– 44 –
So wandte sich ein Petent an mich, da die BStU seinem
Antrag auf Zugang zu Informationen über ihre ehemalige
Forschungsgruppe Rosenholz, die sich mit den mikroverfilmten Karteien der für die Auslandsspionage der ehemaligen DDR zuständigen Hauptverwaltung Aufklärung
(sog. Rosenholz-Dateien) beschäftigte, nur teilweise stattgegeben hatte. Der Petent hatte Einsicht begehrt in die
Unterlagen der BStU über Gründung, Arbeit und Ergebnisse der Forschungsgruppe, insbesondere in eventuelle
Anweisungen zur Bildung, zum Auftrag und zur Auflösung sowie in den Bericht der Forschungsgruppe von
2005, Aufzeichnungen über dessen behördeninterne Abstimmung, Schlussfolgerungen der Behördenleitung und
die veranlasste Überarbeitung. Die BStU hatte ihre teilweise Ablehnung des Antrags u. a. damit begründet, dass
in den begehrten Vorgängen sowohl Stasi-Unterlagen als
auch Informationen aus Stasi-Unterlagen enthalten seien
und insoweit das StUG das IFG verdränge. Nach meiner
Auffassung gilt der Vorrang des StUG jedoch nur für den
Zugang zu den Stasi-Unterlagen als solchen (einschließlich Kopien von diesen), nicht aber für den Zugang zu
Behördenvorgängen, in die Informationen aus Stasi-Unterlagen eingeflossen sind. Ich habe den Fall daher ausführlich mit der BStU diskutiert, ohne diese allerdings
von meinem Standpunkt überzeugen zu können. Mit
Blick auf das parallel laufende Klageverfahren vor dem
Verwaltungsgericht Berlin habe ich die Angelegenheit in
der Folge zurückgestellt.
Das Verwaltungsgericht Berlin hat nunmehr durch rechtskräftiges Urteil vom 8. September 2009 (– VG 2 A 8.07 –)
die Klage teilweise abgewiesen und im Übrigen die BStU
verpflichtet, über den Antrag des Petenten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Zur Abgrenzung von StUG und IFG führt das Gericht aus, dass neben den Stasi-Unterlagen als solchen
und Duplikaten hiervon auch personenbezogene Informationen, die im Rahmen der Aufarbeitung der Tätigkeit des
Staatssicherheitsdienstes durch die BStU aus Stasi-Unterlagen exzerpiert und aufgezeichnet werden (sog.
„Meta-Daten“ in Tabellen, Listen, Aufsatzentwürfen,
Übersichten, Zusammenstellungen etc.), nicht in den Anwendungsbereich des IFG fielen. Zwar handele es sich
hier nicht um Stasi-Unterlagen i. S. d. § 6 Absatz 1 StUG,
denn diese Aufzeichnungen seien neue, nicht von der
Staatssicherheit, sondern von den Forschern der BStU erstellte Informationsträger, in die aus Stasi-Unterlagen
stammende Daten eingingen. Dennoch richte sich der Zugang zu diesen personenbezogenen Informationen ausschließlich nach dem StUG, da der Gesetzgeber durch die
Regelung des § 37 Absatz 1 Nummer 5 i. V. m. § 32
Absatz 3 StUG die Veröffentlichung personenbezogener
Informationen, die im Rahmen der Eigenforschung der
BStU verwertet und aufgezeichnet werden, ebenfalls dem
spezifischen Schutzmechanismus des StUG unterworfen
habe.
Ich habe Zweifel, ob die Bestimmung des § 37 Absatz 1
Nummer 5 StUG als Zugangsregelung i. S. d. § 1 Absatz 3 IFG angesehen werden kann, da sie kein spezifisches Zugangsrecht normiert, sondern lediglich festlegt,
unter welchen Voraussetzungen die BStU von sich aus im
2. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Rahmen ihres Aufarbeitungsauftrags personenbezogene
Informationen veröffentlichen darf. Die entsprechenden
Erwägungen können m.E. allenfalls im Rahmen des
§ 5 IFG (Schutz personenbezogener Daten), nicht aber
bereits bei der Frage der grundsätzlichen Anwendbarkeit
des IFG eine Rolle spielen. Gleichwohl respektiere ich
natürlich die verwaltungsgerichtliche Entscheidung und
werde verfolgen, wie die BStU ihre Verpflichtung zur
Neubescheidung des konkreten Antrags umsetzt. Es
bleibt aber abzuwarten, ob die Frage der Abgrenzung von
StUG und IFG nicht doch einmal höchstrichterlich geklärt werden wird.
4.3.4

Wie lange dauert das denn noch?

Ein Antrag auf Informationszugang kann zwar nicht in jedem Fall innerhalb der vorgesehenen Monatsfrist beschieden werden, mehr als ein Jahr ist aber nicht akzeptabel.
Kurz vor Ablauf der in § 7 Absatz 5 Satz 2 IFG normierten Monatsfrist wandte sich ein Antragsteller an mich,
weil sein Antrag auf Informationszugang von der Stiftung
Preußischer Kulturbesitz (SPK) noch nicht beschieden
worden sei. Die angefragten Unterlagen enthielten allerdings personenbezogene Daten Dritter. Diese waren zunächst gemäß § 5 Absatz 1 IFG i. V. m. § 8 Absatz 1 IFG
entsprechend zu beteiligen (vgl. Nr. 2.1.10). Damit griff
die Soll-Frist von einem Monat nicht. Insoweit konnte ich
kein fehlerhaftes Verhalten der SPK erkennen.
Die Beantwortung der Anfrage verzögerte sich jedoch beträchtlich. Offenbar stand der Antragsteller in Verbindung
zu einem Dritten, der in einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit der SPK stand, die allerdings das eigentliche
Informationsersuchen nicht tangierte. Daher wies ich darauf hin, der Antrag sei unabhängig von der gerichtlichen
Auseinandersetzung mit der dritten Person unverzüglich
zu bescheiden (vgl. Nr. 2.1.13).
Ab diesem Zeitpunkt erhielt ich von der Behörde keine
weitere Nachricht. Erst auf wiederholte Nachfrage unter
Androhung einer Beanstandung übersandte mir die SPK
einen stattgebenden Bescheid. Wenngleich ich den letztendlich gewährten Informationszugang begrüße, vergingen zwischen meinem letzten Hinweis und der Entscheidung mehr als fünf Monate. Vom Zeitpunkt der
Antragstellung an verstrich gar mehr als ein Jahr. Gründe,
die für die lange Dauer der Bearbeitungszeit nach dem
IFG hätten ursächlich sein können, sind mir nicht bekannt
und wurden mir auch nicht erläutert.
Mir ist durchaus bewusst, dass es in komplexen und vielschichtigen Einzelfällen zu einer längeren Verzögerung
bei der Bearbeitung kommen kann. Eine Bearbeitungsdauer von mehr als einem Jahr ist aber deutlich zu lang.
Sofern eine längere Bearbeitungszeit eines Informationsersuchens absehbar ist, empfehle ich, den Kontakt mit
den Antragstellern durch Zwischennachrichten oder
Sachstandsmitteilungen aufrecht zu erhalten. Dies sollte
aus Gründen einer bürgerfreundlichen Verwaltung zum
Standard gehören.

Select target paragraph3