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K a s t e n zu Nr. 4.6.4
§ 3 Nr. 4 IFG
Der Anspruch auf Informationszugang besteht nicht,
wenn die Information einer durch Rechtsvorschrift oder
durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht oder einem Berufs- oder besonderen
Amtsgeheimnis unterliegt.
Die BaFin beruft sich hier auf ihre Verschwiegenheitspflicht aus § 8 Abs. 1 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG),
wonach die bei der BaFin Beschäftigten […] die ihnen
bei ihrer Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen, deren
Geheimhaltung im Interesse eines nach dem WpHG Verpflichteten oder eines Dritten liegt, insbesondere Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse sowie personenbezogene Daten, nicht unbefugt offenbaren oder verwenden
dürfen, auch wenn sie nicht mehr im Dienst sind oder ihre
Tätigkeit beendet ist. Aus meiner Sicht handelt es sich jedoch bei der Verschwiegenheitspflicht des § 8 WpHG
– wie auch bei der in anderen Fällen herangezogenen Parallelregelung in § 9 Kreditwesengesetz – nicht um ein besonderes Amtsgeheimnis im Sinne des § 3 Nr. 4 IFG, sondern lediglich um eine Konkretisierung der allgemeinen
dienstlichen Verschwiegenheitspflichten, wie sie sich beispielsweise aus § 61 BBG und § 39 BRRG ergeben.
Diese stehen einem Informationszugang aber gerade nicht
entgegen. Würde das allgemeine Amtsgeheimnis – auch
soweit es in Spezialgesetzen lediglich konkretisiert wird –
den Ablehnungsgrund des § 3 Nr. 4 IFG erfüllen, liefe das
IFG insgesamt leer. In dem Umfang, in dem nach dem
IFG ein Anspruch auf Informationszugang besteht, greift
die allgemeine Pflicht zur Amtsverschwiegenheit nicht
mehr. Insoweit steckt das IFG die Grenzen der Amtsverschwiegenheit neu ab (vgl. Nr. 2.2.5). Daher bin ich der
Auffassung, dass ein Offenbaren von Informationen nicht
„unbefugt“ im Sinne des § 8 WpHG ist, wenn nach dem
IFG ein Anspruch auf Informationszugang besteht. Ob
und inwieweit im Einzelfall Belange Dritter zu schützen
sind, beurteilt sich aus meiner Sicht daher nach den §§ 5
und 6 IFG.
Soweit die BaFin anführt, bei den begehrten Informationen handele es sich um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, habe ich darauf hingewiesen, dass – sei es als
tatbestandliche Voraussetzung von § 8 WpHG oder im
Rahmen des § 6 Satz 2 IFG – im Einzelnen zu prüfen ist,
inwiefern das betroffene Unternehmen ein berechtigtes
wirtschaftliches Interesse an der Geheimhaltung der fraglichen Tatsachen hat (vgl. Nr. 2.2.6). So kann ich beispielsweise bei abgeschlossenen Ermittlungsverfahren
gegen Unternehmen ein solches Geheimhaltungsinteresse
zumindest hinsichtlich der Information, dass ein Verfahren geführt wurde, regelmäßig nicht erkennen. Sofern
durch die Ermittlungen ein rechtswidriges Verhalten des
Unternehmens festgestellt wurde, sehe ich grundsätzlich
auch kein berechtigtes Interesse, das die Geheimhaltung
dieser Information rechtfertigt.
1. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

Leider konnte ich die BaFin nicht von meiner Rechtsposition überzeugen. Mit Blick darauf, dass die Petentin
Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben hat, habe ich
die Entscheidung, ob in dieser Angelegenheit eine Beanstandung auszusprechen ist, bis zum Abschluss des
Rechtsstreits zurückgestellt. Nach der gerichtlichen Klärung der streitigen Rechtsfragen werde ich auch die übrigen gegen die BaFin gerichteten Eingaben wieder aufgreifen.
4.6.5

Fiskalische Interessen des Bundes
im Wirtschaftsverkehr

Wie weit kann der Ausnahmetatbestand der fiskalischen
Interessen des Bundes im Wirtschaftsverkehr ausgelegt
werden?
Mehrere Petenten haben sich im Berichtszeitraum an
mich gewandt, weil sie ihr Recht auf Informationszugang
durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA)
als verletzt ansahen.
Fristen:
In den Fällen, in denen die Petenten mich um Unterstützung gebeten haben, weil sie nach mehreren Wochen
noch keine Antwort von der BImA erhalten hatten, habe
ich die Behörde ausdrücklich auf diese Frist hingewiesen.
Die BImA hat mir daraufhin mitgeteilt, aus welchem
Grund der Petent bislang noch keine Antwort erhalten
hatte bzw. dem Petenten unmittelbar geantwortet (vgl.
auch Nr. 2.2.7; 4.1.4).
Ausnahmegrund „Fiskalische Interessen des Bundes im
Wirtschaftsverkehr“:
Mehrere Petenten hatten bei der BImA um Zugang zu Informationen und um Akteneinsicht in Unterlagen gebeten, die sich auf die Liegenschaftsverwaltung bezogen.
Dies wurde von der BImA jeweils unter Hinweis auf § 3
Nr. 6 IFG abgelehnt (vgl. Nr. 2.2.3).
K a s t e n zu Nr. 4.6.5
§ 3 Nr. 6 IFG
Der Anspruch auf Informationszugang besteht nicht,
wenn das Bekanntwerden der Information geeignet
wäre, fiskalische Interessen des Bundes im Wirtschaftsverkehr oder wirtschaftliche Interessen der Sozialversicherungen zu beeinträchtigen.
Zu Begründung führte die BImA aus, die Bundesrepublik
Deutschland bzw. jetzt die BImA seien beim Abschluss
von Verträgen (z. B. eines Darlehensvertrages) rein fiskalisch tätig. Darüber hinaus sei auch die Verkaufstätigkeit
der BImA eine Tätigkeit rein fiskalischer Natur, auf die
der Ausschlusstatbestand zuträfe. Jede Herausgabe von
internen Geschäftsunterlagen, die einzelne Vertragsbedingungen, Verkaufsvorgänge oder die Verkaufsstrategie der
Bundesanstalt beträfen, beeinträchtigten fiskalische Interessen des Bundes.

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