der Informationen zu anderen Zwecken als dem Schutz belästigter Fernsprechteilnehmer aus den Augen verliert.
c) Der Eingriff in das Grundrecht der Beschwerdeführerin aus Art. 10 Abs. 1 GG
setzt sich durch die Verwertung der dem Fernmeldegeheimnis unterliegenden Daten
zu Beweiszwecken im gerichtlichen Verfahren fort.
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2. Der Eingriff verletzt die Beschwerdeführerin aber nicht in ihrem Grundrecht aus
Art. 10 Abs. 1 GG.
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a) Allerdings besteht für den Eingriff keine gesetzliche Grundlage. Eine solche verlangt Art. 10 Abs. 2 Satz 1 GG für Beschränkungen des Fernmeldegeheimnisses. Im
Postgesetz und im Postverwaltungsgesetz findet sich keine derartige Ermächtigung.
Auch die Fernmeldeordnung ermächtigte die Deutsche Bundespost nicht zur Gesprächsbeobachtung. Eine solche Ermächtigung ergibt sich weder aus § 12 noch aus
§ 38 Abs. 3 FO. Die Vorschrift des § 12 FO verbietet den Fernsprechteilnehmern eine
mißbräuchliche Benutzung der Einrichtungen. Selbst wenn der anonyme Anruf bei
anderen Fernsprechteilnehmern als Mißbrauch der Fernsprecheinrichtungen angesehen werden sollte, gibt § 12 FO der Deutschen Bundespost keine Handhabe zur
Mißbrauchsverhütung; namentlich ermächtigt er sie nicht zur Beobachtung des Fernsprechverkehrs mittels Fangschaltungen oder Zählervergleichseinrichtungen. § 38
Abs. 3 FO enthält zwar eine Regelung über die Beobachtung von Teilnehmeranschlüssen. Diese Vorschrift beschreibt aber lediglich ein Dienstleistungsangebot der
Deutschen Bundespost. Die Fernmeldeordnung legt dar, daß die Post auf Antrag eines Teilnehmers die Beobachtung übernimmt, und setzt die Gebühren für die Leistung fest. Eine Ermächtigungsgrundlage für Eingriffe in Art. 10 Abs. 1 GG kann darin
nicht erblickt werden. Das Recht der Post zur Fernsprechüberwachung wird vielmehr
als traditionell bestehend vorausgesetzt (vgl. OLG Köln, NJW 1970, S. 1857).
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b) Die fehlende gesetzliche Eingriffsermächtigung führt aber für eine Übergangszeit
nicht zur Unzulässigkeit der Gesprächsbeobachtung. Zwar liegt in dem Eingriff wegen des Fehlens der nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 GG erforderlichen gesetzlichen
Grundlage ein Verstoß gegen das Fernmeldegeheimnis. Andererseits würde aber
auch die Verweigerung von Gesprächsbeobachtungen grundrechtlich geschützte Belange von Fernsprechteilnehmern beeinträchtigen, die Opfer bedrohender oder belästigender anonymer Anrufe werden. Solche Anrufe können das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG und das Recht
auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 GG empfindlich berühren. Die Betroffenen sind derartigen Angriffen relativ schutzlos ausgesetzt. Fangschaltungen und
Zählervergleichseinrichtungen bilden für sie ein besonders wirksames, oft sogar das
einzige Mittel der Gegenwehr. Zur Abwehr derartiger Angriffe und zur Geltendmachung zivilrechtlicher Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche sind sie daher
auf Einrichtungen und Dienstleistungen der Deutschen Bundespost angewiesen.
Dürften wegen fehlender gesetzlicher Grundlage keine Gesprächsbeobachtungen
mehr stattfinden, so könnte diesen grundrechtlichen Belangen nicht Rechnung getra-
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