Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
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Ursprungsbehörde nicht gefragt werden, ob sie mit einer
Herausgabe an den Antragsteller einverstanden wäre. Die
nach § 7 Absatz 1 IFG zuständige Behörde muss vielmehr selbständig über die Herausgabe auch dieser Informationen entscheiden.
Die personenbezogenen Daten des Antragstellers sowie
der Dritten unterliegen auch im Verfahren nach dem IFG
einer Zweckbindung. Jede Verarbeitung und Nutzung
dieser Daten für andere Zwecke ist grundsätzlich unzulässig, sofern nicht eine der im Datenschutzrecht geregelten Ausnahmen greift. Dies bedeutet, dass die Informationen grundsätzlich auch nicht für andere
IFG-Verfahren in der gleichen Behörde verarbeitet oder
genutzt werden dürfen.
Hinsichtlich der Aufbewahrung gilt auch für IFG-Vorgänge die in § 20 Absatz 2 BDSG verankerte datenschutzrechtliche Grundregel, dass personenbezogene Daten zu löschen sind, wenn ihre Kenntnis für die
verantwortliche Stelle zur Aufgabenerfüllung nicht mehr
erforderlich ist. Um jeder Gefahr einer Diskriminierung
vorzubeugen, sollte die Speicherfrist möglichst kurz
bemessen werden. Dies bedeutet, dass nach Ablauf möglicher Rechtsmittelfristen kein Grund für eine weitere
Speicherung der Daten mehr besteht. Eine längere Speicherung kann auch nicht damit gerechtfertigt werden,
dass geprüft werden müsse, ob der Antragsteller bereits
über die Informationen verfügt. Es muss vielmehr in Kauf
genommen werden, dass diese Prüfung nach einer
Löschung der Daten des Antragstellers nicht mehr so einfach vorgenommen werden kann. Gesetzliche Aufbewahrungsfristen können einer Löschung allerdings entgegenstehen. In diesem Falle sind die Daten gemäß § 19
Absatz 3 BDSG zu sperren. Sie stehen dann nur noch für
sehr eingeschränkte Zwecke zur Verfügung, etwa für die
Inanspruchnahme des datenschutzrechtlichen Auskunftsrechts oder auch für einen Informationszugang nach dem
IFG. Eine Nutzung gesperrter IFG-Vorgänge zum Zwecke
der Prüfung nach § 9 Absatz 3 IFG wäre hingegen rechtswidrig. Schließlich müssen auch für IFG-Verfahren die
archivrechtlichen Vorschriften zur Anbietung von Archivgut beachtet werden.
2.2
Rechtsprechung
Der freie und voraussetzungslose Zugang zu Verwaltungsinformationen und -vorgängen für jedermann ist für
die Rechtskultur in Deutschland, die bislang vom Amtsgeheimnis geprägt war, etwas völlig Neues. Entsprechend
groß ist die Unsicherheit bei der Anwendung der neuen
Vorschriften, die ihrerseits viele Fragen aufgeworfen haben bzw. offen lassen. Bei meiner Tätigkeit habe ich daher immer wieder rechtliche Lösungen für neue Fallgestaltungen zu entwickeln, für die ich weder auf
Gerichtsentscheidungen noch auf juristische Fachliteratur
zurückgreifen konnte. Umso wichtiger ist die Rolle, die
der Rechtsprechung in dieser Anfangsphase der Informationsfreiheit zukommt.
2.2.1
Rechtsprechung zum IFG – der Anfang
ist gemacht
Für die Anwendung des IFG kommt der Rechtsprechung
eine wichtige Rolle zu. Die ersten höchstrichterlichen
Entscheidungen liegen vor, aber viele Fragen sind noch
offen.
Angesichts der eher restriktiven Anwendung des IFG
durch eine Reihe von öffentlichen Stellen des Bundes,
aber auch unklarer oder allgemein gehaltener Gesetzesbestimmungen, die unterschiedliche Auslegungen zulassen,
hat sich in den letzten Jahren eine Reihe von Problemkreisen und Fragestellungen ergeben, wo nur noch die
Rechtsprechung weiterhelfen kann. Aufgrund der örtlichen Verteilung der entsprechenden Bundesbehörden sind
es dabei einige wenige Verwaltungsgerichte, die einen
maßgeblichen Einfluss haben, insbesondere in Berlin und
Köln. Inzwischen liegt eine Reihe von Urteilen vor, naturgemäß überwiegend erstinstanzlich, die zwar nicht immer meinem Verständnis des IFG entsprochen, aber zumindest ein Stück weit Klarheit gebracht haben.
So hat das VG Berlin in einer Reihe von Urteilen sog.
„Regierungstätigkeit“ in den Bundesministerien vom Anwendungsbereich des IFG ausgenommen (vgl. im Einzelnen Nr. 2.1.1). Hier bleibt abzuwarten, ob diese den Zielen des IFG eher zuwiderlaufende Gesetzesauslegung in
den höheren Instanzen bestätigt wird.
Das VG Frankfurt hat meine Auffassung zum Verhältnis
der in Spezialgesetzen enthaltenen Ausprägung des allgemeinen Amtsgeheimnisses zum von der Ausnahme des
§ 3 Nummer 4 Alt. 2 IFG geschützten besonderen Amtsgeheimnis weitgehend bestätigt (vgl. Nr. 4.19.3).
Das Bundesverwaltungsgericht hat in höchster Instanz inzwischen klargestellt, dass bei Dokumenten, die nach der
Verschlusssachenanordnung eingestuft sind, ein IFG-Antrag zu einer Überprüfung dieser Einstufung führen muss
und deren Berechtigung auch materiell von den Gerichten
überprüft werden kann, und damit meine Rechtsauffassung (vgl. 1. TB zur Informationsfreiheit Nr. 2.2.5) bestätigt.
Höchstrichterlich geklärt wurde auch, dass die Annahme
eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses und damit
der Informationsausschluss nach § 6 Satz 2 IFG nur in
Betracht kommen kann, wenn die Herausgabe der Information nachteilige Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation des entsprechenden Unternehmens haben kann,
was impliziert, dass es sich insoweit überhaupt um Wettbewerb mit anderen Unternehmen befindet (vgl.
Nr. 2.1.3). Auch hier sehe ich mich durch die Rechtsprechung bestätigt.
Neben dem materiellen Gehalt der Urteile hat sich bei der
Rechtsprechung aber auch ein eher formal-verfahrensrechtliches Problem ergeben, nämlich inwieweit die Verwaltungsgerichte überhaupt in eine vertiefte Prüfung der
tatsächlichen Umstände, insbesondere der angeblich geheimhaltungsbedürftigen Unterlagen als solchen, einsteigen. Häufig verlassen sich die Gerichte auf das Vorbringen der Behörde. So prüft z. B. das Verwaltungsgericht
2. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit