III.
Die angegriffenen Entscheidungen verletzen auch nicht andere Grundrechte oder
grundrechtsgleiche Rechte der Beschwerdeführerin.
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1. Art. 103 Abs. 1 GG ist dadurch, daß die Gerichte den von der Beschwerdeführerin
angebotenen Zeugenbeweis nicht erhoben haben, nicht verletzt. Ein Verstoß gegen
Art. 103 Abs. 1 GG kann nur dann festgestellt werden, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, daß das Gericht tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt
nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung nicht erwogen hat (vgl.
BVerfGE 65, 293 <295 f.>; 70, 288 <293> m.w.N.). Art. 103 Abs. 1 GG bietet aber
keinen Schutz dagegen, daß ein angebotener Beweis aus Gründen des formellen
oder materiellen Rechts nicht erhoben wird.
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Das Oberlandesgericht konnte ohne Verfassungsverstoß auf die Erhebung des angebotenen Zeugenbeweises verzichten, weil es das tatsächliche Vorbringen der Beschwerdeführerin insoweit als wahr unterstellt hat. Es hat maßgeblich auf den Umstand abgehoben, daß 16 Anrufe aus der Wohnung der Beschwerdeführerin
festgestellt wurden, und daraus gefolgert, daß die Anrufe zumindest von ihr veranlaßt
worden seien. Danach kam es auf den angebotenen Zeugenbeweis über den Aufenthaltsort der Beschwerdeführerin zu den fraglichen Zeitpunkten nicht mehr an.
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2. Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihres Rechts auf ein faires Verfahren wegen unzulässiger Beweislastumkehr rügt, liegt ebenfalls kein Grundrechtsverstoß vor.
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Das Recht auf ein faires Verfahren als Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips bedarf
der Konkretisierung, die in erster Linie Aufgabe des Gesetzgebers und im Rahmen
der gesetzlichen Vorschriften der jeweils zuständigen Gerichte ist. Ein Verstoß gegen
das Rechtsstaatsprinzip kann vom Bundesverfassungsgericht nur festgestellt werden, wenn ein Gericht die Bedeutung und Tragweite des Rechts auf ein faires Verfahren verkannt hat, rechtsstaatlich unverzichtbare Erfordernisse nicht mehr gewahrt
sind oder das Willkürverbot verletzt ist. Keine dieser Voraussetzungen ist hier erfüllt.
Eine Beweislastumkehr im engeren Sinne liegt schon deshalb nicht vor, weil die Klägerin des Ausgangsverfahrens den Beweis erbracht hat, daß 16 Anrufe von der Wohnung der Beschwerdeführerin ausgegangen waren. Legte man die Beweisanforderungen zugrunde, die die Beschwerdeführerin für geboten erachtet, wäre es der
Klägerin im Ausgangsverfahren unmöglich, Eingriffe in ihre Privatsphäre durch Telefonanrufe abzuwehren. Wenn die angefochtenen Entscheidungen deshalb im Rahmen der Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gelangen, aus den näheren Umständen
ergebe sich, daß die Beschwerdeführerin die Anrufe veranlaßt haben müsse, so ist
dies nachvollziehbar und vertretbar.
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