die Kenntnisnahme und das Aufzeichnen des Inhalts der Telekommunikation, aber
auch gegen die Erfassung ihrer Umstände, die Auswertung des Inhalts und die Verwendung gewonnener Daten (vgl. BVerfGE 100, 313 <358 ff.>; 106, 28 <37>). Im
Ausmaß seines Schutzgehalts verdrängt Art. 10 Abs. 1 GG das allgemeine Grundrecht nach Art. 2 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 67, 157 <171>; 100, 313 <358>).
Das Grundrecht aus Art. 10 Abs. 1 GG gewährleistet die freie Entfaltung der Persönlichkeit durch einen privaten, vor der Öffentlichkeit verborgenen Austausch von
Kommunikation und schützt damit zugleich die Würde des Menschen (vgl. BVerfGE
67, 157 <171>). Durch die Kenntnisnahme des Inhalts von Briefen und das Abhören
von Telefongesprächen wird auf intensive Weise in das Grundrecht eingegriffen. Die
Schwere des Eingriffs wird auch dadurch geprägt, dass der Betroffene wegen der gebotenen Heimlichkeit nicht an dem Anordnungsverfahren beteiligt ist.

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b) Ermächtigungen zu Eingriffen in das Grundrecht aus Art. 10 Abs. 1 GG bedürfen
nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 GG einer gesetzlichen Grundlage, die dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit zu entsprechen hat. Die
Maßgaben, die das Bundesverfassungsgericht im Volkszählungsurteil insoweit aus
Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG entwickelt hat (vgl. BVerfGE 65, 1
<44 ff., 54>), sind grundsätzlich auf die spezielle Garantie in Art. 10 GG übertragbar
(vgl. BVerfGE 100, 313 <359>). Der Anlass, der Zweck und die Grenzen des Eingriffs
müssen in der Ermächtigung bereichsspezifisch, präzise und normenklar festgelegt
werden (vgl. BVerfGE 100, 313 <359 f., 372>). Dies soll sicherstellen, dass der betroffene Bürger sich darauf einstellen kann (aa), dass die gesetzesausführende Verwaltung für ihr Verhalten steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe vorfindet (bb) und dass die Gerichte die Rechtskontrolle durchführen können (cc).

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aa) Der Betroffene muss die Rechtslage anhand der gesetzlichen Regelung so erkennen können, dass er sein Verhalten danach auszurichten vermag. Die Anforderungen an die Bestimmtheit und Klarheit der Norm erhöhen sich, wenn die Unsicherheit bei der Beurteilung der Gesetzeslage die Betätigung von Grundrechten
erschwert. Soweit die praktische Bedeutung einer Regelung vom Zusammenspiel der
Normen unterschiedlicher Regelungsbereiche abhängt, müssen die Klarheit des Normeninhalts und die Voraussehbarkeit der Ergebnisse der Normanwendung gerade
auch im Hinblick auf dieses Zusammenwirken gesichert sein (vgl. BVerfG, NJW
2003, S. 2733 <2735>).

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Bei Ermächtigungen zu Überwachungsmaßnahmen verlangt das Bestimmtheitsgebot, dass die betroffene Person erkennen kann, bei welchen Anlässen und unter welchen Voraussetzungen ein Verhalten mit dem Risiko der Überwachung verbunden
ist. Die Bestimmtheit der Handlungsvoraussetzungen des staatlichen Eingriffs - und
damit der begrenzenden Maßstäbe - kommt aber auch Personen zugute, denen die
konkreten Handlungsvoraussetzungen nicht bekannt sind. Für Dritte, die den Anlass
nicht geschaffen haben und eher zufällig betroffen werden, reicht es, wenn die
Rechtsordnung die Voraussetzungen der Überwachungsmaßnahme in grundsätzlich

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