Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

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Ich habe das Ministerium – auch mit Blick auf die Verfahrensregelung zum teilweisen Informationszugang in
§ 7 Abs. 2 Satz 1 IFG – um eine ergänzende Stellungnahme gebeten, um den Sachverhalt abschließend rechtlich würdigen zu können. Diese Stellungnahme lag mir
bei Redaktionsschluss noch nicht vor. Ich werde über das
Ergebnis der Prüfung berichten.
4.6.3

Informationszugang beim Bundeszentralamt für Steuern

Ob Auskünfte über freigestellte Kapitalerträge die Kontrollaufgaben des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt)
im Sinne des § 3 Nr. 1 lit. d IFG gefährden, ist zwischen
dem BMF und mir streitig.
Ein Petent beantragte beim BZSt eine Übersicht über die
zu seiner Person gemeldeten Freistellungsaufträge für
Kapitalerträge. Da das BZSt die Auskunft unter Berufung
auf § 3 Nr. 1 lit. d IFG verweigerte, wandte sich der Petent an mich.
K a s t e n zu Nr. 4.6.3
§ 3 Nr. 1 lit. d IFG
Der Anspruch auf Informationszugang besteht nicht,
wenn das Bekanntwerden der Information nachteilige
Auswirkungen haben kann auf Kontroll- oder Aufsichtsaufgaben der Finanz-, Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden.
Das BZSt und das BMF lehnen den Informationszugang
ab, weil sie befürchten, dass Bürger die Kenntnis, in welcher Höhe dem BZSt von den Kreditinstituten freigestellte Kapitalerträge gemeldet wurden, dazu nutzen, sich
ihrer Steuerpflicht zu entziehen. Wenn der Petent wüsste,
über welche Informationen das BZSt hinsichtlich der
Höhe seiner Kapitalerträge verfüge, könne er sein Erklärungsverhalten darauf einstellen und nur die ohnehin
schon bekannten Kapitalerträge erklären. Die verfassungsrechtlich gebotene Möglichkeit der Kontrolle der
Angaben des Bürgers auf Vollständigkeit und Richtigkeit
wäre damit nicht mehr möglich.
Dies reicht meines Erachtens zur Begründung der Ausnahme des § 3 Nr. 1 lit. d IFG nicht aus. Nach dieser Regelung besteht ein Anspruch auf Informationszugang
dann nicht, wenn das Bekanntwerden der Information
nachteilige Auswirkungen auf Kontroll- oder Aufsichtsaufgaben der Finanz-, Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden haben kann. Die Regelung stellt keine Bereichsausnahme für die Finanzverwaltung dar, sondern
erfordert in jedem Einzelfall die konkrete Darlegung
durch die jeweilige Behörde, dass die tatsächlichen Voraussetzungen im konkreten Fall vorliegen (vgl. Nr. 2.2.3).
Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass jeder
nachfragende Steuerpflichtige unredliche Absichten verfolgt (vgl. auch 20. Tätigkeitsbericht zum Datenschutz,
Nr. 8.1, zur parallelen Problematik beim datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch nach § 19 Abs. 1 BDSG).
Daher müsste das BZSt darlegen, warum gerade im kon-

kreten Einzelfall die Gefahr einer Umgehung des Kontrollverfahrens besteht.
Da der Standpunkt des BMF aus meiner Sicht nur
schwerlich mit der Wertung des IFG, das den freien Informationszugang als Regel und die Geheimhaltung von Informationen als im Einzelfall begründungspflichtige Ausnahme vorsieht, zu vereinbaren ist, werde ich mich
zusammen mit meinen Kolleginnen und Kollegen in den
Ländern weiterhin für mehr Transparenz der Steuerverwaltung einsetzen. Vielleicht muss ja der Gesetzgeber tätig werden, um hier im Sinne des Bürgers und Steuerzahlers mehr Klarheit zu schaffen.
4.6.4

Restriktive Auskunftspraxis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht

Mehrfach stellte sich die Frage, ob die Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) Informationen zurückhalten darf.
Eine Reihe von Eingaben betraf die Geheimhaltung von
Informationen durch die BaFin. Auch wenn sich die einzelnen Auskunftsbegehren auf unterschiedliche Informationen richteten, waren die von der BaFin jeweils vorgebrachten Ablehnungsgründe im Wesentlichen dieselben.
Zum Musterfall wurde der Antrag einer Rechtsanwaltskanzlei auf Zugang zu Informationen über etwaige von
der BaFin geführte Verfahren gegen zwei große Konzerne
wegen Verstoßes gegen Insiderhandelsverbote oder Publizitätsvorschriften. Die BaFin stützte ihre (teilweise) Ablehnung des Antrags zum einen auf § 3 Nr. 1 lit. d IFG
(Schutz ihrer Kontroll- und Aufsichtsaufgaben), zum anderen auf § 3 Nr. 4 IFG (gesetzliche Verschwiegenheitspflichten).
Nach § 3 Nr. 1 lit. d IFG besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen auf die Kontroll- oder
Aufsichtsaufgaben der Finanz-, Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden haben kann. Nach Auffassung der
BaFin könnte die Weitergabe der begehrten Informationen
zu einem geänderten Informationsverhalten der Marktteilnehmer an sie führen. Zwar sehe das Aufsichtsrecht verschiedene gesetzliche Informationspflichten der Marktteilnehmer vor; die Aufsichtpraxis zeige jedoch, dass die
BaFin trotz der gesetzlichen Informationspflichten auf die
freiwillige Kooperationsbereitschaft der Marktteilnehmer und dritter Personen angewiesen sei. Nach meinem
Dafürhalten sind damit die Voraussetzungen des § 3 Nr. 1
lit. d IFG allerdings nicht dargetan (vgl. auch Nr. 2.2.3).
Soweit die Marktteilnehmer aufsichtsrechtlich zu einer
Mitwirkung verpflichtet sind, kann das Bekanntwerden
von entsprechenden Informationen von vornherein nicht
zu einer Änderung ihres Informationsverhaltens gegenüber der BaFin führen. Hinsichtlich einer etwaigen darüber hinaus gehenden freiwilligen Kooperation ist zu berücksichtigen, dass das IFG gerade auch in Bereiche
wohlwollenden Zusammenwirkens Transparenz bringen
soll. Es widerspricht im Übrigen aus meiner Sicht der Lebenserfahrung, dass eine zu beaufsichtigende Stelle von
sich aus mehr Informationen gegenüber ihrer Aufsichtsbehörde preisgibt, als gesetzlich vorgeschrieben.
1. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

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