommission regelt. Nach Ansicht von „Access Info“ habe die Öffentlichkeit ein gesteigertes Interesse an Transparenz, wenn es darum gehe, professionelle und kompetente Kandidaten für den Gerichtshof der EU auszuwählen und zu ernennen.
Der aktuellen Beschwerde im November 2017 gingen bereits Beschwerden in 2015 und 2016
voraus. Bereits damals hatte der Rat der EU es abgelehnt, sämtliche Dokumente, ob redigiert
oder unzensiert, herauszugeben. Seine Ablehnung stützte er auf verschiedene Gründe: Zum
einen fielen Aktivitäten des Sekretariats des Gremiums nicht in den Verantwortungsbereich
des Rates im Sinne der Transparenzverordnung. Zum anderen gefährde Transparenz neben
der Funktionsfähigkeit des Gremiums auch Datenschutzinteressen der Kandidaten.
Bereits 2015 hatte die EU-Ombudsfrau ein Überprüfungsverfahren eingeleitet und den Rat
ermutigt, seine Informations- und Veröffentlichungspolitik noch einmal zu überdenken.
Mit dem Vertrag von Lissabon wurden veränderte Bezeichnungen aufgenommen. Danach bezeichnet der "Gerichtshof der Europäischen Union" die Gesamtstruktur der Gerichtsbarkeit der Europäischen Union. Oberstes
Organ der Gerichtsbarkeit ist fortan der "Gerichtshof". Das Gericht erster Instanz ist nun das "Gericht", während
die dem Gericht beigeordneten Kammern, die der Bewältigung der Fülle von Klagen eingesetzt wurden, "Fachgerichte" genannt werden.
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6. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit
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