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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2014
Agnieszka Brugger
(A) schwierigsten. Niemand von uns kann sich dabei hinter
seiner Fraktion verstecken, sondern muss sich namentlich für oder gegen einen Einsatz entscheiden.
(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Richtig!)
Das führt zu intensiven und kontroversen Debatten,
nicht nur in den Fraktionen und Parteien, sondern auch
mit den Bürgerinnen und Bürgern und auch hier in unserem Parlament. So wird eine breite demokratische Legitimation von Auslandseinsätzen ermöglicht. So wird
aber auch verhindert, dass diese Entscheidung nur einige
wenige treffen oder diese gar zu leichtfertig. Deshalb
finde ich, die Parlamentsbeteiligung ist ein sehr hohes
Gut.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der
SPD und der LINKEN)
20 Jahre Parlamentsbeteiligungsgesetz, das wäre eigentlich ein guter Anlass, um es als Errungenschaft unserer Demokratie zu feiern. Es wäre auch ein guter Zeitpunkt, um gemeinsam zu evaluieren, wie sich dieser
Grundsatz deutscher Außen- und Sicherheitspolitik bewährt hat und wie man ihn verbessern und weiterentwickeln kann.
(B)
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition,
egal wie oft Sie das behaupten – ich sage es hier noch
einmal ganz klar –: Wir Grüne verweigern uns keineswegs prinzipiell einer Mitarbeit in einer Kommission zur
Überprüfung, Sicherung und Stärkung der Parlamentsrechte bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr.
(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Dann ist ja gut!
Dann machen Sie doch mit!)
Im Gegenteil: Wir haben uns bereits in den letzten Jahren mit diesem Thema sehr intensiv beschäftigt, und wir
haben sehr viele Ideen, die wir gerne mit Ihnen diskutiert
hätten.
(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Sehr gut!)
Noch in der Parlamentsdebatte in der letzten Woche
haben Sie mit großen Worten beteuert, dass Sie die Parlamentsbeteiligung nicht aufweichen wollen und dass
die von Ihnen vorgesehene Kommission ergebnisoffen
tagen sollte. Allerdings haben gleichzeitig designierte
Mitglieder dieser Kommission einige Mandatsdebatten
als „reine Routine“ bezeichnet oder sich öffentlich in
Bezug auf integrierte Streitkräfte für ein reines Rückholrecht des Bundestages ausgesprochen. Ich finde, nicht
nur das spricht Bände und zeigt deutlich, wohin Sie eigentlich wollen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Ingo
Gädechens [CDU/CSU]: Reine Vermutung!)
Ein einfacher Blick in Ihren Antrag zur Einsetzung
der Kommission genügt vollkommen. Es soll um die
Abstufung der Intensität der parlamentarischen Beteiligung gehen. Das ist doch entlarvend und zeigt, worum es
Ihnen wirklich geht, nämlich die Aufweichung und
Schwächung des Parlamentsvorbehalts.
(Beifall des Abg. Dr. Frithjof Schmidt
[BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Ingo
Gädechens [CDU/CSU]: Nein, das wollen wir
nicht!)
(C)
Und noch ein anderer Umstand verrät Sie: Sie legen
– auch das entgegen Ihrer Beteuerungen – offensichtlich
keinen allzu großen Wert darauf, die Opposition mit ihren Ideen mitzunehmen. Auch im Antrag der Linken gibt
es einige gute und interessante Punkte, die man hätte diskutieren können,
(Beifall des Abg. Dr. Alexander S. Neu [DIE
LINKE])
beispielsweise die unzureichende Unterrichtungspraxis
beim Einsatz der Spezialkräfte. Auch wir Grünen haben
Ihnen nicht nur im vorliegenden Antrag unsere konkreten Ideen unterbreitet, sondern auch schon im Vorfeld
und vorgestern im Ausschuss versucht, mit Ihnen gemeinsam einen Kommissionsauftrag auf den Weg zu
bringen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD und
der Union, das ist nicht an uns, sondern an Ihnen gescheitert. Schon ganz früh haben Sie nämlich klargemacht, dass Sie nicht bereit sind, Ihren Antrag auch nur
einen Millimeter zu ändern.
(Dr. Johann Wadephul [CDU/CSU]: Das
stimmt nicht! Das ist schlicht falsch!)
– Wenn das falsch ist, dann hätten Sie ja auf einen unserer Vorschläge eingehen können, zum Beispiel auf das
Thema „integrierte Mandate“, das gerade angesprochen (D)
wurde. Wir wissen alle: Die Auslandseinsätze der Bundeswehr können nur dann einen Beitrag zu mehr Stabilität, Sicherheit und Frieden leisten, wenn sie in eine tragfähige und gut durchdachte Gesamtstrategie eingebettet
sind, die die Konfliktursachen bearbeitet.
(Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Das wollten
wir in der Kommission!)
Solche integrierten Mandate würden die jeweilige Bundesregierung stärker darauf verpflichten, auch diplomatische, polizeiliche, entwicklungspolitische und zivile
Ansätze zur Krisenbewältigung für jeden Konflikt auszubuchstabieren und die Stimmigkeit der Instrumente
gründlich abzuwägen und darzustellen. So würden sich
die Diskussionen nicht immer nur auf das militärische
Engagement fokussieren.
Meine Damen und Herren, wir haben zudem vorgeschlagen – das war für uns ein ganz zentraler Punkt –,
dass der Kommissionsauftrag nicht nur die Überprüfung,
sondern auch die Stärkung der Parlamentsrechte zum
Ziel hat. Ich würde jetzt wirklich gerne ganz konkret von
Ihnen hören, warum Sie auch diesen Vorschlag so kategorisch abgelehnt haben, wenn es Ihnen angeblich nicht
um die Aufweichung des Parlamentsvorbehaltes geht.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der LINKEN – Dr. Reinhard Brandl
[CDU/CSU]: Es geht um ergebnisoffene Prüfung!)