Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
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standsmerkmal zwar nicht explizit im IFG aufgeführt, es
ist allerdings eine denklogische Voraussetzung für den
Informationszugangsanspruch nach dem IFG (§ 2 Nummer 1 IFG). Damit käme nur der Zugang zu konkret vorhandenen behördlichen Informationsbeständen in Betracht. Das Ministerium hatte glaubhaft dargelegt, über
keinerlei Unterlagen zu dieser Sitzung zu verfügen. Gegen die ablehnende Entscheidung des Ministeriums hatte
ich daher keine Bedenken.
4.15.3 Kein Zugang zu Projekten in Öffentlich-Privater-Partnerschaft?
Eine detaillierte Einsicht in Unterlagen eines Bauprojektes, das im Wege der Öffentlich-Privaten-Partnerschaft
realisiert wird, kann die fiskalischen Interessen des Bundes im Wirtschaftsverkehr beeinträchtigen.
Eine Eingabe betraf den Informationszugang zu sog. Öffentlich-Private-Partnerschaft-Projekten (ÖPP). Konkret
wollte ein Bürger beim BMVBS Einblick in die Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen (WU) des ÖPP-Projektes
Autobahn A8 (München-Augsburg) haben. Das Ministerium begründete seinen ablehnenden Bescheid mit der
Beeinträchtigung fiskalischer Interessen im Wirtschaftsverkehr (§ 3 Nummer 6 IFG; vgl. Nr. 2.1.6).
Dieser Ablehnungsgrund dient dem Schutz der Einnahmen des Bundes und der Herstellung eines fairen Wettbewerbs. Er schützt ausschließlich das fiskalische Interesse
des Bundes im Wirtschaftsverkehr, d. h. in den Fällen, in
denen der Bund wie ein Dritter als Marktteilnehmer mit
der Absicht der Gewinnerzielung am Privatrechtsverkehr
teilnimmt. Der marktwirtschaftliche Wettbewerb soll damit gewährleistet werden.
Eine Beeinträchtigung der fiskalischen Interessen muss
aber konkret für den Einzelfall begründet werden: Das
sog. A-Modell Pilotprojekt A8 ist eine ÖPP in Form des
Betreibermodells. Bei dieser Art der ÖPP erhält ein privater Dritter nach Ausschreibung auf vertraglicher Basis
eine Konzession für die Finanzierung des Ausbaus, Betriebs und die Erhaltung eines Autobahnabschnittes für
die Dauer von 30 Jahren. Zur Refinanzierung erhält er die
Einnahmen aus der LKW-Maut. Vor der Durchführung
eines solchen A-Modells wird eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung im Vergleich zur konventionellen Realisierung durchgeführt. Dieser sog. Vergleichswert wird oftmals als Public Sector Comparator (PSC) bezeichnet.
Das Ministerium vertrat die Auffassung, im Falle einer
Veröffentlichung des PSC A8 (München-Augsburg)
könnten Rückschlüsse auf die PSC folgender ÖPP-Vorhaben gezogen werden, die zu einer Wettbewerbsverzerrung
führen würden. Diese Argumentation war zunächst nicht
nachvollziehbar: Eine Veröffentlichung des PSC bzw. der
Wirtschaftlichkeitsuntersuchung hat keinerlei Auswirkungen auf die fiskalischen Interessen des Bundes. Durch
den Ausbau einer Autobahn im Rahmen einer ÖPP wird
die Planung, Errichtung, Finanzierung und Betreibung eines Autobahnabschnittes einem privaten Dritten (Konzessionsnehmer) übertragen. Damit erfolgt der Ausbau des
Streckenabschnittes im Rahmen des Bundesverkehrswe-
geplanes für die öffentliche Hand prinzipiell kostenneutral, da keine Investitionen durch den Bund getätigt werden müssen. Ein wirtschaftlicher Nachteil zu Lasten
öffentlicher Haushalte war zum damaligen Zeitpunkt für
mich nicht erkennbar. Die in der PSC enthaltenen Berechnungswerte sind empirischer Herkunft oder stammen aus
vergleichbaren Maßnahmen. Insofern waren diese theoretischen Angaben nicht mit einem Betriebs- und Geschäftsgeheimnis im Sinne des § 6 Satz 2 IFG zu vergleichen, da sie nicht einer konkreten Kostenkalkulation
gleichzusetzen sind. Die Einnahmen des Bundes werden
nicht gefährdet, seine Ausgaben erhöhen sich ebenfalls
nicht.
Auch wäre m. E. der marktwirtschaftliche Wettbewerb im
Falle einer Veröffentlichung nicht beeinträchtigt gewesen.
Der Bund tritt als Partner in der ÖPP nicht wie ein privater Dritter am Markt auf. Dies widerspräche dem Grundgedanken der ÖPP, die nicht dazu dient, die Einnahmen
des Bundes zu erhöhen. Insofern wären Rückschlüsse aus
dem PSC für zukünftige Projekte unschädlich. Sie könnten zudem nur bedingt für andere Projekte verwendet
werden, da durch die Komplexität und Diversität derartiger Vorhaben ein Vergleich nur begrenzt möglich wäre.
Anhaltspunkte für negative Auswirkungen auf den Bund
bzw. Wettbewerbsverzerrungen waren also zunächst nicht
erkennbar.
In einer ergänzenden Stellungnahme führte das Ministerium dann jedoch an, dass die Daten zur Ermittlung der
Wirtschaftlichkeit und des PSC auf das konkrete Projekt
bezogen berechnet worden seien. Diese Vergleichsberechnung enthielt einerseits detaillierte Angaben über die
Kosten der konventionellen Realisierung und andererseits
Annahmen über die wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit bei
Ausführung und Betreibung durch einen privaten Konzessionsnehmer. Die Herausgabe dieser Daten der WU
hätte nach Auffassung des Ministeriums (zukünftige)
Auftragnehmer in die Lage versetzen können, die Kalkulationen des Bundes nachzuvollziehen und ihre Angebote
entsprechend auszurichten. Eine Herausgabe der Daten
aus der WU hätte so anderen Bietern bei zukünftigen
ÖPP-Projekten strategisches Bieten ermöglicht. Im konkreten Fall sei dies besonders zu befürchten gewesen, da
das Vergabeverfahren für das benachbarte ÖPP-Projekt
„Ausbau A 8 Ulm–Augsburg“ noch nicht abgeschlossen
sei. Die Daten aus der WU und dem PSC des Projektes
„Ausbau A 8 München–Augsburg“ seien allein schon
wegen der geografischen Gegebenheiten mit denen des
anderen Abschnitts vergleichbar.
Die grundsätzliche Entscheidung, ob ein Vorhaben in Eigenleistung oder im Rahmen einer ÖPP realisiert wird,
trifft der Staat aus wirtschaftlichen Erwägungen, die ihm
durch § 7 Bundeshaushaltsordnung (BHO) vorgegeben
sind. Für die Vergleichsberechnung zwischen den prognostizierten Einnahmen aus der Lkw-Maut der nächsten
30 Jahre und den errechneten Bau-, Instandhaltungs- und
weiteren Kosten werden Annahmen getroffen, die den
wirtschaftlichen Effizienzgewinn infolge einer privaten
Trägerschaft, Realisierung und Instandhaltung betreffen.
Diese Informationen bilden somit die Grundlage dafür,
2. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit