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habe daher das BMF um nähere Erläuterung gebeten, inwiefern die Weitergabe der konkret begehrten Information im Einzelfall geeignet wäre, künftig eine sachlich
förderliche Kommunikation zwischen den Regierungsmitgliedern bzw. den Ressorts zu verhindern. Das Ministerium hat daraufhin nachvollziehbar dargelegt, dass im
vorliegenden Fall die gebotene Einzelfallprüfung stattgefunden hat. Darüber hinaus hat das BMF ausgeführt, dass
zudem bei politisch umstrittenen Maßnahmen, wie der
Mehrwertsteuererhöhung, sowohl eine vorzeitige Veröffentlichung von Gesetzgebungsvorarbeiten vor Kabinettsbeschluss als auch nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens eine politische Willensbildung zwischen den
Ressorts oder den Koalitionsfraktionen behindern oder
verhindern würde.
Im Ablehnungsbescheid hatte das BMF auch darauf hingewiesen, dass ein Großteil der verwendeten Informationen speziellen Geheimhaltungsvorschriften unterliege,
namentlich dem Statistikgeheimnis, dem Steuergeheimnis
und dem Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Ein entsprechender Ausnahmetatbestand ist in § 3
Nr. 4 IFG ausdrücklich im Gesetz vorgesehen. Da diese
Daten neben öffentlich zugänglichen Daten in die Berechnung eingeflossen sind, kam hier auch kein teilweiser
Informationszugang nach § 7 Abs. 2 IFG in Betracht.
Eine Aussonderung oder Schwärzung würde die zu entnehmenden Informationen verfälschen. Dies hat das Ministerium mir gegenüber entsprechend begründet.
Die ablehnende Entscheidung des BMF war mithin mit
dem Informationsfreiheitsgesetz vereinbar.
4.6.2

Spezialgesetzliche Regelungen
des Beamtenrechts

Geht das Beamtenrecht dem IFG vor?
Ein Petent hatte beim Bundesministerium der Finanzen
Einsicht in die in Sachakten vorhandenen Unterlagen zu
seiner Person begehrt und sich dabei auf § 7 IFG und
§ 90c Abs. 4 BBG bezogen. Diesem Antrag hat das Ministerium nicht entsprochen.
K a s t e n zu Nr. 4.6.2
§ 90c Abs. 4 BBG
Der Beamte hat ein Recht auf Einsicht auch in andere
Akten, die personenbezogene Daten über ihn enthalten
und für sein Dienstverhältnis verarbeitet oder genutzt
werden, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist;
dies gilt nicht für Sicherheitsakten. Die Einsichtnahme
ist unzulässig, wenn die Daten des Betroffenen mit Daten Dritter oder geheimhaltungsbedürftigen nicht-personenbezogenen Daten derart verbunden sind, daß ihre
Trennung nicht oder nur mit unverhältnismäßig großem
Aufwand möglich ist. In diesem Fall ist dem Beamten
Auskunft zu erteilen.
Hier war zunächst die Frage zu klären, ob es sich bei dieser Regelung um eine vorrangige Spezialnorm handelt
1. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

und das IFG überhaupt Anwendung findet. Regelungen in
anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen gehen grundsätzlich dem Informationszugang nach dem IFG vor, und zwar unabhängig davon, ob sie ein engeres oder ein weiteres Zugangsrecht
gewähren. Dies gilt jedoch nur, soweit der Anwendungsbereich der Spezialnorm reicht und sie als abschließende
Regelung anzusehen ist; im Übrigen bleibt das IFG anwendbar. Beim Erlass des § 90c Abs. 4 BBG bestand
noch kein allgemeines Recht auf Informationszugang.
Vor dem Inkrafttreten des IFG enthielt eine Regelung nur
ausnahmsweise ein Informationszugangsrecht, mit dem
Inkrafttreten gibt es nunmehr ein grundsätzliches Informationszugangsrecht. Dies muss bei der Auslegung berücksichtigt werden. Im Übrigen enthält auch das IFG
Regelungen darüber, wie zu verfahren ist, wenn die Daten
des Betroffenen mit Daten Dritter oder geheimhaltsbedürftigen nichtpersonenbezogenen Informationen derart
verbunden sind, dass ihre Trennung nicht oder nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand möglich ist (§ 7 Abs. 2
IFG). Auch vor diesem Hintergrund handelt es sich deswegen bei der Regelung in § 90c Abs. 4 BBG nicht um
eine Spezialnorm, die § 1 Abs. 3 IFG verdrängt.
Grundsätzlich ermöglicht das IFG den freien und an keine
weiteren Voraussetzungen gebundenen Zugang zu amtlichen Informationen aller öffentlichen Stellen des Bundes
und die Einsicht in deren Verwaltungsvorgänge. Das Zugangsrecht umfasst alle Aufzeichnungen, die amtlichen
Zwecken dienen, sowohl digitale Daten als auch Schriftstücke. Ausgenommen sind nur Entwürfe und Notizen,
die nicht Bestandteil eines Vorgangs sind.
Die Ablehnung hat das Ministerium im vorliegenden Fall
damit begründet, die Sachvorgänge enthielten neben Anfragen von Bundestagsabgeordneten und der Antwortschreiben hierzu auch Unterrichtungsvermerke und Vorlagen für die Leitung des Hauses, die der internen
Meinungsbildung dienten. Zwar hat das BMF sich dabei
nicht explizit auf § 3 Nr. 3 lit. b IFG bezogen, ich gehe
aber davon aus, dass das Argument „interne Meinungsbildung“ auf diese Regelung gestützt ist. Selbst wenn die
o. g. Vermerke darunter fallen würden, was zumindest
fraglich ist, sind die behördlichen Beratungen aber nur
schutzwürdig, soweit und solange das Bekanntwerden
des Beratungsinhalts die Arbeitsfähigkeit und die Aufgabenerfüllung unzumutbar beeinträchtigen würde. Der Ablehnungstatbestand wird nicht bereits dadurch begründet,
dass eine Verhandlung nicht-öffentlich stattfindet oder
eine Beratung als vertraulich bezeichnet wird (vgl. hierzu
auch Nr. 2.2.5).
Als weiteren Ablehnungsgrund hat das BMF auf mögliche nachteilige Auswirkungen auf ein laufendes Gerichtsverfahren hingewiesen. Diese Vorschrift dient jedoch ausschließlich dem Schutz des laufenden Gerichtsverfahrens
an sich, also seiner störungsfreien Durchführung, nicht
aber dem Schutz der prozessbeteiligten Behörde. Zweck
des IFG ist es gerade, behördliches Handeln durch mehr
Transparenz zu kontrollieren (vgl hierzu Nr. 2.2.4)

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