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Schutz von seiner eigenen nationalen Grundrechtsordnung erwarten dürfte
als von der deutschen. Die Vorstellung, dass zwei im Ausland miteinander
telefonierende Ausländer ihr Fernmeldegeheimnis vorrangig durch Art. 10
des deutschen Grundgesetzes als geschützt ansehen, ist eher fernliegend. Der
von ihnen viel mehr erwartete Schutz durch die eigene Verfassungsordnung
wird – am Beispiel des Eingriffs durch die deutsche – nachrichtendienstliche
Fernmeldeaufklärung ignoriert. Dies trifft übrigens auch auf die Fälle zu, in
denen die G10-Kommission einer entsprechenden Maßnahme zustimmt.
Denn ihre Beteiligung schränkt das nach einer fremden Verfassung
geschützte Fernmeldegeheimnis nach dem dortigen Recht nicht wirksam ein.
Die Praxis der G10-Kommission und des Bundesnachrichtendienstes sind
sich im Ergebnis aber darin einig, dass mit der Genehmigung einer
Einschränkung des deutschen Grundrechtsschutzes der vergleichbare
ausländische ebenfalls beschränkt wird. Dies ist von der Sache her nicht
überraschend, weil von einem ausländischen Staat Zustimmungen zur
Fernmeldeaufklärung, vulgo Spionage, die das eigene Territorium betrifft,
nicht zu erwarten ist. Allerdings sollten Faktizität und Dimension dieser
Staatspraxis

demjenigen

bewusst

sein,

der

im

eigenen

Land

die

Grundrechtsignoranz anderer Dienste beklagt.

Die

in

Deutschland

geführte

Diskussion

um

grundrechtliche

Auslandsgeltung beruht also auf einer rechtspolitischen Spaltung. Sie nimmt
sich nur der Geltung des „deutschen Grundrechts“ an und setzt sich über die
Geltung des „ausländischen Grundrechts“ hinweg oder verdrängt es
bewusst. Dies zeigt von einem anderen Blickwinkel noch einmal die
Fragwürdigkeit dieser Auseinandersetzung. Die Kritik verkämpft sich an der
falschen Stelle. Effektivität des Grundrechtsschutzes betrifft die Bindung und
Begrenzung von Staatsgewalt; sie ist in besonderem Maße eine Frage der

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