Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
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ten) akzeptiert, die Authentizität und Aussagekraft der
Daten gewährleisten sollten.
Diesem Verfahren stand ich skeptisch gegenüber. Auch
wenn die Gesetzesbegründung zum IWG davon ausgeht,
dass die geltenden Informationszugangsbestimmungen
– insbesondere also das IFG – nicht oder nicht ausdrücklich regeln, ob und unter welchen Bedingungen die
zugänglich zu machenden Informationen durch den Anspruchsinhaber weiterverwendet werden dürfen (Bundestagsdrucksache 16/2453, S. 11), bestehen doch erhebliche
Zweifel, ob es mit Sinn und Zweck des IFG vereinbar
wäre, wenn der nach ihm bestehende freie Informationszugang durch Verwendungsbeschränkungen nach dem
IWG eingeschränkt und im Einzelfall faktisch wertlos
werden könnte. Hinzu kommt, dass es dem begründungsfreien Recht auf Informationszugang nach dem IFG widersprechen würde, die konkreten Nutzungsabsichten im
Rahmen der Antragstellung offen zu legen, was jedoch
für eine Abgrenzung zwischen bloßem Zugang und einer
Weiterverwendung Voraussetzung wäre. Dieses problematische Verhältnis von IFG und IWG ist allerdings wohl
letztlich nur durch den Gesetzgeber aufzulösen. Daher
habe ich die Allgemeinen Nutzungsbedingungen des
G-BA – nachdem diese nochmals unter Berücksichtigung
meiner Anregungen inhaltlich überarbeitet worden waren –
als Kompromisslösung vorerst nicht beanstandet. Allerdings ist in dieser Angelegenheit noch ein Gerichtsverfahren anhängig, dessen Ausgang ich mit Interesse entgegensehe.
K a s t e n zu Nr. 4.14.3
§ 4 Absatz 4 Satz 1 IWG
Nutzungsbestimmungen und Entgelte für die Weiterverwendung, die allgemein Anwendung finden sollen,
sind im Voraus festzulegen und, soweit dies technisch
möglich und sinnvoll ist, elektronisch zu veröffentlichen [...].
4.14.4 Kopien kriegen Sie nicht!
Eine gewährte Akteneinsicht in die Originaldokumente
bei der informationspflichtigen Stelle mindert nicht den
Anspruch auf Kopien.
Beim AOK-Bundesverband (AOK-BV) beantragte ein
Bürger Einsicht in die Unterlagen von sieben Vergabeverfahren, in die Geschäftsordnung und in die Ausführungsordnung des Lenkungsgremiums des Bundesverbandes.
Tatsächlich Einsicht erhielt er allerdings nur in die Geschäftsordnung sowie teilweise in den Vergabevermerk
eines Verfahrens. Seinem ausdrücklichen Wunsch, Kopien der eingesehenen Unterlagen zu erhalten, wurde
nicht entsprochen. Ein weitergehender Informationszugang wurde verwehrt, da nach Auffassung des AOK-BV
nach dem IFG lediglich die Informationen zugänglich zu
machen seien, die keinerlei Rückschlüsse auf Bieter und
deren Angebote zulassen. Zudem sei die Verdingungsordnung für Leistungen – Teil A (VOL/A) eine spezialge-
setzliche Informationszugangsregelung, die gemäß § 1
Absatz 3 IFG vorrangig anzuwenden sei. Einem Zugang
zur Geschäftsordnung und Ausführungsordnung des Lenkungsgremiums stehe § 3 Nummer 6 Alt. 2 IFG entgegen. Die Kopien wurden nicht herausgegeben, weil sie
bei einer Veröffentlichung einen unrichtigen Eindruck
hätten erwecken können.
Einen Informationszugang zu den Unterlagen der Vergabeverfahren hielt ich auch in diesem Fall nicht für ausgeschlossen (vgl. Nr. 2.1.4). Die Verfahren, in die der Antragsteller Einsicht nehmen wollte, waren bei
Antragstellung abgeschlossen. Mögliche spezialgesetzliche Zugangsregelungen der VOL/A wären m. E. daher
nicht zur Anwendung gekommen. Auch § 1 Absatz 3 IFG
hielt ich in diesem Fall als Ablehnungsgrund für nicht
einschlägig. Ein Drittbeteiligungsverfahren wegen möglicher Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse wollte der
AOK-BV nicht durchführen und begründete dies mit einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand. Das ist
als Ablehnungsgrund im Rahmen eines Beteiligungsverfahrens nach § 8 IFG jedoch gar nicht vorgesehen. Besteht ein Anspruch auf Informationszugang nur teilweise,
ist dem Antragsteller gemäß § 7 Absatz 2 IFG der Zugang in dem Umfang zu gewähren, in dem der Informationszugang u. a. ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand möglich ist. Dies trifft eindeutig nicht für
das Beteiligungsverfahren der betroffenen Bieter zu. Für
den entstehenden Aufwand hätten dem Antragsteller entsprechende Gebühren in Rechnung gestellt werden können. Auch wenn damit zu rechnen gewesen wäre, dass ein
Teil der Bieter die Zustimmung verweigert hätte, hätten
die Informationen bezüglich der übrigen Unternehmen
herausgegeben werden können. Schließlich wäre zu prüfen gewesen, welche Angaben der Dritten in den Vergabeunterlagen überhaupt unter den Schutzbereich des § 6
Satz 2 IFG gefallen wären. Insbesondere bei Angaben zu
Namen der Unternehmen und Endpreisen erscheint ein
Betriebs- und Geschäftsgeheimnis in der Regel unwahrscheinlich. Letztlich hat der AOK-BV hinsichtlich des
Einsichtsbegehrens in ein Vergabeverfahren ein Drittbeteiligungsverfahren durchgeführt. Ein Bieter war mit der
Weitergabe seiner Unterlagen einverstanden. Dem Antragsteller wurden diese Dokumente zur Verfügung gestellt.
§ 3 Nummer 6 Alt. 2 IFG schützt die wirtschaftlichen Interessen der Sozialversicherungen. Hierunter fallen beispielsweise Leistungs- und Abrechnungsdaten sowie Mitglieder- und Vertragsdaten. Insofern ist § 3 Nummer 6
Alt. 2 IFG für den Bereich der Sozialversicherungen bedingt als Äquivalent zu den Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen des § 6 Satz 2 IFG zu verstehen (vgl. nur
Nr. 2.1.3). Für die Heranziehung dieses Ausnahmetatbestandes genügt jedoch nicht eine abstrakte Gefährdung
der wirtschaftlichen Interessen der Sozialversicherungen.
Vielmehr ist die Norm eng auszulegen. Eine mögliche
Beeinträchtigung müsste konkret bevorstehen. Dies war
hier bislang nicht zu erkennen. Der AOK-BV hätte meiner Auffassung nach keine Nachteile erlitten, wenn er die
Einsicht in die Geschäftsordnung des Lenkungsgremiums
gewährt hätte. Der Antragsteller fragte lediglich nach der
2. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit