1880
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2014
Nina Warken
(A) ropa kommen. Unsere europäischen Nachbarn haben
hier auch eine humanitäre Pflicht, die wir einfordern
müssen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Christian Kühn
[Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]:
Deutschland auch!)
Aus unserer Sicht befinden wir uns also auf einem guten Weg, was die Aufnahme syrischer Flüchtlinge in
Deutschland angeht. Die Opposition konnte mit ihren
beiden Anträgen hier nichts Neues beitragen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vizepräsidentin Petra Pau:
Das Wort hat die Kollegin Ulla Jelpke für die Fraktion
Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Ulla Jelpke (DIE LINKE):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der
grausame Krieg in Syrien läuft bereits seit drei Jahren,
und weit mehr als 100 000 Menschen sind ums Leben
gekommen. 10 Millionen Menschen sind auf der Flucht,
davon ungefähr 7,5 Millionen im Land selber auf der Suche nach Alternativen. 2,5 Millionen registrierte Flüchtlinge befinden sich in Anrainerstaaten Syriens und in
Ägypten. Ich muss wirklich sagen: Es ist eine Schande,
dass es bis heute nur einem Bruchteil der Flüchtlinge ge(B) lungen ist, in die Europäische Union zu kommen, um
Zuflucht zu finden.
Meine Damen und Herren, an den Außengrenzen der
EU treffen Flüchtlinge auf eine immer massivere und
brutalere Abschottung. Die Landesgrenzen Griechenlands und Bulgariens zur Türkei wurden zum Beispiel
mit Zäunen und Stacheldraht abgeriegelt. Soldaten greifen Flüchtlinge in der Ägäis auf und schaffen sie zurück
in die Türkei. Wie viele Menschen die gefährliche Überfahrt über die Ägäis und das Mittelmeer nicht überleben,
weiß wirklich niemand. Täglich sterben an den Außengrenzen der EU – das ist leider bittere Wahrheit – unerträglich viele Menschen. Das muss dringend beendet
werden.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Trotz all dieser Abschottungsbemühungen haben es in
den vergangenen zwei Jahren etwa 70 000 Flüchtlinge
aus Syrien geschafft, in die Europäische Union zu fliehen. Gut ein Drittel wurden in der Tat in der Bundesrepublik aufgenommen. Im gleichen Zeitraum wurde gerade einmal 12 000 Menschen die Zusage für eine
Aufnahme in einem EU-Staat gegeben; nur diese haben
also sichere und legale Einreisemöglichkeiten. Von ihnen nimmt allein die Bundesrepublik 10 000 Flüchtlinge
auf. Doch das bedeutet noch lange nicht, dass sich die
Bundesrepublik auf ihren Verdiensten ausruhen darf. Ein
Vergleich, um sich das einfach einmal vorzustellen: Im
Libanon hat es einen Bevölkerungszuwachs um 19 Pro-
zent gegeben. Das würde für Deutschland bedeuten, dass (C)
es innerhalb von zwei Jahren einen Bevölkerungszuwachs von 15 Millionen Menschen gegeben hätte. Die
Bundesregierung bzw. die Bundesrepublik kann mehr
tun, muss mehr tun, und es muss vor allen Dingen syrischen Flüchtlingen schneller und unbürokratischer geholfen werden.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Syrische Asylsuchende, die über einen anderen EUStaat nach Deutschland eingereist sind, geraten wirklich
in die Mühlen der Asylbürokratie. Man muss sich einfach einmal vorstellen: Sie fliehen aus ihrem Land vor
Krieg, sie fliehen über die Meere und gefährden ihr Leben, dann kommen sie nach Deutschland und werden
mit der Dublin-Verordnung konfrontiert. Und was passiert? Als Allererstes gehen sie in Abschiebegefängnisse, weil sie überstellt werden sollen. Das ist ein Verfahren, das unbedingt abgeschafft werden muss.
Deswegen fordert die Linke auch, die Dublin-Verordnung ganz schnell für syrische Flüchtlinge auszusetzen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es ist wirklich ein bürokratischer Irrsinn, der hier betrieben wird. Man muss wirklich an das Bundesinnenministerium sowie die Innenminister der Länder und der europäischen Staaten appellieren, dass das geändert wird.
Es ist hier schon angesprochen worden, dass viele
Flüchtlinge Verwandte in Deutschland haben. Auch diesen muss unbegrenzt und unbürokratisch ermöglicht (D)
werden, dass sie von den entsprechenden Ländern aufgenommen werden und zu ihren Familien reisen können.
Übrigens wäre das die schnellste und einfachste Art, den
Flüchtlingen zu ermöglichen, ein Leben in Sicherheit zu
führen. Daneben muss sich die Bundesrepublik auch
weiterhin an humanitären Aufnahmeprogrammen des
UNHCR beteiligen.
Meine Damen und Herren, auch auf EU-Ebene muss
mehr getan werden. Deutschland muss Druck machen.
Ohne mit der Wimper zu zucken, werden Gelder in Milliardenhöhe bereitgestellt, um die Grenzen abzusichern.
Wir meinen, dass die Gelder viel sinnvoller für Flüchtlinge eingesetzt wären. Das Wichtigste ist: Wir sollten
nicht noch mehr Öl ins Feuer gießen und endlich dafür
sorgen, dass Waffenlieferungen nach Syrien, und zwar
an alle Seiten, gestoppt werden.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der LINKEN)
Vizepräsidentin Petra Pau:
Für die SPD-Fraktion hat nun die Kollegin Christina
Kampmann das Wort.
(Beifall bei der SPD)
Christina Kampmann (SPD):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Un-