Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2014

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Christine Buchholz

(A) Wer im Bundestag solche Entsendungsbeschlüsse fällt,
ist mitverantwortlich für die Traumatisierten von morgen. Hören Sie endlich auf damit!
(Beifall bei der LINKEN – Henning Otte [CDU/
CSU]: Unverantwortlich!)
Man sollte meinen, die psychisch erkrankten Soldaten
würden nach ihrer Heimkehr wenigstens vernünftig behandelt. Das ist aber beileibe nicht der Fall. Im Bericht
wird das Einsatz-Weiterverwendungsgesetz erwähnt. Es
verpflichtet die Bundeswehr seit 2012, Soldaten ab einem einsatzbedingten Schädigungsgrad von 30 Prozent
weiterzubeschäftigen. Erkrankte bekommen somit eine
berufliche Perspektive, können eine Therapie machen
oder eine weitere Ausbildung. Das ist eine Verbesserung.
Doch das Problem liegt in der Umsetzung. Viele Verfahren landen vor dem Gericht, weil die Bundeswehr die
Ansprüche einfach nicht anerkennen will. Viele Soldaten
mit PTBS müssen mit der Bundeswehr erst mühsam um
jedes Detail ringen. Das ist unwürdig.
(Beifall bei der LINKEN)
Noch schwieriger ist es für die Soldatinnen und Soldaten, bei denen die psychischen Störungen erst nach
dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst auftreten. Für
sie – ich zitiere den Wehrbeauftragten – „bietet der
Dienstherr … lediglich Informationen und Kontaktadressen in Merkblättern über das Internet an.“ Merkblätter im Internet zu PTBS – meine Damen und Herren,
das ist zynisch.
(Beifall bei der LINKEN)
(B) Herr Königshaus stellt dazu nüchtern fest, dieses Angebot genüge nicht der Fürsorgepflicht des Dienstherrn.
Das ist richtig. Man bekommt den Eindruck, es gehe darum, den Soldaten den Weg zu einer Therapie zu erschweren, um die Folgekosten der Einsätze zu minimieren. Ich sage: Hier geht es um das Schicksal von
Menschen, von Familien. Dafür muss Geld bereitstehen
und nicht für immer neue Waffensysteme.
(Beifall bei der LINKEN)
Dieses Bild zieht sich durch den Jahresbericht des
Wehrbeauftragten. Hier ein paar Schlaglichter: Sanitätsärztliche und medizinische Betreuung weisen – Zitat –
„erhebliche Mängel“ auf. Dienstposten der Bundeswehr,
an die Eingaben bei Missständen gerichtet werden können, sind – Zitat – „in weiten Bereichen“ nicht besetzt.
Darüber hinaus ist die Bundeswehr nicht bereit, Dienstposten auszuschreiben, um das Problem der Familientrennung durch Standortversetzungen zu reduzieren.
Bei der Beihilfe gibt es einen Rückstau von 60 000
Anträgen. Beihilfeberechtigte mussten bei Arzt- und Behandlungskosten in Vorleistung treten, in einzelnen Fällen mit Summen in Höhe von 20 000 Euro. Das trifft vor
allen Dingen die, die besonders auf die Fürsorgepflicht
des Dienstherrn angewiesen sind: chronisch Kranke oder
Krebspatienten. Der Wehrbeauftragte schreibt:
Ein Petent berichtete weinend am Telefon, er habe
bereits seine Kinder um Geld bitten müssen und ihnen nichts zum Geburtstag schenken können. Auch
wurde nach Angabe von Petenten auf notwendige

Arztbesuche verzichtet, aus Angst, die Kosten nicht (C)
begleichen zu können.
Nein, meine Damen und Herren, bei der Bundeswehr
stehen nicht die Menschen im Mittelpunkt, sondern die
geostrategischen Interessen Deutschlands. Das ist die
Wahrheit.
(Beifall bei der LINKEN)
Was einen so maßlos ärgert, ist, wie hier mit zweierlei
Maß gemessen wird: 60 000 Soldatinnen und Soldaten
warten auf Geld, das ihnen zusteht. Doch der Rüstungsbetrieb MTU bekam im Dezember letzten Jahres mal
eben 55 Millionen Euro per Eilüberweisung aus dem
Verteidigungsministerium, ohne dass, wie vorgeschrieben, der Bundestag konsultiert wurde. Wofür erhielt
MTU 55 Millionen Euro? Für Eurofighter-Triebwerke,
die nie gebaut wurden; denn die Kosten für den Eurofighter sind derart explodiert, dass die Bestellung reduziert werden musste. Nun kommt auch noch Airbus und
will 900 Millionen Euro für dieselben nie gebauten
Eurofighter haben. Ich sage: Das Geld, das so bei der
Aufrüstung verpulvert wird, fehlt im Land für Kitas,
Krankenhäuser und die Versorgung der Soldatinnen und
Soldaten.
(Beifall bei der LINKEN)
Bei dieser Gelegenheit, meine Damen und Herren,
muss ich noch zwei aktuelle Themen ansprechen.
(Henning Otte [CDU/CSU]: Auch das noch!)
Der erste Punkt betrifft die nächste Aufrüstungsrunde.
Das Bundesverteidigungsministerium hat im Januar die- (D)
ses Jahres einen weiteren wichtigen Auftrag erteilt, um
den Weg zur Beschaffung der US-Drohne Predator B
freizumachen. Nicht, dass die Abgeordneten im Verteidigungsausschuss darüber informiert worden wären – erst
aus dem Spiegel haben sie davon erfahren.
(Henning Otte [CDU/CSU]: Waren Sie gestern
nicht im Ausschuss?)
Dann schob das Ministerium hastig eine Erklärung nach.
Frau von der Leyen, wo ist Ihre Initiative für Transparenz geblieben?
Um es klar zu sagen: Diese Drohne wird Unmengen
an Geld verschlingen, das an anderer Stelle dringend gebraucht würde. Es handelt sich bei dem Typ um eine
Drohne, die bis zu 1 300 Kilogramm an Raketen tragen
und abschießen kann. Mit anderen Worten: Offensichtlich werden hier die Weichen für die Beschaffung von
Kampfdrohnen gestellt, auch wenn es offiziell noch
heißt, der Auftrag würde keinerlei Vorentscheidung zur
Beschaffung von Kampfdrohnen sein. Ich bin gespannt,
ob die SPD ihrer Ankündigung aus den Koalitionsverhandlungen Taten folgen lässt. Bitte tun Sie das! Denn
wir können keine Kampfdrohnen gebrauchen.
(Beifall bei der LINKEN)
Diese Drohnen haben auch nichts mit dem Schutz der eigenen Soldatinnen und Soldaten zu tun, wie manche behaupten,
(Henning Otte [CDU/CSU]: Aber natürlich!)

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