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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2014

Harald Petzold (Havelland)

(A) gemeinschaftliche Adoption von Kindern durch eingetragene Lebenspartnerschaften zuzulassen. Dazu haben
heute leider nur die Bündnisgrünen Gesetzentwürfe eingebracht. Ich kann gleich vorwegnehmen, dass wir als
Fraktion Die Linke diesen beiden Gesetzentwürfen zustimmen werden, weil wir sie für besser halten als den
Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich sage Ihnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen
von den beiden Koalitionsfraktionen: Ich kann nicht
nachvollziehen, was Sie uns heute zur Beratung vorlegen. Ihre Mitglieder waren es, die bei der Eröffnung des
Regenbogenfamilienzentrums hier in Berlin flammende
Grußworte gehalten haben. Ich war dankbar, dass der
Kollege Dr. Luczak die Worte gewählt hat: Im Verfassungsgefüge unseres gewaltenteilenden Staates sollten
wir uns nicht hinter zu erwartenden Entscheidungen des
Bundesverfassungsgerichtes verstecken, sondern selbstbewusst Position beziehen. Das gilt auch für Adoptionen
durch eingetragene Lebenspartnerschaften. – Der Gesetzentwurf, den Sie uns hier vorgelegt haben, ist weder
selbstbewusst, noch bezieht er Position oder macht unsere Verantwortung deutlich, für eindeutige Regelungen
zu sorgen.
Er beweist vielmehr, Herr Kollege Dr. Luczak, dass
Sie in Ihrer Fraktion weiterhin auf einer Mission Impossible sind und Ihre Fraktion lieber weiterhin dem
Stammtisch folgt, der sich beispielsweise hinter der
Massenpetition gegen den Bildungsplan in Baden-Würt(B) temberg versammelt
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Ist ihnen aber nicht gut bekommen!)
und damit weiterhin nicht anerkennen will, dass eingetragene Lebenspartnerschaften bei der Erziehung von
Kindern und Jugendlichen dieselben Rechte bekommen
müssen und vor allen Dingen dieselben Qualitäten haben.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Ihr Gesetzentwurf ist kein Millimeter mehr als das, was das Bundesverfassungsgericht im konkreten Klagefall, in dem es
um die Sukzessivadoption ging, geurteilt hat. In der Begründung haben die Richter aber Folgendes eindeutig
geschrieben – die Kolleginnen und Kollegen der Bündnisgrünen haben das auf der Titelseite ihres Gesetzentwurfes dankenswerterweise noch einmal zitiert –:
Unterschiede zwischen Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft, welche die ungleiche Ausgestaltung der Adoptionsmöglichkeiten rechtfertigen
könnten, bestehen nicht; insbesondere sind beide
Partnerschaften gleichermaßen auf Dauer angelegt
und rechtlich verfestigt …
Es gibt also keinen Grund, diese Gleichbehandlung
weiter zu verwehren. Deswegen ist nicht nachvollzieh-

bar, wieso Sie uns hier heute einen derartigen Gesetzent- (C)
wurf vorlegen.
Der Kern ist – Sie haben es selber gesagt, Herr Justizminister –: Zahlreiche Studien belegen seit Jahren immer
wieder, lesbische, schwule und transsexuelle Paare sind
genauso gute Eltern wie heterosexuelle Paare. – Auch
wenn Sie das nicht glauben wollen, sage ich es erneut:
Jawohl, viele Zehntausend Lesben, Schwule und Transsexuelle ziehen Kinder groß. Sie tun dies überwiegend
fantastisch und mit viel Liebe. Das Kindeswohl ist bei
diesen Paaren in genauso guten Händen wie bei heterosexuellen Paaren. Daher verdienen sie eine Gleichbehandlung, und wir fordern das konsequent ein.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Mit Ihrem Gesetzentwurf wird wieder so getan, als ob
es doch Gründe gibt, daran zu zweifeln. Ich sage Ihnen:
Sie tun das aus wahltaktischen Gründen inzwischen mit
Vorsatz, damit Sie genau diesen ewiggestrigen Teil der
Gesellschaft weiter als Wählerinnen und Wähler an sich
binden können und eben nicht die Auseinandersetzung
führen müssen, die wir führen müssten, um deutlich zu
machen, dass es hier keine Unterschiede gibt.
Ich sage erneut, wie ich auch in meiner ersten Rede
hier in diesem Hohen Hause gesagt habe: Haben Sie
endlich den Mut, die gesellschaftlichen Realitäten anzuerkennen!
Sie haben selbst auf die Gefährdungen in anderen
Ländern durch die Gesetzgebung dort hingewiesen. Es
gilt, dies international zu beachten. Sie sollten zum Bei- (D)
spiel nicht übersehen, dass in Russland gerade über ein
Gesetz beraten wird, durch das lesbischen und schwulen
Eltern die Kinder sogar wieder entzogen werden können.
Das ist ein unglaubliches Vorhaben, und wir müssen hier
als ein Land, das in dieser Frage eigentlich relativ weit
ist, ein Zeichen setzen.
Wir müssen dem Kindeswohl Rechnung tragen und
sollten den vielen Regenbogenfamilien in diesem Land
das Signal geben: Ihre Liebe, ihre Sorge, ihre Familienleistung und ihr Engagement sind großartig, und wir
danken ihnen dafür.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsidentin Ulla Schmidt:

Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist Elisabeth
Winkelmeier-Becker, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Wir reden heute über den Gesetzentwurf, der
die Sukzessivadoption eines Kindes durch den Partner in
einer eingetragenen Lebenspartnerschaft gesetzlich regelt. Unsere Regelung sieht vor, dass das Adoptivkind

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