Drucksache 18/12585
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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Am 23. Februar 2016 fand beim GBA ein Gespräch mit dem LKA Nordrhein-Westfalen und dem BKA zu einem
anderen Ermittlungsverfahren statt. Hierin wurden nach wie vor erhebliche Zweifel an der Belastbarkeit der Aussagen der VP bezüglich des von AMRI geplanten Attentates mittels Kalaschnikows formuliert.
Dem Protokoll der Sitzung AG-Operativen Informationsaustausch vom 26. Februar 2016 ist zu entnehmen, dass
„die Teilnehmer an der bisherigen Bewertung des Sachverhaltes festhalten. Die seit dem Aufenthalt in Berlin
gewonnenen Erkenntnisse haben bislang keine gefährdungserhöhenden Aspekte ergeben. Gleichwohl teilen die
Teilnehmer die Auffassung, dass der Sachverhalt weiterhin dringender Aufklärung bedarf“.
Am 29. Februar 2016 übersandte das BKA eine weitere Ergänzung zur Gefährdungsbewertung. Das BKA teilte
mit, dass die Auswertung des von AMRI am 18. Februar 2016 beschlagnahmten Mobiltelefons mehrere tausend
Chats in arabischer Sprache sowie tausende Fotos erbracht habe. Der aktuelle Sachverhalt wurde im Folgenden
losgelöst von dem in der ersten Gefährdungsbewertung enthaltenen Sachverhalt (Einbruch zur Finanzierung von
Waffen) betrachtet.
Zusammenfassend wurde festgestellt, dass AMRI radikale Ansichten äußere, insbesondere die Tötung von Ungläubigen rechtfertige, einschlägige Seiten im Internet besuche und über die Herstellung von Sprengstoffen recherchiere sowie über Kontakte zu Personen der islamistischen Szene verfüge. Vorgenannte Sachverhalte wurden
als gängiges Verhalten und nicht zwingend gefahrerhöhend bewertet.
Das BKA hielt fest, dass „die seinerzeit getroffene Bewertung zu dem dort geschilderten Szenario (Einbruchdiebstahl zur Finanzierung von Waffen zur Anschlagsdurchführung) fortbestehe“. Dies bedeutete, dass am 29. Februar
2016 keine Aktualisierung der Bewertung des Sachverhaltes vom 4. Februar 2016 vorgenommen wurde und es
bei der Einschätzung „eher auszuschließen“ (7 von 8) blieb.
Nach Informationen und Gesprächen mit dem LKA Nordrhein-Westfalen teilte das BKA mit Schreiben vom
2. März 2016 mit, dass es eine Neubewertung der Einschätzung vom 5. Februar 2016 (zu dem Sachverhalt Kalaschnikows) vornehme. Die Neubewertung der Glaubwürdigkeit der VP des LKA Nordrhein-Westfalen durch
das BKA und das BfV führte im Ergebnis jedoch nicht zu einer Veränderung (etwa einer Heraufstufung) der
Gefährdungsbewertung im achtstufigen Prognosemodell.
Nach der Verlagerung seines Lebensmittelpunktes von Nordrhein-Westfalen nach Berlin wurde AMRI am
10. März 2016 in Nordrhein-Westfalen als Gefährder aus- und in Berlin am 11. März 2016 eingestuft. Die ausländerrechtliche Verantwortung verblieb bei den Kommunalbehörden des Landes Nordrhein-Westfalen.
Die ‚Gefährderübergabe‘ mit Gefährderein- und -ausstufung resultiert aus dem Konzept der Gefährderbearbeitung. Danach ist eine Abstimmung zwischen den Behörden herbeizuführen, wenn Wohnsitz und tatsächlicher
Aufenthalt des Gefährders voneinander abweichen.
Das LKA Berlin teilte in der AG Tägliche Lagebesprechung am 14. März 2016 im GTAZ mit, dass es die abstrakte
Gefahr einer islamistisch geprägten Vorbereitungsphase zu einer Gewalttat durch AMRI als realistisch einschätze.
AMRI wurde präventivpolizeilich durch das LKA Berlin bis zum 18. März 2016 observiert. Wegen fehlender
konkreter Anhaltspunkte wurde eine präventivpolizeiliche Observation nicht mehr fortgeführt. Gleichzeitig dauerte die TKÜ-Maßnahme des Landes Nordrhein-Westfalen gegen AMRI als Nachrichtenmittler an.
Am 4. April 2016 erwirkte das LKA Berlin über die Generalstaatsanwaltschaft (GenSta) Berlin Beschlüsse zur
strafprozessualen Observation, der TKÜ und Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung bis zum 21. September 2016 (wegen der Vorbereitung der Beteiligung an einem Mord im Zusammenhang mit dem geplanten Raubüberfall mit Schusswaffen auf ein Opfer im Land Brandenburg). Die Einleitung des Ermittlungsverfahrens in
Berlin belegt, dass die Behörden nach wie vor die Begehung eines bewaffneten Raubüberfalls auf eine Person als
realistisch betrachteten und von der Gefährlichkeit AMRIs ausgingen.
AMRI war am 13. April 2016 erneut Thema in der AG Operativer Informationsaustausch im GTAZ. Die teilnehmenden Behörden hielten an der bisherigen Bewertung des Sachverhaltes fest. Eine unmittelbare Gefährdung
wurde zum damaligen Zeitpunkt nicht gesehen. Gleichwohl sei eine enge Begleitung des Sachverhaltes auch weiterhin dringend angezeigt gewesen. Es wurden Erkenntnisse vorgetragen, dass AMRI eindeutige Sympathien für
den IS hege und nach den Anschlägen in Brüssel Sprengstoffgürtel besorgen wolle.
Die Polizei Berlin stufte AMRI als Gefährder am 6. Mai 2016 wieder aus, nachdem bei einer Kontrolle AMRIs
die von Nordrhein-Westfalen ausgestellte Aufenthaltsgestattung vom 28. April 2016 aus Oberhausen aufgefunden
wurde. AMRI war in der Zwischenzeit ein neuer Wohnort in Oberhausen zugewiesen worden. Das Konzept der
Standardmaßnahmen bei Gefährdern und relevanten Personen sieht im Fall einer länderübergreifenden Abwei-