Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

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Hierfür kann allerdings § 4 IFG einschlägig sein, der den
innerbehördlichen Entscheidungsprozess schützen will.
Ein Informationszugang soll danach nicht gewährt werden, wenn die vorzeitige Bekanntgabe von Entwürfen,
Arbeiten und Beschlüssen, die der unmittelbaren Vorbereitung einer Verwaltungsentscheidung dienen, den Erfolg dieser Entscheidung oder bevorstehender behördlicher Maßnahmen vereiteln würde. Die Verwaltung muss
handlungsfähig bleiben und darf nicht den Erfolg ihrer
Maßnahmen durch Ausforschung von dritter Seite gefährden lassen.
Voraussetzung für diese Ausnahme ist allerdings, dass die
geschützte behördliche Maßnahme konkret bevorsteht
und die entsprechenden Unterlagen und Informationen
unmittelbar ihrer Vorbereitung dienen. Dies muss gegebenenfalls konkret und einzelfallbezogen nachvollziehbar
dargelegt werden.
Außerdem präzisiert § 4 Absatz 1 Satz 2 IFG, dass Ergebnisse von Beweiserhebungen, Gutachten und Stellungnahmen Dritter – dazu gehören auch solche anderer Behörden – in der Regel nicht der unmittelbaren
Entscheidungsvorbereitung dienen, also bei einem Antrag
auf Informationszugang nicht zurückgehalten werden
können.
Darüber hinaus gilt auch diese Ausnahme nur solange, bis
die Entscheidung getroffen bzw. die Maßnahme vollzogen worden ist. Nach § 4 Absatz 2 IFG ist der Antragsteller über den Abschluss des jeweiligen Verfahrens zu informieren, was nach meinen Erfahrungen vielfach
unterbleibt.
Nimmt man beide Ausnahmetatbestände zusammen, so
kann in laufenden Verfahren zwar häufig die Erteilung
von Auskünften oder der Einblick in Unterlagen zu Recht
versagt werden, dies gilt aber nicht generell und muss in
jedem Fall entsprechend der gesetzlichen Vorgaben begründet werden. In den mir bekannt gewordenen Fällen
wurde nicht immer entsprechend verfahren.
2.1.6

Keine Informationsfreiheit wenns ums
Geld geht?

Der Ausnahmegrund der fiskalischen Interessen im Wirtschaftsverkehr hat seine Berechtigung, rechtfertigt aber
nicht jede Informationsverweigerung.
Die Handlungsformen der staatlichen Verwaltung sind
vielfältig. Nicht immer handelt sie hoheitlich oder öffentlich-rechtlich, oft tätigt sie Geschäfte wie jedes beliebige
Unternehmen oder jeder Privatmann. Dies gilt etwa für
die Veräußerung oder Verpachtung von Liegenschaften,
beim Ankauf von Gegenständen oder Dienstleistungen,
für Ausschreibungen etc. In all diesen Fällen befindet
sich der Staat entweder als Anbieter oder bei der Nachfrage im Wettbewerb mit anderen Marktteilnehmern. Sein
wirtschaftliches Interesse ist darauf gerichtet, einen möglichst hohen Preis zu erzielen oder ein möglichst günstiges Angebot zu erhalten, um die öffentlichen Haushalte
so wenig wie möglich zu belasten. Die Erteilung von
Auskünften oder die Herausgabe von Unterlagen auf der
Grundlage des IFG kann sich hier negativ auswirken,

wenn die Verhandlungsposition der staatlichen Verwaltung dadurch verschlechtert wird oder die Informationen
Mitbewerbern Vorteile verschaffen oder Preis und Angebote beeinflussen können.
Um diese Nachteile für das Gemeinwohl zu verhindern,
besteht nach § 3 Nummer 6 IFG kein Anspruch auf Informationszugang, wenn die gewünschten Informationen
fiskalische Interessen im Wirtschaftsverkehr beeinträchtigen können.
K a s t e n zu Nr. 2.1.6
§ 3 Nummer 6 IFG
Der Anspruch auf Informationszugang besteht nicht,
wenn das Bekanntwerden der Information geeignet
wäre, fiskalische Interessen des Bundes im Wirtschaftsverkehr oder wirtschaftliche Interessen der Sozialversicherungen zu beeinträchtigen.
Dieser Ausnahmegrund wurde im Berichtszeitraum in einer Reihe von Fällen von der jeweiligen Behörde angeführt, um einen Antrag auf Informationszugang abzulehnen. Nach meinem Verständnis des Gesetzes aber nicht
immer zu Recht: Wie jeder Ausnahmetatbestand ist nämlich auch § 3 Nummer 6 IFG eng auszulegen und auf den
konkreten Einzelfall zu beziehen. So ist völlig unstreitig,
dass bei der konkret anstehenden Veräußerung einer Liegenschaft keine Informationen herausgegeben werden
müssen, die Aufschluss über die Preisvorstellungen der
Verwaltung geben würden oder die Angebote der möglichen Interessenten beeinflussen könnten. Anders sieht es
aus, wenn eine Veräußerung gar nicht ansteht, aber in Zukunft möglicherweise einmal beabsichtigt werden könnte.
Völlig inakzeptabel ist die Argumentation, Informationen
über ein bereits abgeschlossenes Geschäft könnten Aufschluss über das Marktverhalten der öffentlichen Hand
geben und sich deswegen künftig generell negativ auswirken, wenn anderswo vergleichbare Geschäfte anstünden.
Mit solchen Überlegungen wäre ein Informationszugang
bei fiskalischem Handeln des Staates generell nicht mehr
möglich, was einer Bereichsausnahme gleichkäme, die
der Gesetzgeber bewusst und ausdrücklich nicht gewollt
hat.
Deswegen muss eine Behörde, die sich auf diese Ausnahme berufen will, für den konkreten Einzelfall darlegen, welche negativen Auswirkungen die vom Antragsteller gewünschte Information für ihr Geschäftsgebaren
haben kann. Geht es um bereits abgeschlossene Geschäfte, z. B. um den bei der Veräußerung einer Liegenschaft erzielten Preis, kann § 3 Nummer 6 IFG nur herangezogen werden, wenn in einem zeitlichen und örtlichen
Zusammenhang weitere vergleichbare Geschäfte anstehen, für die die Kenntnis des schon einmal erzielten Preises relevant sein kann.
Leider geht die Tendenz eher in die andere Richtung. Mit
sehr allgemein gehaltenen Überlegungen werden häufig
Informationsanträge abgelehnt, wenn Auskunft zum Ge-

2. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

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