Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

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Ein Mitglied des Deutschen Bundestages wandte sich an
mich, da das BMI seinen Antrag auf Übersendung der
Rahmenvereinbarung mit der Bundesdruckerei GmbH
über die Herstellung und Lieferung von Dokumenten abgelehnt hatte. Zur Begründung hatte das BMI angeführt,
die Rahmenvereinbarung stelle in ihrer Gesamtschau ein
Geschäftsgeheimnis der Bundesdruckerei GmbH dar. Da
die Bundesdruckerei GmbH in eine Offenlegung der Vereinbarung nicht eingewilligt habe, dürfe der Zugang zu
diesen Informationen gemäß § 6 Satz 2 IFG nicht gewährt
werden.
Um überprüfen zu können, ob dieser Verweigerungsgrund vorliegt, habe ich selbst Einsicht in die fraglichen
Unterlagen genommen (§ 12 Abs. 3 IFG i. V. m. § 24
Abs. 1 und 4 BDSG). Dabei bin ich zu dem Ergebnis gekommen, dass die Rahmenvereinbarung zwar bestimmte
Regelungen enthält, die auch nach meiner Auffassung als
Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis der Bundesdruckerei
GmbH zu qualifizieren sind (vgl. Nr. 2.2.6). Dies rechtfertigt es aber nicht, den Zugang zu der Vereinbarung in
Gänze zu versagen. Die schutzwürdigen Passagen könnten aus meiner Sicht geschwärzt werden, so dass die übrigen Teile der Vereinbarung gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG
zugänglich zu machen wären.
Leider ist es mir nicht gelungen, das BMI von meiner
Auffassung zu überzeugen. Streitig blieb zum einen, welche Vertragsinhalte aus sich heraus als Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis anzusehen sind, und zum anderen, welche Bedeutung einer Rückschlussmöglichkeit von per se
nicht geheimhaltungsbedürftigen auf geheimhaltungsbedürftige Informationen zukommt.
Das BMI vertritt nach wie vor die Ansicht, die überwiegende Anzahl der Klauseln der Rahmenvereinbarung enthielten unmittelbar Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse.
Dies lasse sich insbesondere an den Vertragsbestimmungen festmachen, die das wirtschaftliche und organisatorische „Gerüst“ der Rahmenvereinbarung ausmachten. Die
Rahmenvereinbarung lege insgesamt die Konditionen
fest, zu denen die Bundesdruckerei GmbH für den Bund
im Bereich hoheitlicher Personaldokumente tätig werde.
Sie beschreibe den Auftragsumfang und enthalte die
Maßgaben für die Preiskalkulation, Preis- und Preisänderungsklauseln, Vertragslaufzeiten, Vorschriften über den
Umgang mit geistigem Eigentum während und nach Vertragsdurchführung und die Ausgestaltung der Zusammenarbeit mit dem Bund. Die enthaltenen Informationen
könnten wettbewerbsrelevant für Konkurrenten der Bundesdruckerei GmbH im Rahmen ihrer bestehenden internationalen Akquise von Neukunden sowie auch im Falle
einer Neuvergabe der Rahmenvereinbarung sein.
Ich bin demgegenüber der Auffassung, dass nur einzelne
Angaben der Rahmenvereinbarung Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse der Bundesdruckerei GmbH darstellen. Daneben enthält die Vereinbarung in wesentlichen
Teilen Passagen, hinsichtlich derer ich ein berechtigtes
wirtschaftliches Geheimhaltungsinteresse der Bundesdruckerei GmbH nicht erkennen kann. Es handelt sich dabei
um allgemeine Vertragsklauseln sowie sonstige Vereinbarungen zu Rechten und Pflichten der Vertragspartner, wie

sie für die Gestaltung von Verträgen generell nicht unüblich sind. Die betrifft beispielsweise Verweise auf geltende Rechtsgrundlagen, Haftungsfragen, Regelungen zur
Vertragsbeendigung oder etwa auch die Geheimschutzklausel der Rahmenvereinbarung.
K a s t e n zu Nr. 4.4.1
§ 7 Abs. 2 Satz 1 IFG
Besteht ein Anspruch auf Informationszugang zum Teil,
ist dem Antrag in dem Umfang stattzugeben, in dem der
Informationszugang ohne Preisgabe der geheimhaltungsbedürftigen Informationen oder ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand möglich ist.
Zu der Frage, ob nicht zumindest Teile der Rahmenvereinbarung offenbart werden können, verweist das BMI
darauf, dass nach seiner Auffassung allenfalls Standardklauseln wie die Schlussbestimmungen sowie einzelne
Sätze aus einigen Vertragsbestimmungen offen zugänglich sein könnten. Diese stünden jedoch in einem sehr engen Zusammenhang mit den als Geschäftsgeheimnis geschützten Regelungen. § 6 Satz 2 IFG schütze nicht nur die
offensichtlich geheimhaltungsbedürftigen Informationen,
sondern auch diejenigen Informationen, die – obwohl
selbst nicht geheimhaltungsbedürftig – Rückschlüsse auf
die geheimhaltungsbedürftigen Informationen zuließen.
Die von mir vorgeschlagene Schwärzung zu schützender
Inhalte ließe zudem sinnentleerte oder entstellte Vertragsteile übrig, die zu falschen Rückschlüssen verleiten könnten. Spekulationen über solche reduzierten Inhalte
könnten die Bundesdruckerei GmbH in ihrer Wettbewerbsstellung beeinträchtigen, sofern sie an die Öffentlichkeit gelangten. Daher dürfe die Rahmenvereinbarung
in Gänze nicht offen gelegt werden.
Aus meiner Sicht spielen dagegen etwaige Rückschlussmöglichkeiten im Rahmen des Ausnahmetatbestands
nach § 6 Satz 2 IFG keine Rolle. Eine Information, die
selbst kein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis darstellt,
wird nicht dadurch zu einem solchen, weil sie im konkreten Zusammenhang möglicherweise Rückschlüsse auf ein
anderes Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis oder auch falsche Rückschlüsse zulässt. § 6 Satz 2 IFG schützt ausschließlich Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, nicht
allgemein die unternehmerische Geschäftstätigkeit. Von
Relevanz kann eine Rückschlussmöglichkeit zwar bei der
Prüfung eines teilweisen Informationszugangs nach § 7
Abs. 2 Satz 1 IFG sein. Zum Schutz der geheimhaltungsbedürftigen Informationen kann es im Einzelfall gerechtfertigt sein, auch per se nicht geheimhaltungsbedürftige
Informationen auszusondern. Dies gilt aus meiner Sicht
aber nur für solche Angaben, aus denen unmittelbar und
ohne weiteres auf die geheimhaltungsbedürftigen Informationen zu schließen ist, indem sie diese etwa logisch
voraussetzen oder auf diese Bezug nehmen. Nicht ausreichend ist die bloße Ermöglichung von Spekulationen oder
Mutmaßungen über die geheimhaltungsbedürftigen Informationen. Die Gefahr falscher Rückschlüsse ist in diesem
Zusammenhang erst recht unbeachtlich, da solche Rück1. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

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