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normierten Einbeziehung Privater, derer sich eine Behörde zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben
bedient, kommt dem Gesetz ein weiter Anwendungsbereich zu. Der Einwand einer fehlenden Anspruchsverpflichtung erscheint daher häufig vorschnell.
2.1.3
Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse –
die Schwierigkeiten gehen weiter
Unter welchen Voraussetzungen ein Informationsantrag
auf der Grundlage des § 6 Satz 2 IFG abgelehnt werden
kann, bleibt umstritten.
Bereits in meinem ersten Tätigkeitsbericht (vgl. 1. TB zur
Informationsfreiheit Nr. 2.2.6) hatte ich ausführlich die
Probleme dargestellt, die sich bei der Anwendung des
Ausnahmegrundes ergeben. Im Berichtszeitraum hat sich
insoweit keine Besserung ergeben. Immer wieder wurde
Bürgerinnen und Bürgern der Informationszugang mit der
Begründung verweigert, es handele sich um Betriebs- und
Geschäftsgeheimnisse.
Der Gesetzestext selbst sieht lediglich vor, dass für einen
Zugang zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen die Einwilligung des betroffenen Dritten erforderlich ist. Bürgerinnen und Bürger wandten sich jedoch oft an mich, weil
sie anzweifelten, dass es bei ihrem abgelehnten Informationsantrag tatsächlich um ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis ging.
Eine entsprechende Legaldefinition sieht das Gesetz nicht
vor, auch keine negative Abgrenzung, was kein Betriebsoder Geschäftsgeheimnis ist. Die Gesetzesbegründung
zum IFG macht lediglich Ausführungen allgemeiner Art
und nimmt auf § 17 UWG, § 203 StGB und auf eine
Entscheidung des BGH vom 10. Mai 1995 (BGH,
1 StR 764/94) Bezug.
Unter Zugrundelegung dieses Verweises habe ich bei
meiner Tätigkeit als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse
im Sinne des IFG Tatsachen angesehen, die sich
a) auf einen bestimmten gewerblichen Betrieb beziehen,
b) nur einem begrenzten Personenkreis bekannt und damit nicht offenkundig sind,
c) nach dem erkennbaren Willen des Betriebsinhabers
geheim gehalten werden sollen und
d) hinsichtlich derer der Inhaber bzw. Eigentümer des
Betriebes ein berechtigtes wirtschaftliches Geheimhaltungsinteresse hat.
zu a)
§ 6 Satz 2 IFG soll exklusive Unternehmensdaten schützen, die einem bestimmten Gewerbebetrieb zuzuordnen
sind. Hierzu zählen beispielsweise Erfindungen, Fertigungs- und Fabrikationsverfahren sowie sonstiges technisches Wissen. Auch wirtschaftliche Informationen (Kalkulationen), deren Bekanntgabe sich von Nachteil für die
Marktposition des Unternehmers auswirken könnte, fallen unter diesen Ausnahmegrund.
2. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
zu b)
Ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis darf nicht offenkundig sein. Offenkundig ist eine Information, wenn sie
einem unbegrenzten Personenkreis bekannt oder zugänglich ist. Entscheidend ist dabei allerdings nicht die Anzahl
der wissenden Personen, sondern vielmehr die Qualität
der Information. So ist eine Information bereits dann offenkundig, wenn sie veröffentlicht wurde oder das Geheimnis ohne größeren Aufwand entschlüsselt werden
kann. Nur wenn es dazu des Spezialwissens hochqualifizierter Fachleute bedürfte, ist die Information nicht offenkundig.
Diese hohen Anforderungen sind sinnvoll, da sonst jede
Information als „nicht offenkundig“ eingestuft werden
könnte. Dies würde dem Sinn und Zweck des IFG, Verwaltungshandeln transparenter zu gestalten, widersprechen. Zu Recht als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis
einzustufen wären zum Beispiel bestimmte Fertigungstechniken und -methoden, die im Rahmen einer Auftragsvergabe beschrieben wurden. Derartige vertrauliche bzw.
geheime Prozesse könnten im Einzelfall nur mit einem
hohen Aufwand entschlüsselt werden.
zu c)
Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis eingestufte Informationen müssen grundsätzlich einer Geheimhaltung unterliegen. Insbesondere das betroffene Unternehmen muss
geltend machen, die nicht offenkundigen Tatsachen sollten verborgen bleiben und der breiten Öffentlichkeit nicht
zugänglich gemacht werden. Diese Voraussetzung kann
durch ein entsprechendes Drittbeteiligungsverfahren
überprüft werden. Hierunter fallen insbesondere betriebsinterne Umstände oder Vorgänge.
zu d)
Schließlich muss dem Geheimhaltungswillen des Unternehmens auch ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse
gegenüberstehen. Allein der Wunsch, etwas geheimzuhalten, kann nicht ausreichen, gesetzliche Auskunftsansprüche zu konterkarieren. Ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse kann die informationspflichtige Stelle nur
annehmen, wenn die entsprechenden Informationen Wettbewerbsrelevanz haben, d. h. es muss dem Unternehmen
mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein wirtschaftlicher
Schaden bzw. eine Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit drohen, falls dem Antrag stattgegeben wird. Die
Verbesserung der Marktposition von Konkurrenten durch
die Offenlegung der Informationen ist für ein solches berechtigtes Geheimhaltungsinteresse bereits ausreichend.
Dabei ist es zunächst Sache der Behörde, eine entsprechende Prognose zu stellen und nachvollziehbar zu begründen.
Sind diese Voraussetzungen erfüllt und hat der Betroffene
in die Offenlegung der entsprechenden Informationen
nicht eingewilligt, ist ein Informationsantrag nach § 6
Satz 2 IFG abzulehnen. Die Prüfung dieses Ausnahmegrundes erfolgt somit immer auf zwei Stufen: Kann ein
Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis vorliegen, ist der betroffene Betrieb zu beteiligen. Selbst bei versagter Ein-