1. Die in Art. 2 Nr. 1 ZFnrG, § 1 Nr. 3 FVG geregelte Umwandlung des Zollkriminalamts in eine Mittelbehörde stellt eine grundlegende Änderung der Rechtslage dar,
durch welche die im Wortlaut unveränderte Norm des § 39 Abs. 1 AWG in kompetentieller Hinsicht inhaltlich umgestaltet wird.
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Eine Norm wird nur dann in ihrer Neufassung Gegenstand eines bereits eingeleiteten Normenkontrollverfahrens, wenn ihr Inhalt im Zuge der Gesetzesänderung im
Wesentlichen gleich bleibt (vgl. BVerfGE 6, 104 <110>; 61, 291 <306>; 65, 237
<243 f.>). Daran fehlt es vorliegend. Art. 2 ZFnrG ändert den Status des Zollkriminalamts und stellt es auf eine neue verfassungsrechtliche Grundlage. Für die Bundeskompetenz wird Satz 2 von Art. 87 Abs. 3 GG statt bisher Satz 1 herangezogen (vgl.
Gesetzesbegründung, BTDrucks 14/8007 <neu>, S. 22, zu Ziff. 3.). Das Zollkriminalamt wird in eine bundeseigene Mittelbehörde umgewandelt. Damit bezieht § 39
Abs. 1 AWG sich nunmehr auf das Zollkriminalamt in dieser neuen Rechtsstellung.
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Die Änderung steht in ihren Wirkungen einer gesetzlichen Neuregelung gleich. Die
veränderte Rechtsstellung des Zollkriminalamts verändert zugleich den Charakter
der in § 39 Abs. 1 AWG vorgenommenen Aufgabenzuweisung. Der unverändert gebliebene Wortlaut der Norm steht dem nicht entgegen. Es gibt keinen maßgeblichen
Unterschied zwischen einer gesetzlichen Regelung, die bestimmte Aufgaben einer
Behörde erstmals zuweist, und einer Regelung, die bei fortbestehender Aufgabenzuweisung die Rechtsstellung der zuständigen Behörde ändert.
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2. Das Bundesverfassungsgericht hätte die neu geschaffene Rechtslage nur dann
verfassungsrechtlich zu überprüfen, wenn sie durch einen Antrag der Antragstellerin
in das Verfahren einbezogen worden wäre. Maßgeblich für die Festlegung des Antragsgegenstandes ist der im Antrag zum Ausdruck gebrachte Wille der Antragstellerin (vgl. BVerfGE 86, 148 <210 f.>; 93, 37 <65>; 97, 198 <213>). Ihrer Stellungnahme
vom 28. Oktober 2002 ist zu entnehmen, dass nur die bisherige Rechtslage zur Überprüfung gestellt wird.
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3. Das objektive Klarstellungsinteresse an der Verfassungsmäßigkeit der früheren
Rechtslage besteht fort, da von ihr noch Rechtswirkungen ausgehen können (zu diesem Erfordernis vgl. BVerfGE 79, 311 <326 f.>; 88, 203 <334 ff.>; 100, 249 <257>).
Da die Neuregelung erst am 24. August 2002 in Kraft getreten ist, sind Rechtswirkungen im Hinblick auf laufende Verfahren nicht unwahrscheinlich, in denen das Zollkriminalamt noch in seiner bisherigen Rechtsgestalt gehandelt hat. Dem steht nicht entgegen, dass § 39 Abs. 1 und 2 AWG auch aus materiellen Gründen mit Art. 10 GG
unvereinbar sein kann. Die Prüfung des Zuständigkeitsmangels ist vorgreiflich, weil
er nicht durch eine Gesetzesänderung behoben werden könnte.
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II.
In materieller Hinsicht sind die mit dem Antrag zu 2 angegriffenen Regelungen des
§ 39 Abs. 1 und 2 AWG weiterhin Verfahrensgegenstand. Sie haben lediglich redaktionelle Korrekturen erfahren.
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