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Nach den Kriterien der Rechtsprechung sind Betriebsund Geschäftsgeheimnisse i. S. d. § 6 Satz 2 IFG Tatsachen, die im Zusammenhang mit einem wirtschaftlichen
Geschäftsbetrieb stehen, nur einem begrenzten Personenkreis bekannt sind und nach dem erkennbaren Willen des
Inhabers sowie dessen berechtigten wirtschaftlichen Interesse geheim gehalten werden sollen (vgl. Nr. 2.1.3).
Bezogen auf die Nutzungsvereinbarung zwischen der
Bundespolizei (BPol) und der DB AG war für mich nicht
erkennbar, zu welchen Wettbewerbern die DB AG in
Konkurrenz stehen soll. Als Eigentümer und/oder Betreiber der Bahnhöfe stellt die DB AG der BPol die vorhandene Überwachungstechnik zur Nutzung zur Verfügung.
Wirtschaftliche Nachteile im Wettbewerb konnte ich hier
schon deshalb nicht erkennen, weil die DB AG ihr Eigentum zur Nutzung überlässt. Bahnhöfe, die nicht der
DB AG gehören, werden von der Nutzungsvereinbarung
nicht erfasst („... Verkehrsstationen der DB AG ...“).
Im Wettbewerb steht die Bahn nur im Bereich des Schienenverkehrs. Dieser war durch die Anfrage aber gar nicht
betroffen. Die Überwachung der Bahnhöfe dient zudem
in erster Linie der Sicherheit und gehört nicht zum eigentlichen Geschäfts- und Betätigungsfeld der DB AG.
Auch ein Geschäftsgeheimnis konnte ich nicht erkennen.
Darunter ist vornehmlich kaufmännisches Wissen zu verstehen.
Die Nutzung der Videokameras in den Bahnhöfen der
DB AG gehört sicherlich nicht hierzu. Auf Grund einer
datenschutzrechtlichen Prüfung kannte ich die streitgegenständliche Nutzungsvereinbarung zwischen der
DB AG und der BPol und vermochte darin ein Geschäftsgeheimnis nicht zu erkennen.
Deswegen konnte für die Vereinbarung § 6 Satz 2 IFG
nicht als Ablehnungsgrund herangezogen werden. Ein
vom BMI angestrengtes Drittbeteiligungsverfahren nach
§ 8 Absatz 1 IFG i. V. m. § 6 IFG bei der DB AG wäre
entbehrlich gewesen. Die Einwilligung der DB AG zu einer Informationsweitergabe war nicht notwendig. Einer
Offenlegung des Vertragswerkes stand § 6 IFG nicht entgegen.
Nach Ansicht des BMI hätte die Veröffentlichung der
Nutzungsvereinbarung zudem die öffentliche Sicherheit
gefährdet.
K a s t e n zu Nr. 4.7.1
§ 3 Nummer 2 IFG
Der Anspruch auf Informationszugang besteht nicht,
wenn das Bekanntwerden der Information die öffentliche Sicherheit gefährden kann.
Um einen Informationszugang aus diesem Grund abzulehnen, muss einzelfallbezogen mit einer hinreichenden
Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sein, das Bekanntwerden der begehrten Informationen könne in absehbarer
Zeit zu einer aktiven Schädigung geschützter Rechtsgüter

2. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

durch den Antragsteller oder einen Dritten führen. Die lediglich theoretische Möglichkeit, die Information könnte
zu einem Rechtsbruch führen, reicht daher nicht aus. Dies
würde auch dem Sinn und Zweck des IFG, Verwaltungshandeln transparenter zu gestalten, zuwider laufen, da
jede Information theoretisch geeignet wäre zu einem
Rechtsbruch beizutragen. Eine konkrete Gefahr muss
demzufolge zwingend vorliegen.
Diese konkrete Gefahr bei Veröffentlichung der Nutzungsvereinbarung war für mich nicht erkennbar. Inhaltlich werden in dem vertraglichen Regelungswerk nur
Nutzungsbestimmungen und das Auftragsverhältnis festgehalten. Da das BMI die Gefährdung der öffentlichen
Sicherheit nicht konkret und einzelfallbezogen dargelegt
hatte, schied § 3 Nummer 2 IFG ebenfalls aus.
Aus dem gleichen Grund wurden auch Informationen zur
Anzahl der Videokameras und Bahnhöfe sowie zur Qualität der Aufzeichnungen abgelehnt. Das Ministerium
führte aus, es sei den gesetzlichen Erfordernissen gemäß
§ 27 Satz 2 Bundespolizeigesetz (BPolG) und § 6b
Absatz 2 BDSG durch eine entsprechende Ausschilderung in den Bahnhöfen nachgekommen. Detailliertere Informationen, wie sie die Antragstellerin begehrte, könnten zu einer Berechenbarkeit der Videoaufzeichnung für
Straftäter führen. Auch diese Auffassung teile ich nicht.
Insbesondere hinsichtlich der Anzahl der Kameras auf
den jeweiligen Bahnhöfen erscheint mir die Ablehnung
des Informationsantrages auf der Grundlage des § 3
Nummer 2 IFG zweifelhaft. Eine Information über die
Anzahl der Kameras lässt noch keine Rückschlüsse auf
Stellen zu, die eventuell (nicht) von der Überwachung erfasst werden. Die schlichte Anzahl gibt noch keinen Aufschluss darüber, an welchen Stellen sich Kameras befinden, welchen Aufnahmewinkel sie erfassen, welche
Bahnhofsbereiche intensiv und welche Gebiete nicht
überwacht werden. Auch die Zahl und Namen der Bahnhöfe, auf denen Kameras installiert sind, führen zu keiner
Gefährdung der öffentlichen Sicherheit. Die vom BMI
befürchtete Berechenbarkeit für potenzielle Straftäter ergibt sich insoweit bereits durch die sichtbaren Piktogramme und Kameras, die auf eine Videoaufzeichnung
hinweisen.
Weiter führte das BMI an, Anzahl, Art und Einsatz von
Führungs- und Einsatzmitteln, Ausstattungs- und Einsatzkonzepte der Bundespolizei seien gemäß § 3 Nummer 2
IFG vom Informationszugangsanspruch ausgeschlossen.
Dass sensible verwaltungsinterne Abläufe und Strukturen
vor dem Bekanntwerden geschützt werden sollen, habe
ich nicht angezweifelt. Darum ging es in diesem Fall jedoch nicht. Weder enthält die Nutzungsvereinbarung Informationen über polizeitaktische Vorgehensweisen oder
den Umgang mit den Kameras auf Bahnhöfen, noch gehören Angaben über die Zahl der Kameras und Bahnhöfe
zu den verwaltungsinternen Abläufen und Strukturen. Es
lassen sich nach meiner Einschätzung aus diesen allgemeinen Angaben eben gerade keine Rückschlüsse auf Art
und Intensität der Überwachung durch die Bundespolizei
ziehen. Letztlich ist nicht die bloße Anzahl der Einsatz-

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