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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2014
Klaus-Peter Willsch
(A) den er nach meinem Dafürhalten nicht gehört. Deutschland hat knapp ein Viertel der 100 Milliarden Kubikmeter Gasspeicherkapazität. Deshalb muss darüber
nachgedacht werden, ob der Deal zwischen BASF/
Wintershall und Gazprom richtig ist, ob der Verkauf von
Dea durch RWE richtig ist.
Wenn man über dieses Thema geostrategisch nachdenkt, muss man sich aber auch überlegen, ob der überhastete Ausstieg aus der Kernenergie richtig ist.
(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Hört! Hört!)
Kernenergie ist nämlich auch geeignet, Abhängigkeit zu
verringern.
(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man merkt halt, dass Sie die Energiepolitik nicht genau kennen, nämlich: 90 Prozent des Erdgases verbrennen wir für das
Heizen der Häuser! Das hat mit Strom nichts
zu tun! Mit Atomkraft heizen wir nicht!)
Wenn man offen geostrategisch diskutieren will, muss
man sich darüber Gedanken machen, ob es richtig ist,
leichtfertig auf eigene Energiegewinnungsmöglichkeiten
wie Fracking zu verzichten. Wenn wir schon über die
Frage einer unabhängigen Energieversorgung reden wollen, dann machen wir das bitte auf breiter Grundlage und
verhängen keine Denkverbote.
Noch einige Gedanken zur Zukunft in der Ukraine.
Wichtig wird sein, dass wir darauf achten, dass
(B) Rechtsstaatlichkeit herrscht. Manfred Grund hat es angesprochen: Es darf nicht eine Oligarchenclique durch eine
andere ersetzt werden. Wenn sich der IWF jetzt Gedanken über die Zahlungsfähigkeit der Ukraine macht, dann
wird es wichtig sein, dass dort ein Bail-in bezüglich
Oligarchenvermögen stattfindet. Das meiste von diesem
Vermögen ist nämlich dem Volk geraubt worden.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Früher war es Volkseigentum, und irgendwelche Personen haben es sich in der Transformationszeit unter den
Nagel gerissen.
Wo wir gerade beim IWF sind: noch ein Gedanke zur
Situation im Euro-Raum, ohne jetzt Grundsatzdebatten
anzufangen.
Vizepräsidentin Ulla Schmidt:
Aber bitte einen kurzen Gedanken.
Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU):
Einen kurzen Gedanken. – Wir haben es mit sinkenden Renditen bei Staatsanleihen zu tun, wobei offenbleibt, ob das auf eine wirkliche Verbesserung der Situation oder auf die in meinen Augen unrechtmäßige
Zusage, notfalls unbegrenzt Staatsanleihen zu kaufen,
zurückzuführen ist. Egal wie es ist: Entscheidend ist,
dass die Spielräume, die durch eine geringere Verschuldung bedingt sind, nicht, wie bei der Einführung des
Euro, genutzt werden, um munter die Verschuldung zu
erhöhen, sondern dass sie genutzt werden, um Struktur-
reformen anzugehen und Defizitquoten zu senken. Da- (C)
von sind wir leider noch ein großes Stück entfernt. Ich
bitte die Troika und die Bundesregierung darauf zu achten, dass in der richtigen Richtung agiert wird und neue
Spielräume genutzt werden.
Vizepräsidentin Ulla Schmidt:
Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.
Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU):
Wir müssen leider feststellen, dass die Schuldenstände dort allen kraftvollen Beschlüssen zum Trotz weiter steigen. Wir müssen uns mit diesem Thema weiterhin
sehr sorgsam beschäftigen.
Frau Präsidentin, ich danke für Ihre Geduld. Sie haben mir eine Minute Redezeit mehr gegeben. Das ehrt
Sie
(Heiterkeit)
und macht mir Freude, weil ich so noch meine letzten
Gedanken vortragen konnte.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vizepräsidentin Ulla Schmidt:
Okay. Ich mache sehr gerne Freude. – Das Wort zu einer Kurzintervention zum Beitrag des Kollegen Grund
hat jetzt Dr. Wolfgang Gehrcke.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das
geht doch nur direkt nachdem jemand gesprochen hat!)
Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE):
Frau Präsidentin, es steht mir nicht zu, Sie irgendwie
zu korrigieren. Wenn Sie den „Dr.“ zurücknehmen könnten! Ich möchte nicht dort landen, wo andere gelandet
sind. Ich habe keinen Doktortitel und möchte auch nicht
so angesprochen werden.
Vizepräsidentin Ulla Schmidt:
Das werde ich machen. Aber die Schriftführerin, Ihre
Fraktionskollegin, war so beeindruckt von Ihnen, dass
sie meinte, Sie hätten den Doktortitel.
Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE):
Das rührt mich natürlich tief. – Ich wollte eigentlich
eine Zwischenfrage zum Beitrag des Kollegen Grund
stellen. Er hat sie leider nicht zugelassen. Deswegen
möchte ich eine Kurzintervention vorbringen.
Ich verstehe nicht, Kollege Grund, warum Sie das,
was Gregor Gysi hier ausgeführt hat, so verzerrt widergespiegelt haben. Ich wiederhole, was unsere Gedanken
sind: Gregor Gysi möchte das Argument ausschließen
– ich teile das völlig –, dass es ein völkerrechtliches Gewohnheitsrecht gibt. Es wurde das Argument geäußert,
dass mit dem Kosovo-Einsatz ein neues Gewohnheitsrecht geschaffen worden ist. Wir wollen nicht, dass ein
(D)