Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

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währen, weiterhin ihre Gültigkeit behalten. Von besonderer Bedeutung ist dies dort, wo diese Zugangsrechte – anders als der Informationszugang nach dem IFG –
gebührenfrei sind, wie etwa beim datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch (§ 19 BDSG). Dies kann aber
nur soweit gelten, wie der Anwendungsbereich der Spezialnorm reicht und sie als abschließende Regel anzusehen ist; im Übrigen bleibt das IFG anwendbar (vgl.
Nr. 4.2.2; 4.12.9; 4.15.1).
In mehreren Fällen wurde der ausdrückliche Wunsch von
Petenten nach Akteneinsicht in eigener Sache nach den
Vorschriften des IFG von der zuständigen Behörde abgelehnt, weil ihnen spezialgesetzlich ein Auskunftsanspruch
zustehe, der die Anwendung des IFG insgesamt ausschließe. Ich habe das IFG in diesen Fällen für anwendbar
gehalten, da das neue Recht auf Akteneinsicht nach IFG
sehr viel weiter reicht als ein bloßer Auskunftsanspruch,
soweit nicht das Spezialgesetz eine Akteneinsicht ausdrücklich oder zumindest nach dem eindeutigen Willen
des Spezialgesetzgebers ausschließt. Nach der Gesetzesinterpretation dieser Behörden hätte sich die absurde
Situation ergeben, dass Dritte einen weitergehenden Auskunftsanspruch hätten als Betroffene.
Erst recht kann nicht der komplette Anwendungsbereich
eines Gesetzes, das auch einen Auskunftsanspruch enthält, der Geltung des IFG entzogen werden. So habe ich
der Auffassung des Bundesministeriums des Innern widersprochen, im Geltungsbereich des Bundesbeamtengesetzes sei die Anwendung des IFG insgesamt auszuschließen, weil in diesem Gesetz das Personalaktengeheimnis
und das Einsichtsrecht in Personalakten geregelt sei.
Nach meinem Verständnis des § 1 Abs. 3 IFG kommt dieses vielmehr grundsätzlich zur Anwendung, wobei allerdings die Ausnahmen des § 3 Nr. 4 IFG (besondere Berufs- oder Amtsgeheimnisse) und des § 5 IFG (Schutz
personenbezogener Daten) zu berücksichtigen sind. Andernfalls würden § 5 Abs. 2 und 4 IFG sinnlos, da in den
dort beschriebenen Fallgestaltungen das IFG gar keine
Anwendung fände. Nicht personenbezogene Sachinformationen können nach dem IFG zugänglich gemacht werden, auch wenn sie sich auf die Dienstverhältnisse beziehen.
Klärungsbedürftig ist das Verhältnis zum Verbraucherinformationsgesetz vom 5. November 2007 (VIG), das am
1. Mai 2008 in Kraft treten wird. Nach § 1 Abs. 4 VIG
bleiben Bestimmungen über den Informationszugang und
Informationspflichten auf Grund anderer Gesetze unberührt. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes würden somit die Regelungen des IFG daneben anwendbar
bleiben. Allerdings wird in der Begründung zu § 1
Abs. 4 VIG die Anwendung des IFG ausdrücklich ausgeschlossen. Dieser Wille des Gesetzgebers hat aber in dem
letztlich maßgeblichen Gesetzeswortlaut keinen Ausdruck gefunden. Eine vom Gesetzeswortlaut abweichende restriktive Informationspraxis stünde schließlich
im Widerspruch zu dem vom VIG ausdrücklich verfolgten Gesetzeszweck, dem Verbraucher zusätzliche Informationsansprüche zu gewähren und nicht bestehende Informationszugangsrechte einzuschränken.

2.2.2

Gelten weitere, ungeschriebene
Ausnahmen?

Einigen Behörden reichen die umfangreichen Ausnahmeregelungen des IFG nicht.
Das Informationsfreiheitsgesetz enthält eine Reihe von
Ausnahmen vom freien Informationszugang, die entweder öffentliche Belange des Staates und seiner Behörden
oder berechtigte Interessen Dritter schützen sollen. Trotz
dieses umfassenden Katalogs von Einschränkungen ist
aber festzustellen, dass viele Behörden den Informationszugang in weiteren Fällen versagen, obwohl der Wortlaut
des Gesetzes hierfür keine Grundlage bietet.
2.2.2.1 Unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand
Die während der politischen und gesellschaftlichen Diskussion um das Informationsfreiheitsgesetz vielfach geäußerte Befürchtung, einzelne Anträge auf Informationszugang könnten wegen ihres Umfanges oder wegen ihrer
Zielrichtung die Verwaltung lahm legen, haben sich in
keiner Weise realisiert. Das schließt aber nicht aus, dass
im Einzelfall ein entsprechender Antrag zusätzlichen Verwaltungsaufwand auslösen kann, sei es, weil er sehr umfassend formuliert ist, sei es, weil er personenbezogene
Daten einer Vielzahl von Personen zum Gegenstand hat,
die alle nach § 8 Abs. 1 IFG zu beteiligen wären, oder
weil der Antragsteller seinen ursprünglichen Antrag um
immer neue Anträge erweitert, weil ihm die bereits zugänglich gemachten Informationen und Unterlagen nicht
ausreichen. In mehreren Fällen sind solche Anträge von
den zuständigen Behörden wegen unverhältnismäßigen
Verwaltungsaufwandes abgelehnt worden. Einen entsprechenden Ausnahmetatbestand enthält das IFG in den §§ 3
und 4 aber gar nicht. Dies war im Vorfeld zwar durchaus
erörtert worden, der Gesetzgeber hat aber dann darauf
verzichtet, eine solche Regelung zu schaffen. Unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand kann nach § 7 Abs. 2
Satz 1 IFG lediglich dann einem Informationsbegehren
entgegenstehen, wenn ein Anspruch zum Teil besteht, die
Trennung der zugänglichen von der nicht zugänglichen
Information aber zu aufwändig wäre, so dass das Begehren insgesamt abzulehnen ist. Meines Erachtens ist es
nicht zulässig, diese Verfahrensvorschrift für eine ganz
bestimmte Fallkonstellation in einen allgemeinen Ausnahmetatbestand umzuinterpretieren, den der Gesetzgeber bewusst nicht in § 3 IFG aufgenommen hat.
Allerdings bin ich in Fällen beteiligt worden, in denen der
durch einen Antrag auf Informationszugang ausgelöste
Verwaltungsaufwand unzweifelhaft jedes vertretbare Maß
überschritten hätte (vgl. z. B. Nr. 4.3.2). Ich habe deswegen nicht beanstandet, dass in derartigen Extremfällen ein
Antrag auf Informationszugang auch wegen unverhältnismäßigen und damit unzumutbaren Verwaltungsaufwandes abgelehnt werden kann. Keinesfalls kann sich die
Verwaltung hierauf berufen, wenn lediglich mehrere Aktenordner durchzusehen, mehrere Betroffene zu beteiligen wären oder eine Nachfrage bei einer größeren Zahl
von Organisationseinheiten einer Behörde durchgeführt
1. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

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