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(A)
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2014
Vizepräsidentin Ulla Schmidt:
Vielen Dank, Herr Kollege Königshaus. – Ich habe
Ihnen die Zeit für diesen Dank gerne gewährt. Bevor ich
der nächsten Rednerin das Wort erteile, möchte ich Ihnen und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Namen des ganzen Hauses für die Vorlage des Jahresberichts 2013 ganz herzlich danken.
(Beifall im ganzen Hause)
Das Wort hat jetzt die Bundesministerin Dr. Ursula
von der Leyen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin der
Verteidigung:
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr
Königshaus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor
wir in die Debatte eintreten, möchte ich vorwegstellen,
dass der Jahresbericht des Wehrbeauftragten 2013 wie
jeder Jahresbericht ein Ergebnis langer Recherchen, vieler Mühen und verantwortlicher Bewertung ist. Deshalb,
Herr Königshaus, möchte auch ich Ihnen und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für diesen Einsatz danken. Wir alle wissen aus der Erfahrung der vergangenen
Jahre – ich merke es auch jetzt im neuen Amt –, dass Ihnen die Belange der Soldatinnen und Soldaten wirklich
ein Herzensanliegen sind. Ich danke für diesen Einsatz.
(B)
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie
bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN)
In Ihrem aktuellen Bericht werden naturgemäß Mängel genannt. Es werden aber auch Lösungsvorschläge
unterbreitet und Verbesserungsvorschläge nicht verschwiegen. Auch dafür möchte ich ausdrücklich danken.
Ich möchte auf einige Themenbereiche des Berichts
eingehen. Haben Sie Verständnis dafür, dass ich nicht alles abarbeiten kann. Ich möchte vor allen Dingen die
beiden wichtigsten Punkte ansprechen. Das sind einerseits die Auslandseinsätze und andererseits die Attraktivität der Bundeswehr nach innen; denn zwischen diesen
beiden großen Komponenten spielt sich das zentrale
Thema, nämlich die Herausforderung, die eine doppelte
ist, ab.
Sie haben eben schon ganz richtig skizziert, Herr
Königshaus, dass die Bundeswehr einer Doppelbelastung ausgesetzt ist. Auf der einen Seite steht die Reform,
die Neuausrichtung, die noch lange nicht abgeschlossen
ist; wir stecken mittendrin. Das bedeutet für viele: Umstrukturierungen, Standortverlagerungen, neue Zuständigkeiten, Unsicherheit auch in Bezug auf die Fragen,
wie es weitergeht, wie die neue Kapazität aussieht und
wann sie aufgebaut ist. Auf der anderen Seite stehen die
Auslandseinsätze. Wir wissen alle, dass die Welt nicht
stillsteht und Einsätze hinzukommen, so wie im letzten
Jahr im Hinblick auf die Türkei und Mali. Diese Doppelbelastung – Neuausrichtung und Auslandseinsätze – verlangt von den Angehörigen der Bundeswehr viel Geduld
und Verständnis. Sie verlangt aber auch vonseiten des
Ministeriums und der Leitungsebene viel Verständnis für
die besondere Situation der Soldatinnen und Soldaten. (C)
Es bedarf immer Ideen und Bemühungen für jede Art
von Verbesserung und kluger Planung, damit wir in dieser besonderen Situation das Beste für die Soldatinnen
und Soldaten ermöglichen.
Bei Auslandseinsätzen besteht die grundsätzliche Regel 4/20, die alle kennen, also im Grundsatz 4 Monate
Einsatz und 20 Monate der Vor- und Nachbereitung sowie der Regeneration. Tatsache ist aber, dass wir das
nicht immer einhalten.
(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Das stimmt!)
Bei der großen Mehrheit der Einsätze, bei weit mehr als
75 Prozent, funktioniert das. Aber in bestimmten Teilen
der Truppe, vor allen Dingen, wenn Spezialisierung und
hohe Qualifizierung gefordert sind, spüren wir den Mangel an Personal und vor allem den Fachkräftemangel,
den in Bezug auf genau diese Komponenten inzwischen
auch die deutsche Wirtschaft und der deutsche Mittelstand spüren.
Das moderne Gesicht der veränderten Bundeswehr
beinhaltet, dass wir Einsätze niemals alleine, sondern
immer unter dem Dach der Vereinten Nationen, der EU
oder der NATO leisten, also mit geteilten Fähigkeiten
und immer im vernetzten Ansatz. Der Einsatz des Militärs ist die Ultima Ratio. Wir wissen: Es gibt keine Entwicklung ohne Sicherheit. Es gibt aber eben auch keine
Sicherheit ohne Entwicklung.
Das bedeutet für uns nach innen, dass zwar in den
(D)
verschiedenen Bereichen eine Grundausstattung da sein
muss, aber wir uns zunehmend auf unsere Stärken konzentrieren sollten, die auch immer stärker von den Bündnispartnern nachgefragt werden. Die Komponenten sind
eben benannt worden. Da ist das weite Thema der Luftunterstützung, da ist die Logistik, da ist das breite Feld
der Ausbildung, und zwar nicht nur der militärischen
Ausbildung, sondern auch der Ausbildung im Hinblick
auf Fertigkeiten bis hin zu Pionierspezialwissen. Da geht
es aber auch um die Frage der wertegebundenen Führung – wie führe ich eine Armee innerhalb demokratischer Strukturen, wissend, dass Militär keine Politik
macht, sondern eine dienende Funktion hat? – und um
das große Thema der medizinischen Versorgung und der
Sanität.
Ich habe eben die Schlüsselqualifikationen nicht abschließend aufgeführt, aber die dominierenden genannt; ich
habe angeführt, wo die Hauptprobleme liegen. Es geht um
die beruflichen Fähigkeiten von Technikern, Flugzeugprüfern, Spezialpionieren, aber eben auch von ärztlichem Personal. Dort ist die Bundeswehr besonders nachgefragt und
wird die Belastung – da dürfen wir uns nichts vormachen –
weiterhin hoch sein, gerade im Vergleich zu anderen Truppenteilen, in denen die Regel „4 Monate Einsatz, 20 Monate zu Hause“ gut funktioniert. Das wird ein Dauerthema
bleiben; denn wir konkurrieren nicht nur innerhalb der
Bündnisse um diese Fähigkeiten, die immer wieder nachgefragt werden, sondern auch mit der gesamten Wirtschaft.
Das betrifft die Berufe der Ärztinnen und Ärzte, der IT-Spezialisten sowie technische Felder; Sie kennen sie alle. Das