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Allgemeiner Teil
2.1
Probleme bei der Anwendung des
Informationsfreiheitsgesetzes
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
...
Die Vorbereitung von Gesetzen in den Bundesministerien als wesentlicher Teil der Verwaltungstätigkeit fällt
ebenfalls in den Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes.
Im Berichtszeitraum ergaben sich einige Problemfelder,
bei denen die Rechtslage unsicher ist. Grund hierfür sind
zum einen Auslegungsspielräume des Gesetzes, die sehr
unterschiedlich genutzt werden, und zum anderen konträre Rechtsauffassungen, die bislang durch höchstrichterliche Rechtsprechung noch nicht geklärt werden konnten. Bestimmte Fallkonstellationen tauchten in ihrer
Grundstruktur wiederholt auf und werden von einzelnen
Behörden unterschiedlich behandelt. Aber auch nach Vorliegen erster Gerichtsurteile vermag ich eine klare und
nachvollziehbare Entscheidungslinie nicht immer zu erkennen. Darüber hinaus kann die Zusammenarbeit mit
den Behörden und öffentlichen Stellen des Bundes nicht
in jedem Fall als kooperativ bezeichnet werden.
Wegen § 3 Nummer 3 und § 4 Absatz 1 ist ein Anspruch
auf Informationszugang vor dem Kabinettbeschluss
dennoch regelmäßig ausgeschlossen. Nach § 48
Absatz 1 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien bestimmt das federführende Ressort, bei
grundsätzlicher politischer Bedeutung das Bundeskanzleramt, ob und in welcher Form eine Unterrichtung der
Presse sowie anderer amtlich nicht beteiligter Stellen
oder sonstiger Personen bereits vor dem Kabinettbeschluss stattfindet.
Einige dieser grundsätzlichen Probleme bei der Anwendung des Informationsfreiheitsgesetzes und bei der Zusammenarbeit mit mir möchte ich nachfolgend losgelöst
von Einzelfällen in allgemeiner Form darstellen.
Satz 2 stellt klar, dass auch Bundestag, Bundesrat, Bundesverfassungsgericht, Bundesgerichte und Bundesbank
einbezogen werden, soweit dort öffentlich-rechtliche
Verwaltungsaufgaben wahrgenommen werden.
2.1.1
Keine Transparenz bei „Regierungshandeln“ – hat der Gesetzgeber das
gewollt?
Mit dem Hinweis auf „Regierungstätigkeit“ werden Unterlagen zu Gesetzgebungsverfahren in Ministerien dem
Informationszugang entzogen. Auslöser dafür war die
Rechtsprechung des VG Berlin.
Eigentlich schien § 1 IFG klare Regelungen für die Anwendbarkeit dieses Gesetzes zu enthalten. Nach § 1
Absatz 1 Satz 1 IFG gilt es zunächst ohne Abstriche für
alle Behörden des Bundes. In der Gesetzesbegründung
wird zum Behördenbegriff auf § 1 Absatz 4 VwVfG verwiesen (Bundestagsdrucksache 15/4493 S. 7, vgl. Kasten). Gemeint war damit, dass jede öffentliche Stelle, die
dieser Definition entspricht, insgesamt dem IFG unterworfen wird, nicht aber, dass dies nur gelten soll, soweit
einzelne ihrer Tätigkeiten dieser Definition unterfallen.
Dies ergibt sich eindeutig aus der Gesetzesbegründung,
nach der auch in Bundesbehörden eingegliederte beratende Bundesgremien von § 1 Absatz 1 Satz 1 IFG vollständig erfasst werden, obwohl diese selbst sicherlich keine
Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen.
K a s t e n zu Nr. 2.1.1
Auszug aus der Begründung zu § 1 Absatz 1 IFG,
Bundestagsdrucksache 15/4493, S. 7/8
Zu Satz 1
...
Der Anspruch auf Informationszugang richtet sich gegen die Behörden des Bundes; nach § 2 des Gesetzes
über den Auswärtigen Dienst schließt dies die Auslandsvertretungen ein. Dabei entspricht der Behördenbegriff
dem des § 1 Absatz 4 VwVfG. Teil einer Bundesbehörde
sind auch dort eingegliederte beratende Bundesgremien.
2. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit
Zu Satz 2
Auch die Vorbereitung von Gesetzen in den Ministerien
wird als wesentlicher Teil der Verwaltungstätigkeit dem
IFG unterworfen (vgl. Begründung a. a. O., S. 7). Mit § 1
Absatz 1 Satz 2 IFG wollte der Gesetzgeber diesen Anwendungsbereich noch erweitern auf sonstige Bundesorgane und -einrichtungen, die nicht ohne Weiteres als
Behörde verstanden werden, wie etwa Bundestag, Bundesrat, Bundesgerichte oder Bundesbank, die unabhängig
von der Exekutive sind, aber gleichwohl das IFG anwenden sollen, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben übernehmen. Dies unterstreicht die Gesetzesbegründung noch einmal, indem sie klarstellt, dass nur der
spezifische Bereich der Wahrnehmung parlamentarischer
Angelegenheiten, der Rechtsprechung und sonstiger unabhängiger Tätigkeiten vom Informationszugang ausgenommen bleiben sollen (vgl. Begründung a. a. O., S. 8).
Entsprechend dieser an sich klaren gesetzlichen Vorgaben
wurde das Gesetz in der Ministerialverwaltung verstanden und angewendet. Unterschiedliche Auffassungen gab
es lediglich, ob es aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine ungeschriebene Ausnahme
des Kernbereichs der exekutiven Eigenverantwortung
gibt und wie weit diese im Einzelfall reichen kann. Hierüber habe ich in meinem ersten Tätigkeitsbericht bereits
berichtet (1. TB zur Informationsfreiheit Nr. 2.2.2.3) und
eine solche Ausnahme in eng begrenzten Ausnahmefällen
anerkannt, obwohl die Gründe, die das BVerfG seinerzeit
zu seiner Entscheidung veranlasst hatten, sich eigentlich
schon in einer Reihe von Ausnahmetatbeständen des IFG
widerspiegeln. In ihrer Stellungnahme zu meinem ersten
Tätigkeitsbericht hatte sich die Bundesregierung meiner
Auffassung zu den engen Grenzen dieser Ausnahme angeschlossen, unterschiedlich wurde nur die Frage bewertet, inwieweit auch längst abgeschlossene Vorgänge davon noch erfasst werden könnten.