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Zusammenfassung der Verfahrensregelungen, nach denen
Sitzungen und Versammlungen dieses Gremiums abzulaufen haben, nicht jedoch nach inhaltlichen Themen.
Deswegen konnte ich die Weigerung, die Geschäftsordnung des Lenkungsgremiums offen zu legen, nicht nachvollziehen, zumal beispielsweise private Unternehmen
die Geschäftsordnung ihres Vorstandes im Internet abrufbar bereit halten.
Das IFG ermöglicht dem Antragsteller, die Art und Weise
des Informationszuganges grundsätzlich selbst zu bestimmen, also neben der Einsichtnahme auch die Anfertigung
von Kopien zu verlangen. Dies steht grundsätzlich nicht
im Ermessen der informationspflichtigen Stelle. Die
mögliche weitere Verwendung der Informationen ist für
die Bearbeitung eines IFG-Antrages unerheblich. Insofern hatte der Antragsteller einen Anspruch, die Art des
Zugangs zu wählen. Die Möglichkeit, bei Einsichtnahme
Kopien fertigen zu lassen, sieht § 7 Absatz 4 IFG ausdrücklich vor.
Im Verlauf des Verfahrens machte der AOK-BV mich
darauf aufmerksam, dass er gemäß § 212 ff. SGB V seit
dem 1. Januar 2009 als Gesellschaft bürgerlichen Rechts
(GbR) organisiert sei und nicht länger meiner Aufsicht
unterläge, sondern der des Landes Berlin. Unabhängig
von der heutigen Organisationsform war der Verband
aber bis zum 31. Dezember 2008 eine Körperschaft des
öffentlichen Rechts und unterfiel damit dem Anwendungsbereich des IFG. Die Anträge auf Informationszugang wurden allesamt 2008 gestellt, also zu einem Zeitpunkt, als der AOK-BV noch nach dem Gesetz
anspruchsverpflichtet war. Insofern konnte für dieses Mal
dahingestellt bleiben, ob ich als Informationsfreiheitsbeauftragter für den AOK Bundesverband als GbR zuständig bin. Entscheidend ist der Anspruch nach dem IFG
zum Zeitpunkt der Antragstellung. Somit erachtete ich
meine Zuständigkeit weiterhin als gegeben.
4.14.5 Wie gut ist die Pflege?
Die Ablehnung eines Informationsersuchens kann in keinem Fall damit begründet werden, die Informationen
seien nicht selbsterklärend zu lesen.
Der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der
Krankenkassen e. V. (MDS) erhielt 2009 einen Antrag
auf Zugang zu Daten, die die Medizinischen Dienste der
Krankenversicherung (MDK) bei ihren Qualitätsprüfungen in stationären Pflegeeinrichtungen erheben. Diese
Daten bildeten die Grundlage für den „Zweiten Bericht
des MDS nach § 118 Absatz 4 SGB XI“. Der MDS führt
die Berichte der MDK und seine eigenen Erkenntnisse
und Erfahrungen zur Entwicklung der Pflegequalität und
der Qualitätssicherung zu einem Bericht zusammen und
legt diesen den Spitzenverbänden der Pflegekassen, dem
Bundesministerium für Gesundheit (BMG) sowie den zuständigen Landesministerien vor. Der MDS ist ein eingetragener Verein, dessen entscheidungsbefugtes Mitglied
gemäß § 282 SGB V allein der Spitzenverband Bund der
Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) ist. Der Verband
ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, wodurch
das IFG hier zur Anwendung kommt. Der Antrag wurde
2. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
aber zurückgewiesen, da auf Grund einer gesetzlichen
Änderung dem MDS bisher keine Daten vorlägen. Ein
Zugang nach dem IFG scheide wegen spezialgesetzlicher
Regelungen (§ 114a SGB XI und § 115 Absatz 1a
SGB XI) gemäß § 1 Absatz 3 IFG aus. Die Datensätze
seien darüber hinaus als solche nicht selbsterklärend zu
lesen.
Durch eine gesetzliche Änderung müssen die MDK erstmalig zum 30. Juni 2011 Bericht erstatten. Der o. g.
„Zweite Bericht des MDS nach § 118 Absatz 4 SGB XI“
vom August 2007 wurde auf der Grundlage der seinerzeit
geltenden Regelung erstellt. Die darin ausgewerteten Datensätze bezogen sich auf den Berichtszeitraum 2004 bis
2006. Demzufolge liegen dem MDS keine Daten vor, die
jünger als drei Jahre sind.
Das IFG sieht gemäß § 1 Absatz 1 IFG den Zugang zu
amtlichen Informationen vor. Das Vorhandensein der gewünschten Information bei der Behörde ist Voraussetzung
für den Informationszugangsanspruch nach dem IFG (§ 2
Nummer 1 IFG). Der Antragsteller bezog sich in seinem
Antrag jedoch auf den Bericht des Jahres 2007, also die
Daten, die für den Bericht verwendet wurden. Ich gehe
deshalb davon aus, dass die begehrten Daten dem MDS
zum Zeitpunkt der Antragstellung vorgelegen haben.
Gemäß § 1 Absatz 3 IFG gehen Regelungen in anderen
Rechtsvorschriften mit Ausnahme des § 29 VwVfG und
§ 25 SGB X dem allgemeinen Informationszugangsanspruch nach dem IFG vor. Nach § 114a Absatz 6 SGB XI
besteht für den MDS eine Berichtspflicht u. a. gegenüber
dem BMFSFJ, BMG und BMAS. Eine solche Vorschrift
ist jedoch keiner Informationszugangsregelung gleichzusetzen. Die verdrängende Spezialnorm im Sinne des § 1
Absatz 3 IFG müsste Regelungen über den Zugang zu
amtlichen Informationen enthalten. Hierzu war die Berichtspflicht meiner Auffassung nach nicht zu zählen.
§ 115 Absatz 1a SGB XI erlegt den Landesverbänden der
Pflegekassen auf, Leistung und Qualität der Pflegeeinrichtungen im Internet zu veröffentlichen. Die Vorschrift
stellt damit ebenfalls keine Informationszugangsregelung
dar. Zudem sind die Landesverbände der Pflegekassen die
veröffentlichungspflichtigen Stellen. Die danach zu publizierenden Informationen decken sich m. E. nicht mit
denen, die vom Antragsteller angefragt wurden.
Das Argument, die angefragten Informationen könnten
nicht selbsterklärend gelesen werden, konnte dahingestellt bleiben. Der Informationszugangsanspruch nach
dem IFG ist umfassend – unabhängig vom Empfängerhorizont – zu verstehen. Ferner stellt dieses Kriterium keinen Ablehnungsgrund nach dem IFG dar.
Das Verfahren mit dem GKV-Spitzenverband dauerte bis
Redaktionsschluss noch an. Über den Ausgang werde ich
berichten.
4.14.6 Informationszugang im
Insolvenzverfahren
Tritt eine Krankenkasse in einem Insolvenzverfahren als
Gläubigerin auf, kann der Insolvenzverwalter ihr gegen-