„beratende Stellungnahme“ bezeichnet, handelt es sich nach Auffassung der Unfallversicherungsträger um eine
interne Datennutzung. Diese dürfe stets erfolgen, ohne dass dem Versicherten zuvor mehrere Gutachter zur
Auswahl benannt werden müssten, er selbst einen Gutachter vorschlagen dürfe oder er auf sein Widerspruchsrecht gegen die Übermittlung seiner Daten hingewiesen werden müsse. Mit dieser Auslegung wird die Absicht
des Gesetzgebers konterkariert, der mit der Regelung des § 200 Absatz 2 SGB VII ausdrücklich die Erwartung
verbunden hat, die Transparenz der Verfahren zu verbessern (Bundestagsdrucksache 13/4853, S. 22). Es besteht
die Gefahr, dass die Rechte der Versicherten ausgehöhlt und unterlaufen werden, obwohl die „beratende Stellungnahme“ regelmäßig in den Verwaltungs- und Gerichtsverfahren wie ein Gutachten als Beweismittel eingesetzt wird.
Die Transparenz der unfallversicherungsrechtlichen Verfahren leidet insbesondere dadurch, dass ein Versicherter über den Einsatz des beratenden Arztes nicht einmal informiert werden muss. Häufig sieht er sich in seinem
Verfahren völlig überraschend mit dem Votum eines Sachverständigen konfrontiert. In einem mir bekannt ge wordenen Fall wurden einem „beratenden Arzt“, der in einer Klinik arbeitet, die Krankenunterlagen eines Versicherten zugeleitet, obwohl dieser jeder Übermittlung seiner Daten ausdrücklich widersprochen hatte. Der Arzt
hatte sodann zur Erstellung seiner Ausarbeitung mehrere Mitarbeiter der Klinik eingeschaltet und ihnen die Da ten des Versicherten bekannt gegeben. Auch dies hält der Unfallversicherungsträger durch den Vertrag mit dem
Beratungsarzt für gedeckt, da dieser in die Lage versetzt werden müsse, seine Arbeit auszuführen.
Der Auffassung der Unfallversicherungsträger folgend, dass beratende Ärzte als „Teil der Verwaltung“ ansehen
sind, habe ich Kontrollen bei zwei Beratungsärzten durchgeführt. Wie sich dabei zeigte, hatten die jeweiligen
Unfallversicherungsträger keine Regelung für eine Abschottung der Daten der Versicherten von den Daten an derer Patienten des beauftragten Arztes getroffen. Es bestanden auch keine Vorgaben für die verwendeten Server, Sicherheitsregelungen für die Praxissysteme oder Löschungskonzepte. Ein beratender Arzt lehnte eine Prüfung seiner EDV vollständig ab. Die Berufsgenossenschaft Handel und Warendistribution wurde daraufhin beanstandet. Bei einem beratenden Arzt der Berufsgenossenschaft Holz und Metall sowie bei einem beratenden
Arzt der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft und der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische In dustrie wurden die gleichen Mängel festgestellt. Von einer Beanstandung wurde zunächst nur abgesehen, da zugesagt wurde, die festgestellten Mängel abzustellen.
Die Unfallversicherungsträger zeigten sich von den Kontrollen bei ihren „Mitarbeitern“ alles andere als erfreut.
Sie haben mir gegenüber zum Ausdruck gebracht, dass sie meine Zuständigkeit für die datenschutzrechtliche
Kontrolle der beratenden Ärzte als nicht gegeben sehen, obwohl sie stets die Auffassung vertreten, diese Sachverständigen seien „Teil der Verwaltung“, wenn es um die Anwendbarkeit des § 200 Absatz 2 SGB VII geht.
Ich empfehle dem Gesetzgeber, eine klarstellende Änderung des § 200 Absatz 2 SGB VII auf den Weg zu bringen, damit eine Umgehung des Regelungsgehalts zum Nachteil der Versicherten künftig ausgeschlossen ist.
9.7
Gemeinsame Servicestellen der Rehabilitationsträger
Für diese zentralen Anlaufstellen für Versicherte bei Fragen zur Rehabilitation bestehen noch keine datenschutzrechtlichen Regelungen.
Bei der Einfügung des Rechts der Rehabilitation und Teilhabe in das Sozialgesetzbuch (als SGB IX) wurden gemeinsame Servicestellen nach §§ 22 ff. SGB IX als zentrale Anlaufstellen für Versicherte bei allen Fragen zur
Rehabilitation eingerichtet. Aufgabe der gemeinsamen Servicestellen ist eine umfassende, qualifizierte und individuelle Beratung behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen sowie deren Angehörigen. Diese Aufgaben nehmen die Rehabilitationsträger (gesetzliche Krankenkassen, gesetzliche Rentenversicherungsträger, gesetzliche Unfallversicherungsträger, Agenturen für Arbeit, Träger der Kriegsopferversorgung und Kriegsopferfürsorge und öffentliche Jugend- oder Sozialhilfeträger) trägerübergreifend wahr. Eine Servicestelle ist dabei organisatorisch jeweils einem Rehabilitationsträger zugeordnet. In Kooperation und Koordination mit den betei -
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BfDI 25. Tätigkeitsbericht 2013-2014