Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2014

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Dr. Rolf Mützenich

(A)

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU –
Michael Brand [CDU/CSU]: Was für eine Bereicherung, Herr Gehrcke! – Henning Otte
[CDU/CSU]: Danke für die Vorlage!)
Herr Kollege Gehrcke, ich habe Ihnen das zwar schon
während der Aussprachen in den Ausschüssen und auch
bilateral gesagt, aber ich würde Sie trotzdem gerne noch
einmal darauf hinweisen, dass gerade im Koalitionsvertrag von der besonderen Stärke der Parlamentsbeteiligung gesprochen wird. Ich finde, dass sich der Deutsche
Bundestag als Parlament überhaupt nicht zu verstecken
braucht. Er nimmt sein Recht wahr, mit über Auslandseinsätze zu befinden. Das tun wir hier im Deutschen
Bundestag ja auch fast immer zur Hauptdebattenzeit und
vor einem vollen Plenum. Wir schätzen uns wert und
tauschen unsere unterschiedlichen Argumente in den
Debatten aus. Gerade das wird auch im Einsetzungsbeschluss für die Kommission wieder deutlich.

Wenn Sie dem Parlament und uns Einzelnen in dieser
Koalition nicht trauen – das mag ja aufgrund der Auseinandersetzungen so sein –: Warum vertrauen Sie dann
nicht einer relativ unabhängigen, vom Parlament eingesetzten Kommission, dass sie all diese Fragen diskutiert?
Wir geben ihr doch nichts vor. Sie hätten Mitglieder der
Kommission benennen können, die genau diese Punkte
zur Sprache gebracht hätten. Wir setzen diese Kommission doch nicht ein, um den Mitgliedern danach sozusagen einen Knebel in den Mund zu legen und zu sagen:
„Darüber dürft ihr nicht diskutieren.“ Vielmehr geht es
doch um selbstbewusste Beratungen aus dem Parlament
(B) und auch der Fachöffentlichkeit und darum, bestimmte
Dinge einmal auf den Punkt zu bringen. Ich finde, das
Angebot war sehr groß und auch sehr umfassend.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Ich glaube, es spielt auch noch ein anderer Aspekt
eine Rolle – das wollen Sie ja auch nicht einfach zur
Seite schieben –: Wahrscheinlich wird sich diese vom
Parlament eingesetzte Kommission auch mit weiteren
Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts auseinandersetzen müssen. – Wir wollen uns über diese Entscheidungen gar nicht hinwegsetzen, sondern genau das
akzeptieren, was uns das Bundesverfassungsgericht mit
auf den Weg gegeben hat. Damals wurde uns eben gesagt, dass wir ein Gesetz formulieren und offene Fragen,
die in den letzten Jahren aufgetaucht sind, beantworten
sollen. Deswegen finde ich, müssen wir uns mit den Argumenten auseinandersetzen.
Ich war schon etwas verwundert darüber, dass Sie ein
Papier, das, glaube ich, am Institut für Friedens- und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg von ganz
unterschiedlichen Autoren erstellt worden ist, durch die
uns auch eine Stärkung und Fortentwicklung dieses Parlamentsbeteiligungsrechts mit auf den Weg gegeben
wurde, gar nicht in die Debatte eingebracht haben. Die
Autoren haben sowohl Argumente der Union, aber zum
Beispiel auch manche Ihrer Argumente aufgenommen.
Die Quintessenz dieses Papieres ist: Es ist richtig, in
der Kommission mitzuarbeiten. Das bietet die Möglichkeit, das Parlamentsbeteiligungsrecht innovativ weiter-

zuentwickeln und die Fragen, die in den letzten Jahren (C)
aufgetaucht sind, eventuell zu beantworten. Ich hätte mir
genau diese Souveränität der Autoren – das wissen Sie –,
die aus unterschiedlichen Parteien und aus unterschiedlichen Wissenschaftszweigen kommen, auch von Ihnen
gewünscht. So viel Souveränität hätte auch von Ihnen
und letztendlich auch von den beiden Fraktionen der Opposition kommen müssen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der
CDU/CSU)
Ich werfe Ihnen die Fragen, die Sie in Ihrem Antrag
aufgeführt haben, nicht vor. Darüber kann man diskutieren, zum Beispiel über den Umgang mit unbemannten
Flugkörpern, die möglicherweise mehr und mehr in den
militärischen Alltag überführt werden. Warum sollte in
einem solchen Gremium nicht auch darüber diskutiert
werden? Das ist letztlich eine Herausforderung für die
Sicherheitspolitik in Deutschland, weil diese Flugkörper
möglicherweise von hier aus gestartet werden. Dadurch
leitet sich aus dem Völkerrecht das Recht ab, Angriffskriege zu führen. Ich glaube, das ist ein wichtiger Punkt,
der diskutiert werden muss.
Zu den Grünen. Da ist mir zum Beispiel berichtet
worden, dass die Organisation Ziviler Friedensdienst
überhaupt nicht glücklich über die Vermengung von zivilen und militärischen Fragen im Parlamentsbeteiligungsrecht ist. Diese Organisation will sich eben nicht
mit dem militärischen Auftrag identifizieren. Ich verstehe das; das ist auch vollkommen richtig. Auch so etwas hätte in dieser Kommission besprochen werden können. Warum nicht? Ich glaube, die Kommission ist (D)
souverän genug, um über Transparenz und auch vieles
andere zu sprechen.
Der letzte Aspekt, den ich in diese Diskussion einbringen will: Durch die Verweigerung zur Mitarbeit verengen Sie ohne Not die Debatte, die nach dem Ende der
Arbeit der Parlamentskommission diesen Deutschen
Bundestag erreichen wird. Ich finde, Sie sollten sich
noch einmal überlegen, ob Sie das wollen. Wollen Sie in
diesem Bericht, den die Kommission am Ende ihrer Arbeit dem Deutschen Bundestag vorlegen wird, Ihre Argumente wiederfinden und diskutieren lassen, oder wollen Sie sie in diesem Bericht nicht haben? Deswegen ist
meine herzliche Bitte: Überlegen Sie sich Ihre Entscheidung, gar nicht mitzuarbeiten. Ich finde, es wäre im Interesse des Parlaments und der Öffentlichkeit. Die Einladung zur Mitarbeit besteht weiterhin.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vizepräsident Johannes Singhammer:

Für Bündnis 90/Die Grünen erteile ich als nächster
Rednerin der Kollegin Agnieszka Brugger das Wort.
Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Entscheidungen über Auslandseinsätze der Bundeswehr
sind für uns Abgeordnete, so empfinde ich das, die

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