Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2014
1829
Bundesminister Heiko Maas
(A) Sie stärkt die Regenbogenfamilien, indem die soziale
Familie endlich auch rechtlich zur Familie wird.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU)
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht gemeinschaftlich!)
Schon heute wachsen adoptierte Kinder mit gleichgeschlechtlichen Eltern auf, auch wenn rein formal nur ein
Partner die Elternrechte hat. Indem wir das Verhältnis
zwischen dem Kind und dem sozialen Elternteil rechtlich anerkennen, stärken wir, wie ich finde, nicht nur das
Verhältnis zwischen beiden, sondern die ganze Familie
und vor allem auch deren gesellschaftliche Akzeptanz.
Für Kinder ist es wichtig, zu erleben, dass ihre Familie
genauso viel wert ist und genauso viel Anerkennung erfährt wie jede andere Familie auch. Die soziale Achtung
ist wichtig für die Entwicklung und das Wohlbefinden
dieser Kinder. Wer Regenbogenfamilien diese Anerkennung versagt, schadet deshalb auch dem Wohl der Kinder.
Sie können dies nacheinander tun: im ersten Schritt mit
der Einzeladoption durch den einen Partner und im zweiten Schritt mit der Sukzessivadoption durch den anderen
Partner.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der
LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Tatsache ist aber: Für Kinder mit zwei Vätern oder
zwei Müttern ist es oft noch immer schwierig, sich zu ihren Eltern zu bekennen. Noch immer gibt es Vorbehalte
und Widerstände in unserer Gesellschaft. Das spüren
Kinder ganz intensiv.
(B)
benen Recht stehen, dass auch schwule oder lesbische (C)
Paare ein Kind adoptieren dürfen.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Das spürt man in Ihrem Gesetzentwurf auch!)
Ich finde, wir müssen diese Vorbehalte überwinden. Dabei kann auch das Recht helfen.
Mit der Reform, die wir heute vorlegen, macht der
Gesetzgeber sehr deutlich, dass auch zwei Väter oder
zwei Mütter gute Eltern sein können und vor allen Dingen gute Eltern sein dürfen. Das ist für die betroffenen
Kinder, für ihre Eltern und für unsere gesamte Gesellschaft ein ganz wichtiges Signal.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU)
Mit diesem Gesetz setzen wir die Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts aus dem vergangenen Jahr
eins zu eins um.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Nicht einmal!)
Wir korrigieren damit einen Verfassungsverstoß, nämlich das Verbot der Sukzessivadoption. Dieser Gesetzentwurf sattelt nicht drauf, sondern setzt genau das um,
wozu wir laut Grundgesetz verpflichtet sind.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ohnehin schon Gesetz ist!)
Nicht mehr, aber auch nicht weniger, Herr Beck, darf es
heute werden; Spielraum nach unten gibt es nicht.
Auch wenn sich der Entwurf genau an die Vorgaben
aus Karlsruhe hält, erreichen wir damit, wie ich finde,
eine ganze Menge: Dann wird nämlich auch im geschrie-
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Na, das ist ja toll!)
Wichtig, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist
dabei das Ergebnis, und das lautet: Erstens. Ein adoptiertes Kind kann in Zukunft auch rechtlich zwei Eltern des
gleichen Geschlechtes haben.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erst nach ein, zwei Jahren!)
Zweitens. Schwule oder lesbische Paare können ein
Kind adoptieren und ihm eine Familie geben.
Meine Damen und Herren, diese Reform ist, wie ich
finde, ein weiterer und wichtiger Schritt, um den Familienbegriff der Vielfalt der sozialen Realität anzupassen.
Das klassische Schema „Vater-Mutter-Kind“ ist immer
noch das Familienmodell, das am weitesten verbreitet
ist; aber es ist längst nicht mehr das einzige. Die Menschen haben die Freiheit, in sehr vielen verschiedenen
Lebensentwürfen und Konstellationen zusammenzuleben, und sie nutzen diese Freiheit auch.
In vielen Teilen dieser Welt werden Schwule und Les(D)
ben noch heute verfolgt und unterdrückt – von Uganda
bis Russland. Ich bin froh darüber, dass dies in Deutschland anders ist. Bei uns kann jeder seinen Lebensentwurf
so leben, wie er oder sie das möchte – ohne Unterdrückung und ohne staatliche Bevormundung.
Die Reform, die wir heute vorlegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist nicht nur ein wichtiger
Schritt und ein guter Tag für Kinder und Familien, sie ist
auch ein Signal für Freiheit und für Selbstbestimmung;
auch das macht sie so besonders wichtig.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vizepräsidentin Ulla Schmidt:
Vielen Dank. – Für die Linke spricht Harald Petzold.
(Beifall bei der LINKEN)
Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE):
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen
und Kollegen! Dieser Tag hätte ein guter Tag für Familien und ein guter Tag für Kinder werden können; das
sollten wir uns schon vor Augen halten. Herr Minister
Maas, auch wenn ich Ihre Rede bemerkenswert finde,
hätte ich mir trotzdem gewünscht, dass Sie als derjenige,
der sozusagen für die Einhaltung von Recht und Gesetz
in diesem Land zuständig ist, mehr Mut gewagt hätten,
um tatsächlich die inzwischen ständige Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichtes umzusetzen und eine