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deutlich gemacht, dass die Frage, ob und inwieweit im
Einzelfall Belange Dritter zu schützen sind, vorliegend
ausschließlich nach den Regelungen der §§ 5 und 6 IFG
zu beurteilen sei. Diesem Verständnis der gesetzlichen
Vorschriften hat das BMF allerdings widersprochen.
Soweit das Ministerium den Anspruch auf Informationszugang nach § 3 Nummer 1 Buchstabe d IFG ablehnt,
weil das Bekanntwerden der begehrten Information nachteilige Auswirkungen auf Kontroll- und Aufsichtsaufgaben der Finanzbehörden haben könne („Die Weitergabe
unternehmensbezogener Informationen an beliebige Interessierte würde das Vertrauen in die unparteiische Tätigkeit des BMF und anderer Finanzbehörden erheblich beeinträchtigen und die Wahrnehmung ihrer gesetzlichen
Aufgaben stören“), habe ich darauf hingewiesen, dass die
Behörde im Einzelfall die konkrete Nachteilswirkung
darlegen müsse. Auch hier sind die Positionen streitig geblieben.
Der Petent hat gegen die ablehnende Entscheidung des
Ministeriums Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin
erhoben.
Mit
Urteil
vom
3. Dezember 2008
– VG 2 A 132.07 – hat das Gericht die Klage als unbegründet zurückgewiesen, da das BMF den Ausschlussgrund nach § 3 Nummer 1 Buchstabe d IFG hinreichend
plausibel und nachvollziehbar dargelegt habe. Die Voraussetzungen der Vorschrift seien hier erfüllt, denn das
Bekanntwerden der in Rede stehenden Stellungnahme der
BaFin könne nachteilige Auswirkungen auf die Kontrolloder Aufsichtstätigkeit der BaFin haben. Nachteilige
Auswirkungen lägen schon dann vor, wenn sich das Bekanntwerden der Information negativ oder ungünstig auswirken könne. Das Ministerium habe in diesem Zusammenhang zudem plausibel gemacht, dass die Fähigkeit
der BaFin zu einer effektiven Erfüllung ihrer Aufgaben
auch von der Bereitschaft der Institute zu einer Zusammenarbeit mit der BaFin beeinflusst werde, diese Zusammenarbeit aber im Falle einer Veröffentlichung von Informationen der hin in Frage stehenden Art gestört werden
könnte.
Das Gericht hat die Berufung zugelassen, da der Auslegung des § 3 Nummer 1 Buchstabe d IFG grundsätzliche
Bedeutung zukomme. Zu dem Ablehnungsgrund des § 3
Nummer 4 IFG hat das VG Berlin keine weitere Entscheidung getroffen, so dass die Frage, ob und inwieweit
dem Anspruch auch dieser Ausschlussgrund entgegensteht, vom Gericht nicht behandelt wurde. Das Berufungsverfahren ist zurzeit noch anhängig. Dem Ergebnis
sehe ich mit Interesse entgegen.
4.10
Bundesministerium für Wirtschaft und
Technologie
4.10.1 Was kostete die Kaserne?
Können Informationen über den gescheiterten Verkauf einer ehemaligen Kaserne das fiskalische Interesse des
Bundes im Wirtschaftsverkehr beeinträchtigen?
Beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
wurde der Zugang zu drei Schreiben der Bundesregierung
an die Europäische Kommission beantragt. Inhaltlich
2. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
ging es dabei um die Veräußerung der Liegenschaft „Kaserne Eggerstedt“ durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), die nicht zustande gekommen war.
Zwei der drei Schriftstücke waren vertraulich an die
Kommission übermittelt worden, eines dieser Schreiben
enthielt u. a. den Namen eines Bieters und die Höhe der
jeweiligen Gebote. Das Ministerium lehnte den Zugang
zu diesem Schriftstück ab und führte dafür fiskalische Interessen des Bundes im Wirtschaftsverkehr (§ 3 Nummer 6 IFG), nachteilige Auswirkungen auf laufende behördliche Entscheidungsprozesse (§ 3 Nummer 3
Buchstabe b IFG und § 4 IFG), den Schutz vertraulich
übermittelter Informationen (§ 3 Nummer 7 IFG) sowie
Geschäftsgeheimnisse (§ 6 Satz 2 IFG) als Begründung
an.
Der Ausnahmegrund der fiskalischen Interessen des Bundes im Wirtschaftsverkehr § 3 Nummer 6 Alt. 1 IFG
schützt die Einnahmen des Bundes und die Herstellung
eines fairen Wettbewerbs (vgl. Nr. 2.1.6, 4.9.1, 4.9.4).
Das BMWi interpretierte diesen Ausnahmegrund sehr
weit, was ich so nicht nachzuvollziehen vermochte. Im
Rahmen einer Liegenschaftsveräußerung kann sich die
frühzeitige Herausgabe von Informationen (beispielsweise die Höhe des Gebotes) negativ auf den öffentlichen
Haushalt auswirken. Nachfolgende Bieter könnten so ihr
Gebot besser einschätzen und festlegen. Ein möglicherweise deutlich höheres Gebot wäre somit vereitelt, da
sich andere Bieter an der bekannten Höhe orientieren
würden. Insoweit teilte ich die Auffassung der Behörde.
Allerdings war das Verkaufsverfahren nicht abgeschlossen worden. Die BImA beabsichtigt, den Verkauf der Liegenschaft zu einem späteren Zeitpunkt erneut auszuschreiben, wann ist allerdings offen. Die Voraussetzungen
könnten sich in der Zwischenzeit erheblich ändern, insbesondere wenn ein Bodenwertgutachten durch eine mögliche Änderung des Rahmenplanes der Stadt Pinneberg
hinfällig würde. Es bestanden deswegen erhebliche Zweifel, ob die Informationen über das abgebrochene Veräußerungsgeschäft in der Zukunft fiskalische Interessen berühren könnten.
Gemäß § 3 Nummer 3 Buchstabe b IFG besteht ein Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn und solange
die Beratungen von Behörden beeinträchtigt werden. Unter dem Begriff Beratung ist die Betätigung der staatsinternen Willensbildung, die auf schriftlichem oder auf
mündlichem Wege innerhalb einer Behörde oder zwischen verschiedenen Behörden erfolgt, zu verstehen. Die
Heranziehung dieses Ausnahmegrundes ist zudem durch
die einschränkende Wendung „solange“ zeitlich begrenzt.
Nach dem Abschluss der innerbehördlichen Beratungen
kann § 3 Nummer 3 Buchstabe b IFG nicht länger geltend
gemacht werden.
Das BMWi führte diesen Ausnahmegrund in Zusammenhang mit § 4 IFG an und bezog sich auf ein anstehendes
zweites Vergabeverfahren, das allerdings noch nicht begonnen hatte. Eine unzumutbare Beeinträchtigung der
Arbeitsfähigkeit bzw. der Aufgabenerfüllung der Behörden konnte ich nicht erkennen, so dass ich diesen Ablehnungsgrund für nicht einschlägig hielt.