Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
–9–
Drucksache 18/12585
Verfahren der Gefährdungsbewertung
Bei den Polizeibehörden geht täglich eine Vielzahl von Gefährdungshinweisen ein, die sorgfältig und schnell
zur Verhinderung von Gefahren bewertet und übermittelt werden müssen.
Um die Hinweise auf Ernsthaftigkeit, Plausibilität und Eintrittswahrscheinlichkeit überprüfen zu können, arbeiten die Polizeibehörden des Bundes und der Länder mit einem Prognosemodell. Bei der Bewertung werden
Wahrscheinlichkeitsaussagen zum potenziellen Schadenseintritt bei Einzelsachverhalten – nicht zu Personen –
getroffen, indem mit einem achtstufigen Raster der konkrete Gefährdungshinweis in Bezug auf das gefährdende
Ereignis in drei Bereiche eingeteilt wird:
Bereich der Gewissheit (1 bis 2)
Bereich der Wahrscheinlichen (3 bis 6)
Bereich der Möglichen (7 bis 8)
Je höher die Eintrittswahrscheinlichkeit bewertet wird, desto umfangreicher sind die polizeilichen Maßnahmen
zur weiteren Aufklärung, Verdichtung der Erkenntnisse und Verhinderung zu gestalten.
Die Polizeibehörden beziehen bei der Prognose dabei bereits gewonnene Erkenntnisse zur Person bzw. zur
konkreten Eintrittswahrscheinlichkeit des Ereignisses ein, bewerten insgesamt jedoch nicht die Gefährlichkeit
einer Person.
Die Bewertung vom BKA bezog sich auf den konkreten Gefährdungssachverhalt Beschaffung von Kalaschnikows
zur Durchführung von Anschlägen. Im Ergebnis kam man zu der Bewertung, dass der konkrete Sachverhalt eher
auszuschließen (7 von 8) ist.
Aus dem Protokoll der Sitzung der AG Operativer Informationsaustausch vom 4. Februar 2016 ergibt sich, dass
ein schädigendes Ereignis als eher unwahrscheinlich bewertet wurde. Nach dem Prognosemodell der Polizei bedeutete die Einschätzung, dass der zugrunde liegende Sachverhalt mit 5 von 8 bewertet wurde.
Welche Erkenntnisse dazu geführt haben, dass die im GTAZ getroffene Einschätzung zu dem Sachverhalt mit
einer Bewertung eher unwahrscheinlich (5 von 8) in der BKA-Gefährdungseinschätzung auf eher auszuschließen
(7 von 8) verändert wurde, ist dem GTAZ-Protokoll nicht zu entnehmen.
Die Sicherheitsbehörden orientierten sich bei der Bewertung des Gefährdungssachverhaltes auch an der Glaubwürdigkeit der VP, die das BKA auf Basis der Informationen aus Nordrhein-Westfalen in diesem Zusammenhang
als zweifelhaft einstufte. Mit der Begründung, gegenüber der VP habe sich bereits eine zweite Person mit ähnlich
gelagertem Sachverhalt offenbart, wurde der Eintritt eines Schadensereignisses wegen der Duplizität der Anschlagspläne und des modus operandi als außerhalb der Wahrscheinlichkeit eingeschätzt. In der Folge teilte das
BKA mit Schreiben vom 5. Februar 2016 in Abstimmung mit dem BfV mit, dass wegen weiterhin bestehender
nachhaltiger Zweifel an den Aussagen der VP an der Bewertung vom 4. Februar 2016 (möglich, aber eher auszuschließen – 7 von 8) festgehalten wird.
Welche konkreten Erkenntnisse und Informationen in der Sitzung der AG Operativer Informationsaustausch am
17. Februar 2016 behandelt wurden, lässt sich dem Ergebnisprotokoll der Sitzung nicht entnehmen. Die Chronologie des BKA weist jedoch darauf hin, dass das LKA Nordrhein-Westfalen zu dem Auswertevermerk vom
16. Februar 2016 mit weiteren Erkenntnissen zu AMRI vortrug.
Am selben Tag stufte das LKA Nordrhein-Westfalen AMRI als Gefährder nach den Einstufungskriterien in den
Datenbestand des Polizeilichen Informationssystems (INPOL) ein.
Das BKA versandte vereinbarungsgemäß am 18. Februar 2016 eine erneute Gefährdungsbewertung auf Grundlage von Erkenntnissen des LKA Nordrhein-Westfalen: Durch die TKÜ war bekannt geworden, dass AMRI im
Internet Anleitungen zu Sprengmitteln recherchierte und mit libyschen Kontakten über Sachverhalte chattete, die
als islamistisch relevant bewertet wurden.
Auf Basis der Beratungen im GTAZ kam das BKA zur Bewertung, dass der Sachverhalt (Anschlag mittels
Bombe, Selbstmordattentat) als eher unwahrscheinlich (5 von 8) einzuschätzen ist.
Am 19. Februar 2016 wurde in der AG Operativer Informationsaustausch abermals AMRI behandelt. Im Protokoll
findet sich der Hinweis, dass „die Teilnehmer an der bisherigen Bewertung des Sachverhaltes festhalten [und] die
Zuständigkeit zur Gefahrenabwehr […] beim LKA Berlin [liege]“.