Tatsachenlage, an die sie eine Maßnahme anknüpft, erheblich von Normen wie beispielsweise § 100 a StPO, die die Begehung einer Straftat, einen strafbaren Versuch
oder eine strafbare Vorbereitung, mithin einen in der Vergangenheit liegenden, zumindest teilweise abgeschlossenen Sachverhalt voraussetzen. Die vorliegende Ermächtigung gilt nicht einmal zwingend einem schon in der Entwicklung begriffenen
Vorgang, sondern bereits seiner Planung. Diese soll auf der Grundlage von Tatsachen feststellbar sein, die nicht auf die Gewissheit eines solchen Planens verweisen müssen; es reicht, wenn sie eine entsprechende "Annahme" rechtfertigen. § 39
Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AWG verlangt vom Zollkriminalamt daher schwerpunktmäßig eine
Prognose künftiger Entwicklungen, die sich in wesentlichen Teilen noch in der Vorstellungswelt des potentiellen Straftäters abspielen.
An die Stelle des bei der Strafverfolgung maßgebenden Verhaltens, das in einem
gesetzlichen Straftatbestand umschrieben ist, tritt bei der Vorverlagerung des Eingriffs in das Planungsstadium ein zunächst meist nur durch relativ diffuse Anhaltspunkte für mögliche Straftaten gekennzeichnetes, in der Bedeutung der beobachteten Einzelheiten häufig noch schwer fassbares Geschehen. Die in Bezug
genommenen Straftatbestände sind in diesem Stadium damit nur wenig geeignet,
den maßgeblichen Sachverhalt einzugrenzen, der Indizien für eine geplante Straftat
enthalten soll. Sachverhaltsfeststellung und Prognose sind mit vorgreiflichen Einschätzungen über das weitere Geschehen, aber auch über die erst noch bevorstehende strafrechtliche Relevanz der festgestellten Tatsachen verkoppelt. Die Feststellung des voraussichtlich weiteren Verlaufs ist auch dadurch erschwert, dass das
Außenwirtschaftsrecht durch weit ausgreifende Gefährdungs- und Vorbereitungstatbestände gekennzeichnet ist, so dass der Eingriff in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht in den Grenzbereich eines Verhaltens verlagert sein kann, das sich möglicherweise zu einer Rechtsgutverletzung weiterentwickelt, eventuell aber auch nicht.
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Die vom Zollkriminalamt gewonnenen Erkenntnisse können je nach Lage des Falles
zu der Annahme führen, dass die Planung auf eine bestimmte Straftat oder aber auf
eine Mehrzahl möglicher weiterer Geschehensabläufe bezogen ist, die alternativ verschiedene Straftatbestände erfüllen. Auch dies erweitert die tatsächlichen Geschehnisse, die mögliche Anhaltspunkte für die Annahme sind, Straftaten seien geplant.
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Wegen der noch fehlenden Verwirklichung einzelner Tatbestandselemente wird die
Tatsachenlage häufig durch hohe Ambivalenz der Bedeutung einzelner Verhaltensumstände geprägt sein. Die beobachteten Tätigkeiten können in harmlosen Zusammenhängen verbleiben; sie können aber auch der Beginn eines Vorgangs sein, der
zur Straftat werden soll. Das Zollkriminalamt als Ermittlungsbehörde muss deshalb
unter erheblicher Unsicherheit arbeiten, die größer ist als üblicherweise bei der Tätigkeit von Ordnungsbehörden und die trotz der Sachkunde und beruflichen Erfahrung
ihres Personals nicht ausgeräumt werden kann. Das Amt befindet sich vor der
Schwierigkeit, entweder Wichtiges zu übersehen und damit seine Aufgabe zu verfehlen oder Überwachungsmaßnahmen auf Indizien zu stützen, die eventuell zu
schwach sind, den schweren Grundrechtseingriff zu rechtfertigen.
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