Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
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BMVBS vorgebrachten Ablehnungsgründen nicht mehr
geäußert.
Vor Kurzem sind große Teile des Mautbetreibervertrags
im Internet aufgetaucht. Damit geht die Geheimhaltung
durch das BMVBS nunmehr weitgehend ins Leere.
4.19.8 Flugplandaten angeblicher CIA-Flüge
In meinem 1. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit
(Nr. 4.12.4) hatte ich darüber berichtet, dass ein Petent im
Zusammenhang mit Recherchen über die Aktivitäten ausländischer Geheimdienste in Deutschland beim BMVBS
beantragt hatte, ihm aus den Flugplänen der Deutschen
Flugsicherung GmbH Auskünfte über die Flugbewegungen von 20 Flugzeugen mit Registriernummern aus den
USA in den Jahren 2001 bis 2005 zu erteilen. Das
BMVBS hatte den Antrag nach § 3 Nummer 4 IFG abgelehnt, weil die erbetenen Daten als Verschlusssache eingestuft waren. Auch das daraufhin vom Petenten angerufene Verwaltungsgericht Berlin (Urteil vom 31. Mai 2007
– 2 A 93.06 –) hatte einen Anspruch auf Erteilung der
Auskünfte verneint.
Der Rechtsstreit ist inzwischen bis zum Bundesverwaltungsgericht gegangen. Nachdem auch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 1. Oktober 2008 – 12 B 49.07 –) dem BMVBS Recht gegeben
hatte, hat der Petent beim Bundesverwaltungsgericht zumindest einen Teilerfolg erzielt. Das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 29. Oktober 2009 – 7 C 22/08 –) hat
die Sache nämlich an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen, da dieses bei der Prüfung der in Betracht
kommenden Ausnahmegründe § 3 Nummer 1 Buchstabe a IFG (Schutz internationaler Beziehungen) und § 3
Nummer 4 IFG (Schutz von Verschlusssachen) nicht den
gesamten entscheidungserheblichen Sachverhalt zugrunde gelegt habe.
Wie bereits oben unter Nr. 2.1.9 dargestellt, geht das Bundesverwaltungsgericht bei § 3 Nummer 1 Buchstabe a
IFG von einem weiten, gerichtlich nicht überprüfbaren
Beurteilungsspielraum der Bundesregierung bei der Frage
aus, was nachteilige Auswirkungen auf internationale Beziehungen sind, und lässt eine plausible und nachvollziehbare Prognose der informationspflichtigen Stelle genügen, dass solche nachteiligen Auswirkungen durch das
Bekanntwerden der begehrten Informationen eintreten
können. Bezogen auf den Zeitpunkt der Antragstellung
hat das Bundesverwaltungsgericht daher nicht beanstandet, dass das Oberverwaltungsgericht die Prognose des
BMVBS für ausreichend gehalten hat, die Herausgabe
der streitigen Flugdaten könne die Bundesrepublik
Deutschland bei den Vereinigten Staaten in ein schlechtes
Licht rücken und die gute Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus gefährden.
Nicht ausreichend geprüft hat das Oberverwaltungsgericht nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts jedoch, ob diese Prognose auch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch trägfähig war. Angesichts eines
zwischenzeitlich bekannt gewordenen Berichts eines Untersuchungsausschusses des Bundestages, nach dem zwei
von der CIA veranlasste Transporte gefangener Verdäch-
tiger über deutsches Staatsgebiet stattgefunden haben und
dabei vom Petenten genannte Flugzeuge zum Einsatz gekommen sind, hätte sich dem Oberverwaltungsgericht die
Frage aufdrängen müssen, ob die Herausgabe weiterer für
sich neutraler Flugbewegungen überhaupt noch geeignet
ist, Verstimmungen der USA auszulösen. Auch bei der
Prüfung von § 3 Nummer 4 IFG (vgl. dazu näher
Nr. 2.1.8) hätte das Oberverwaltungsgericht diesen Aspekt berücksichtigen müssen.
Ich bin gespannt, wie die nunmehr erforderliche erneute
Würdigung des Sachverhalts durch das Oberverwaltungsgericht ausfallen wird.
4.19.9 Nachteilige Auswirkungen auf die
internationalen Beziehungen?
Ein Petent hatte beim Bundesministerium der Justiz die
Übersendung von Klageschriften in der Rechtssache
– 301/06 (Nichtigkeitsklage Irlands gegen RL 2006/24/
EG – Vorratsdatenspeicherung) beantragt. Dies hat das
BMJ unter Hinweis auf § 3 Nummer 1 Buchstabe g IFG
abgelehnt. Obwohl der Fall seinerzeit noch nicht abgeschlossen war, hatte ich in meinem 1. TB zur Informationsfreiheit unter Nr. 4.5.3 das zu Grunde liegende rechtliche Problem dargestellt.
Zwischen dem BMJ und mir war zwar unstreitig, dass die
Norm auch die Unabhängigkeit und Entscheidungsfreiheit der Rechtspflegeorgane schützt und damit u. a. verhindert werden soll, dass am Verfahrensausgang interessierte Personen Druck auf die Entscheidungsträger
ausüben. Die Behörde muss aber im Einzelfall konkret
darlegen, dass die Auskunft das Schutzgut nachteilig beeinträchtigen kann. Gerade die Richtlinie 2006/24/EG zur
Vorratsdatenspeicherung und die Nichtigkeitsklage
Irlands gegen diese Richtlinie wurden öffentlich sehr
kontrovers diskutiert. Insofern vermochte ich mögliche
nachteilige Auswirkungen auf die Unabhängigkeit der
Verfahrensführung, die über die Folgen der ohnehin stattfindenden öffentlichen Berichterstattung hinausgingen, in
diesem Fall nicht zu erkennen. Diese abweichende
Rechtsauffassung hatte ich gegenüber dem BMJ deutlich
gemacht, von einer förmlichen Beanstandung aber abgesehen.
Der Petent hat sich im Berichtszeitraum erneut an mich
gewandt, weil das BMJ auch seiner Bitte auf Übersendung der Klageschrift und des sonstigen Schriftverkehrs
nach Abschluss des Verfahrens unter Hinweis auf § 3
Nummer 1 Buchstabe a IFG nicht entsprochen hat.
Mir gegenüber hat das BMJ dargelegt, warum die Bekanntgabe nachteilige Auswirkungen auf die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Irland
haben würde und der Anfrage des Petenten aus seiner
Sicht im Ergebnis nicht entsprochen werden konnte.
Zur Frage, ob die Republik Irland im vorliegenden Fall
überhaupt als Dritter i. S. d. IFG anzusehen ist, hatte ich
das BMJ bereits im vorangegangenen Schriftwechsel auf
die Gesetzesbegründung (Bundestagsdrucksache 15/4493,
S. 11) hingewiesen, nach der das sog. Urheberprinzip
nicht greift, wenn Informationen mit Ursprung außerhalb
2. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit