Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2014
1879
Luise Amtsberg
(A)
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der LINKEN)
Vizepräsidentin Petra Pau:
Das Wort hat die Kollegin Nina Warken für die CDU/
CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Nina Warken (CDU/CSU):
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die Lage in Syrien ist
nach wie vor dramatisch; das ist uns allen bewusst. Laut
jüngsten Berichten des UNHCR sind inzwischen über
9 Millionen Syrer auf der Flucht. Das sind mehr als
40 Prozent der Bevölkerung des gesamten Landes. Etwa
2,5 Millionen Menschen sind mittlerweile in die Nachbarstaaten geflohen. Das sind vor allem der Libanon,
Jordanien und die Türkei.
Deutschland tut viel, um diesen Menschen zu helfen.
Da die syrischen Nachbarstaaten die Massenflucht allein
nicht bewältigen können, setzt unsere Hilfe genau dort
an, wo sie gebraucht wird. Deutschland unterstützt die
betroffenen Länder seit 2012 mit rund 483 Millionen
Euro für humanitäre Hilfe, Infrastruktur und Krisenbewältigung. Das THW ist beispielsweise mit zahlreichen Helfern vor Ort und leistet Hilfe in Flüchtlingslagern, vor allem durch die Bereitstellung von sauberem
Trinkwasser. Ohne das würden viele Menschen krank
(B) werden und sterben.
Deutschland ist sich seiner humanitären Verantwortung bewusst. Die Bundesregierung hat schon im Mai
2013 ein Bundesprogramm zur Aufnahme von 5 000 besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen aus Syrien gestartet. Diese Menschen kommen entweder selbst nach
Deutschland oder werden mit Charterflügen eingeflogen. Gleichzeitig haben auch die Länder eigene Aufnahmeprogramme ins Leben gerufen. In diesem Rahmen
wurden bereits 2 300 Visa erteilt.
Um es noch mehr Menschen aus Syrien zu ermöglichen, Schutz zu suchen, wurde im vergangenen Dezember ein zweites Bundesprogramm zur Aufnahme von
weiteren 5 000 syrischen Flüchtlingen eingerichtet. Bei
dem liegt der Schwerpunkt auf der Aufnahme von Personen mit Verwandten in Deutschland.
Bislang sind im Rahmen der beiden Bundesprogramme 4 000 Flüchtlinge aus Syrien nach Deutschland
gekommen. Davon sind allein 1 755 Menschen, die nicht
in der Lage sind, selbst nach Deutschland einzureisen,
mit Charterflügen gekommen. Auch in Zukunft sind jeden Monat zwei Flüge mit jeweils 300 Flüchtlingen geplant.
Insgesamt sind also seit 2011 mehr als 30 000 Menschen aus Syrien nach Deutschland gekommen. Das
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bearbeitet jeden Monat mehr als 1 500 Asylanträge syrischer Flüchtlinge. Schon seit drei Jahren wird niemand mehr nach
Syrien abgeschoben, und jeder Antragsteller bekommt
zumindest subsidiären Schutz. Das alles wird schon jetzt (C)
getan.
Natürlich ist es leicht, immer mehr zu fordern, wie es
die Opposition jetzt tut, ohne zu berücksichtigen, dass
die Aufnahmekapazitäten für Asylbewerber in unseren
Ländern und Kommunen mittlerweile an ihre Grenzen
stoßen. Zweifelsohne haben Bund und Länder bereits in
der Vergangenheit entschieden gezeigt, dass sie den
Flüchtlingen aus Syrien helfen wollen. Die Aufnahmeaktion über die beiden Bundesprogramme sowie die
Programme der Länder sind in vollem Gange, und die
zuständigen Behörden tun alles, um die besonders
Schutzbedürftigen so schnell wie möglich ins Land zu
holen.
Ein positives Signal ist es, dass Bund und Länder erörtern wollen, unter welchen Bedingungen weitere Menschen aus Syrien aufgenommen werden können, sobald
die bestehenden Kontingente ausgeschöpft sind. Dennoch wäre es illusorisch, sich bei den Aufnahmekontingenten nur an den Interessenbekundungen zu orientieren. Wir werden niemals allen Anforderungen gerecht
werden können, da in Syrien nahezu das halbe Land auf
der Flucht ist. Deshalb ist es richtig, dass der Schwerpunkt unserer Hilfe vor Ort liegt; denn in der Region erreicht man mit den eingesetzten Mitteln viel mehr Menschen, als es durch Flüchtlingsaufnahme möglich ist.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zustimmung des Abg.
Uli Grötsch [SPD])
Auch die weitere Forderung der Opposition nach
mehr Personal ist wenig hilfreich. Das Personal wurde (D)
sowohl hier in Deutschland als auch in der Krisenregion
bereits aufgestockt. Hier muss man verstehen, dass Personal mit entsprechender Qualifikation sowie sichere
Räumlichkeiten vor Ort, die für die Abwicklung der
Ausreise der Flüchtlinge notwendig sind, begrenzt sind.
Davon abgesehen sind die Schwierigkeiten, die durch
die Sicherheitslage in den Nachbarstaaten oder bei der
Erteilung von Ausreisegenehmigungen durch die lokalen
Sicherheitsbehörden bestehen, auch durch mehr Personal nicht lösbar.
Statt einfach nur mehr zu fordern, muss an dieser
Stelle auch einmal gesagt werden, wie wichtig es ist,
dass wir Serbien, Mazedonien, Bosnien und Herzegowina sowie Albanien und Montenegro zu sicheren Herkunftsländern erklären. Dann stehen wieder mehr Kapazitäten zur Aufnahme von Flüchtlingen, auch den
vorrangig Schutzbedürftigen aus Syrien, zur Verfügung.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Auch die immer wieder vorgebrachte Kritik von Grünen und Linken am Dublin-Verfahren kann ich nur zurückweisen. Deutschland macht nach meiner Kenntnis
sehr wohl von seinem Selbsteintrittsrecht Gebrauch,
wenn Menschen beispielsweise medizinisch versorgt
werden müssen. Ebenso wird entsprechend der EU-Verordnung darauf geachtet, dass die Kernfamilie stets zusammenbleiben kann.
Es kann allerdings nicht das Ziel sein, dass Deutschland alle syrischen Flüchtlinge aufnimmt, die nach Eu-