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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2014
Dr. Fritz Felgentreu
(A) immer imstande gewesen. Auch hat der Grundsatz
„Breite vor Tiefe“ automatisch eine im Konzept bereits
angelegte Begrenzung der Durchhaltefähigkeit zur
Folge, die durch andere Maßnahmen, durch Bündnisergänzungen, ausgeglichen werden soll; das ist ein Teil
dieses Konzepts. Und schließlich liegt es in der Natur
der Sache, dass der Bericht eines Wehrbeauftragten nicht
die positiven Beispiele in den Vordergrund stellt.
Deutlich wird aber auch, dass die Bundeswehr
– und damit dieses Parlament – im Laufe der 18. Legislaturperiode grundsätzliche Fragen wird beantworten müssen. Wenn wir, wie wir es ja alle wollen, daran
festhalten, dass es keine Reform der Reform geben soll,
dann werden wir den Nachwuchs für die 185 000 militärischen und die 55 000 zivilen Dienstposten der Bundeswehr dort suchen und abholen müssen, wo er ist. Nur
wenn es gelingt, Jugendliche aller Herkünfte und Begabungen frühzeitig an die Möglichkeit einer militärischen
Karriere heranzuführen, werden wir die Soldatinnen und
Soldaten ausbilden können, die die Bundeswehr braucht.
(Beifall bei der SPD)
Deswegen sollten wir überdenken, ob es der richtige
Weg ist, die Zahl der zivilen Ausbildungsplätze, die die
Bundeswehr anbietet – derzeit sind es 5 000 –, so weit
zu reduzieren, dass wir nur noch für den eigenen Bedarf
ausbilden. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass wir
junge Menschen, die zunächst im zivilen Bereich ausgebildet worden sind, hinterher in den weiterführenden
Dienst der Bundeswehr übernehmen, aber möglicherweise nicht in dem Beruf, in dem wir sie ausgebildet ha(B) ben, sondern als Soldatinnen und Soldaten. Auch das
sollte im Hinblick auf die Rekrutierungsdebatte und die
Nachwuchsdebatte eine Überlegung wert sein. Denn wer
glaubt, der Arbeitgeber Bundeswehr werde unter den
Bedingungen des demografischen Wandels in der Konkurrenz um talentierte junge Menschen mühelos gegen
den öffentlichen Dienst und die Wirtschaft bestehen können, ohne sich in vielen Bereichen neu zu erfinden, den
belehrt der vorliegende Bericht des Wehrbeauftragten eines Besseren. Das ist die Botschaft, die wir für die weitere Arbeit und die weitere Planung aus diesem Bericht
mitnehmen sollten.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Vielen Dank, Herr Kollege. – Das Wort hat für die
CDU/CSU-Fraktion Gisela Manderla.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Gisela Manderla (CDU/CSU):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr
Wehrbeauftragter! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Als
klar wurde, dass ich meinen parlamentarischen Arbeitsschwerpunkt künftig im Verteidigungsausschuss haben
würde und ich erstmalig darüber nachgedacht habe, worum es mir dort gehen soll, war meine Entscheidung
schnell klar: Die Soldaten und Soldatinnen in unseren (C)
Streitkräften sollen und müssen im Mittelpunkt unseres
und meines Handelns stehen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Denn wer sich heutzutage in unserer durchzivilisierten
Gesellschaft für den Dienst in der Bundeswehr entscheidet und damit auch für die unterschiedlichen Strapazen
und Belastungen, private wie persönliche Entbehrungen,
lange Trennungszeiten von der Familie und vieles mehr,
der hat die umfassende Unterstützung dieses Hauses verdient, ja sogar ein Anrecht darauf, liebe Kolleginnen und
Kollegen.
Das Anrecht muss meines Erachtens für drei Bereiche
gelten: erstens für die materielle Ausstattung und Ausrüstung unserer Soldaten und Soldatinnen, zweitens für
eine tiefgreifende Verankerung der Streitkräfte in der
Mitte unserer Gesellschaft und drittens für den Schutz
unserer Soldatinnen und Soldaten bzw. die Gewährleistung ihrer Grundrechte nach innen wie nach außen. Insbesondere für den dritten Punkt, den Schutz unserer Soldaten und Soldatinnen, zeichnet der Wehrbeauftragte des
Deutschen Bundestages verantwortlich. Ihnen, sehr geehrter Herr Königshaus, gebührt ebenso wie Ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen unser ausdrücklicher Dank
für Ihre wichtige Arbeit.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Dies ist nun für mich der erste Jahresbericht des
Wehrbeauftragten, dem ich mich widme, und ich muss (D)
sagen: Ich habe Schatten, aber auch viel Licht gesehen.
Licht habe ich insofern gesehen, als ich bei einer Eingabequote von 27,7 auf je 1 000 Soldaten erkennen kann,
dass in der Bundeswehr offenkundig eine Menge gut und
richtig läuft, und das, obwohl sich unsere Streitkräfte in
einem tiefgreifenden Wandel befinden und sich aufgrund
der neuen Herausforderungen, denen sich Deutschland
gegenübersieht, umfassend neu ausrichten müssen.
Das deckt sich auch mit meinen ersten Erfahrungen,
die ich in den Gesprächen mit unseren Soldaten im Inland, aber auch in den Einsatzgebieten im Ausland gemacht habe. Ich habe dort in erster Linie nämlich eine
hohe Opfer- und Leistungsbereitschaft gesehen, engagierte Männer und Frauen, die sich bewusst für den
Dienst in den Streitkräften entschieden haben und sehr
gut um die besonderen Herausforderungen wissen, denen man sich zu stellen hat, wenn man sich bei der Bundeswehr verpflichtet. Deren Leistungsbereitschaft und
deren Willen, sich einzubringen, müssen wir aktiv flankieren und unterstützen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
All denjenigen, die da draußen tagtäglich einen außerordentlich guten Dienst leisten, danke ich an dieser Stelle
ausdrücklich für ihren großartigen Einsatz.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN)