Grundlage des Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG als Zentralstelle einzurichten. Dort, wo eine
Zentralstelle im Hinblick darauf, dass diese im Wesentlichen auf die Wahrnehmung
von Koordinationsaufgaben beschränkt ist, für die Erfüllung einer Aufgabe nicht ausreicht, darf der Bund unter den Voraussetzungen des Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG eine
selbständige Bundesoberbehörde einrichten. Dass es sachwidrig ist, für die Verhütung von Straftaten im Außenwirtschaftsverkehr und dabei zum Schutz der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland eine nicht auf bloße Koordinationsaufgaben beschränkte Bundesbehörde einzurichten, ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich.
Die Entstehungsgeschichte der Norm und in diesem Zusammenhang insbesondere
der "Polizeibrief" der westalliierten Militärgouverneure vom 14. April 1949 (abgedruckt bei Werthebach/Droste, in: Bonner Kommentar, Art. 73 Nr. 10 Rn. 10, Stand:
Dezember 1998) ergeben entgegen der Auffassung der Antragstellerin keine Anhaltspunkte dafür, dass die Nutzung der sich aus Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG ergebenden Befugnisse im Bereich polizeilicher Aufgaben des Bundes ausgeschlossen ist.
Abgesehen davon, dass die historische Ausgangslage des Dokuments nicht mehr
besteht, kann ihm lediglich entnommen werden, dass die Bundeskompetenzen im
Bereich des Polizeiwesens zugunsten der Länder deutlich begrenzt sein sollten. Daraus allein lässt sich jedoch keine Aussage darüber gewinnen, ob Art. 87 Abs. 1
Satz 2 GG die Anwendung von Art. 87 Abs. 3 GG einschränkt.

99

4. Auch die Pflicht zu bundes- und länderfreundlichem Verhalten (vgl. BVerfGE 14,
197 <214 f.>; 104, 238 <247 f.>) stand der Vereinbarkeit von § 39 Abs. 1 AWG mit
den kompetenzrechtlichen Vorschriften des Grundgesetzes nicht entgegen.

100

Der Bund unterliegt bei Ausübung seiner Sachkompetenz der Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Länder. Gegen diese Pflicht verstößt er allerdings nicht schon dadurch, dass er von einer ihm durch das Grundgesetz eingeräumten Kompetenz Gebrauch macht; vielmehr muss deren Inanspruchnahme missbräuchlich sein (vgl.
BVerfGE 104, 249 <269 f.>; 106, 1 <27>). Da der Grundsatz länderfreundlichen Verhaltens akzessorischer Natur ist und lediglich innerhalb eines anderweitig begründeten Rechtsverhältnisses oder einer anderweitig begründeten Rechtspflicht Bedeutung gewinnen kann (vgl. BVerfGE 104, 238 <247 f.>), bedarf es der Feststellung
einer den Ländern zukommenden Rechtsposition, damit aus dem Grundsatz der
Bundestreue überhaupt Folgen hergeleitet werden können (vgl. BVerfGE 95, 250
<266>; 103, 81 <88>; 104, 238 <248>). Daran aber fehlt es hier.

101

II.
§ 39 Abs. 1 und 2 AWG ist mit Art. 10 GG nicht vereinbar.

102

1. Maßstab der verfassungsrechtlichen Prüfung ist Art. 10 GG. Die Grundrechtsnorm schließt das Erfordernis der Normenbestimmtheit und Normenklarheit jeglicher
Ermächtigung zu Überwachungseingriffen ein.

103

a) Art. 10 Abs. 1 GG begründet ein Abwehrrecht gegen die Öffnung von Briefen und
die Einsichtnahme in sie (vgl. BVerfGE 67, 157 <171 f.>) sowie gegen das Abhören,

104

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