Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

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Zudem ist in § 3 Nummer 1 Buchstabe d IFG bereits ein
konkreter Ausnahmetatbestand zum Schutz der Kontrollund Aufsichtsaufgaben von Finanz-, Wettbewerbs- und
Regulierungsbehörden vorgesehen. Ein Anspruch auf Informationszugang besteht demnach nicht, wenn das Bekanntwerden der begehrten Information nachteilige Auswirkungen auf die Kontroll- oder Aufsichtsaufgaben der
genannten Behörden haben kann. Dieser Ausnahmetatbestand – verbunden mit den Regelungen zum Schutz von
personenbezogenen Daten bzw. Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (§§ 5, 6 Satz 2 IFG) sowie ggf. von internationalen Beziehungen oder laufenden Gerichtsverfahren
(§ 3 Nummer 1 Buchstabe a und g) – reicht aus meiner
Sicht völlig aus, um in diesem Bereich tatsächlich geheimhaltungsbedürftige Informationen zu schützen.
Die Rechtsprechung ist gerade auf dem Weg, differenzierte und sachgerechte Kriterien für die Anwendung von
§ 3 Nummer 1 Buchstabe d IFG zu entwickeln. So hat
vor allem das Verwaltungsgericht Frankfurt a. M. in mehreren Entscheidungen zum Informationszugang bei der
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (vgl. näher hierzu Nr. 4.19.3) betont, dass die Behörde jeweils
substantiiert darzulegen hat, inwieweit im konkreten Fall
eine vollständige oder partielle Freigabe der begehrten Informationen geeignet wäre, sich nachteilig auf die Funktionsfähigkeit der Behörde auszuwirken. Ein Verweis auf
nicht von vornherein auszuschließende abstrakt gegebene
nachteilige Auswirkungen auf ihre Kontroll- und Aufsichtsaufgaben soll nicht ausreichen, um dem Antragsteller den beantragten Informationszugang zu verwehren.
Das Gericht hat zudem zu Recht festgestellt, dass der
Ausnahmetatbestand des § 3 Nummer 1 Buchstabe d IFG
nicht auch die freiwillige und überobligatorische Kooperation der Marktteilnehmer mit der Aufsichtsbehörde
schützt. Diese von der Rechtsprechung eingeleitete Gesetzesauslegung durch eine Gesetzesänderung zu korrigieren und den Zugang zu Informationen der Finanzaufsichtsbehörden gänzlich auszuschließen, widerspräche
Sinn und Zweck des IFG und den berechtigten Auskunftsinteressen der Bürgerinnen und Bürger.
Gerade mit Blick auf die jüngste Finanz- und Bankenkrise halte ich es für sehr bedenklich, die in diesem Bereich ohnehin nur begrenzt vorhandene Transparenz noch
weiter einzuschränken. Nachdem gerade auch die Tätigkeit der Aufsichtsbehörden in die öffentliche Kritik geraten ist, sollte das Vertrauen der Öffentlichkeit in die staatlichen Kontrollinstanzen durch mehr Offenheit wieder
hergestellt und nicht durch Einschränkung der Informationsfreiheit noch weiter erschüttert werden. Ich begrüße
es daher sehr, dass sich der Bundestag fraktionsübergreifend gegen die vom Bundesrat vorgeschlagene Bereichsausnahme ausgesprochen hat (vgl. Bundestagsdrucksache 16/12487, S. 4 f.).
2.3.2

Mehr Informationsfreiheit auf
Landesebene

Im Berichtszeitraum haben drei weitere Länder Informationsfreiheitsgesetze erlassen, sodass das Prinzip des
freien Zugangs zu amtlichen Informationen nun insge-

samt in elf Ländern auch auf der Landes- und Kommunalebene verankert ist.
Am 29. Dezember 2007 trat das Thüringer Informationsfreiheitsgesetz in Kraft (Gesetz vom 20. Dezember 2007,
GVBl. 2007, S. 256). Dem folgte im Jahr 2008 das Land
Sachsen-Anhalt, dessen Informationszugangsgesetz vom
19. Juni 2008 (GVBl. LSA 2008, S. 242) am 1. Oktober
2008 in Kraft trat. Das vorerst letzte Bundesland, das ein
entsprechendes Gesetz erlassen hat, ist Rheinland-Pfalz
(Landesinformationsfreiheitsgesetz vom 26. November 2008
[GVBl. 2008, S. 296], in Kraft getreten am 1. Januar 2009).
Während in Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz Vollregelungen zur Informationsfreiheit geschaffen wurden, beschränkt sich das Thüringer Gesetz im Wesentlichen auf
einen Verweis auf das Informationsfreiheitsgesetz des
Bundes. In Sachsen-Anhalt, dessen Gesetz inhaltlich
weitgehend dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes
entspricht, wurde dem Landesbeauftragten für den Datenschutz auch die Funktion des Landesbeauftragten für Informationsfreiheit übertragen. In Thüringen und Rheinland-Pfalz wurde auf das Amt eines Beauftragten für
Informationsfreiheit verzichtet.
Bemerkenswert ist die Entwicklung in Hamburg: Nachdem dort zunächst – wie später auch in Thüringen und
Rheinland-Pfalz – ein bloßer Verweis auf das Bundesgesetz geregelt und auf die Einrichtung eines eigenen Beauftragten verzichtet worden war, hat der Gesetzgeber
nunmehr ein völlig neues Gesetz erlassen (Hamburgisches Informationsfreiheitsgesetz vom 17. Februar 2009,
GVBl. 2009, S. 29). Damit wurde auch in Hamburg eine
Vollregelung geschaffen, mit der das Recht auf Zugang zu
behördlichen Informationen gestärkt und erweitert worden ist. Außerdem hat jetzt auch Hamburg dem Landesdatenschutzbeauftragten das Amt eines Beauftragten für
Informationsfreiheit übertragen.
In den übrigen Ländern ohne geregelten Informationszugang wurden zwar verschiedentlich Entwürfe für Informationsfreiheitsgesetze vorgelegt, diese fanden jedoch
bisher keine parlamentarische Mehrheit. In Bayern ist zu
beobachten, dass eine Reihe von Kommunen Satzungen
zur Informationsfreiheit für ihre Kommunalverwaltungen
beschlossen haben, um den Bürgerinnen und Bürgern zumindest auf der kommunalen Ebene den freien Zugang zu
Informationen und damit mehr Transparenz zu ermöglichen.
Inhaltlich hat sich die heterogene Landschaft bei den Informationsfreiheitsgesetzen in Deutschland eher noch
verfestigt. Dies macht es für die Bürgerinnen und Bürger
nicht immer leicht, ihre Rechte wahrzunehmen, da sie
häufig nicht wissen, welches Informationszugangsrecht
zur Anwendung kommt und wie weit ihr Recht auf freien
Zugang zu Informationen in der jeweiligen Konstellation
tatsächlich reicht. So wünschenswert es wäre, dass die Informationsfreiheitsgesetze in Bund und Ländern inhaltlich stärker vereinheitlicht würden, ist es angesichts des
föderalen Systems in Deutschland jedoch eher unwahrscheinlich, dass es dazu kommen wird. Umso wichtiger
2. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

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