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Revision des europäischen Datenschutzrechts
Datenschutz-Grundverordnung vor dem Abschluss?

Seit Januar 2012 wird über den von der Europäischen Kommission vorgelegten Entwurf einer Datenschutz-Grundverordnung im Rat der Europäischen Union und im Europäischen Parlament verhandelt. Dieses
Reformvorhaben habe ich in den vergangenen zwei Jahren intensiv begleitet. Im Berichtszeitraum sind die Arbeiten entscheidend vorangekommen, mit einer Verabschiedung dieser Verordnung im Jahr 2015 ist zu rechnen.
Die Europäische Kommission hatte sich im Jahr 2012 bei der Präsentation ihrer Vorschläge das ehrgeizige Ziel
gesetzt, die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) bis zur Neuwahl des Europäischen Parlaments im
Mai 2014 zu verabschieden. Zwar wurde dieses Ziel verfehlt, die Arbeiten sind jedoch vor allem im Jahr 2014
so weit vorangekommen, dass eine Verabschiedung im Jahr 2015 wahrscheinlich ist.
Zum Inhalt des Kommissionsvorschlages, seiner Struktur und datenschutzrechtlichen Bewertung hatte ich bereits in meinem 24. Tätigkeitsbericht (Nr. 2.1.1) ausführlich Stellung genommen.
Konnte man zwischenzeitlich durchaus daran zweifeln, ob die europäische Datenschutzreform überhaupt zustande kommt, hat das Europäische Parlament das Reformvorhaben entscheidend voran gebracht: Die vom zuständigen Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE-Ausschuss) bereits im Oktober 2013
beschlossene gemeinsame Position hat das Plenum des Parlaments im März 2014 bestätigt und damit die erste
Lesung im Parlament abgeschlossen. Nahezu 4.000 Änderungsanträge hatte der LIBE-Ausschuss hierfür in einem Kraftakt bewertet und zu einem Kompromissvorschlag zusammengeführt. Auch inhaltlich kann sich diese
Einigung sehen lassen. Datenschutzbehörden in Deutschland und Europa sowie Vertreter der Zivilgesellschaft
haben die Vorschläge ganz überwiegend positiv bewertet. Sie enthalten auch aus meiner Sicht beachtliche Ver besserungen gegenüber dem Entwurf der Kommission, der seinerseits schon gute Ansätze enthielt.
Im Rat der Europäischen Union gestalteten sich die Verhandlungen im Vergleich dazu wesentlich mühsamer.
Dies ist einerseits angesichts der unterschiedlichen Interessen von 28 Mitgliedstaaten verständlich. Andererseits
haben jedoch auch große Mitgliedstaaten - darunter Deutschland - durch ihre Verhandlungsführung zunächst
nicht zu einer zügigen Beratung beigetragen. Nach der Einigung im Parlament ist der Rat jedoch sichtbar be strebt, in konstruktiven und zielorientierten Verhandlungen zügig zum Ziel zu kommen. Dies wurde im Laufe
des Jahres 2014 auch von der Bundesregierung zunehmend unterstützt.
Der Rat der Innen- und Justizminister hat sich über verschiedene Kapitel und horizontale Fragen der DSGVO
grundsätzlich geeinigt: Dazu zählen die grundsätzlichen Aspekte des Marktortprinzips (Art. 3 Abs. 2 DSGVO,
vgl. Nr. 1.2.7), die Übermittlung personenbezogener Daten in Drittstaaten (Kapitel V der DSGVO, vgl.
Nr. 1.2.6), die Pflichten des Verantwortlichen (Kapitel IV der DSGVO) und die Geltung der DSGVO für die
Datenverarbeitung im öffentlichen Bereich (Teile der Art. 1, 6 und 21, vgl. Nr. 1.2.1) einschließlich spezifischer
Öffnungsklauseln für das mitgliedstaatliche Recht (Kapitel IX der DSGVO). In weiteren Kapiteln konnten
ebenfalls Fortschritte erzielt werden.
Trotz dieser beachtlichen Entwicklung wird es unter der lettischen Ratspräsidentschaft noch erheblicher Anstrengungen bedürfen, um das Ziel einer Einigung über die gesamte DSGVO im Juni 2015 erreichen zu können.
Ebenso wie meine Kolleginnen und Kollegen in den Ländern und den anderen Mitgliedstaaten der EU habe ich
mich konstruktiv, aber auch kritisch in die datenschutzpolitische Debatte eingebracht, um in den Verhandlungen
immer wieder den Blick auf die Grundrechte der Menschen in Europa zu lenken.

BfDI 25. Tätigkeitsbericht 2013-2014

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