Drucksache 18/12585

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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

21. September 2016 bis 23. Dezember 2016: Als Attentäter nicht erkannt


Auslaufen der operativen Maßnahmen in Berlin



Aufklärungsversuche und Prüfung von Hinweisen aus dem Ausland

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Anschlag, Flucht und Tod

Am 21. September 2016 liefen die strafprozessualen Überwachungsmaßnahmen des LKA Berlin gegen AMRI
aus. Für die Wochen vor dem Anschlag am 19. Dezember 2016 deuten die Erkenntnisse darauf hin, dass sich
AMRI vorwiegend in Berlin aufhielt. Nach dem Anschlag wurden Videoaufzeichnungen ausgewertet. Sie zeigten,
dass AMRI in den Wochen vor dem Attentat häufig die Fussilet-Moschee besuchte. AMRI floh nach dem Anschlag über die Niederlande und Frankreich nach Italien, wo er auf der Flucht bei einem Schusswechsel in einer
Polizeikontrolle erschossen wurde.
b)

Identitäten

AMRI nutzte während seines Aufenthalts in Deutschland diverse Identitäten. Unterschiedlichen Behörden in
Deutschland lagen zahlreiche abweichende Personalien zu AMRI in Akten, Datenbanken und Dateien vor. Im
Zuge eines automatisierten Abgleichs mit Meldedaten wurde ein Datensatz im Rentenversicherungssystem mit
einer Alias-Identität AMRIs überschrieben. Ob dieser Abgleich sinnvoll ist, war vom PKGr nicht zu prüfen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass AMRI folgende fünf Kernidentitäten mit geringfügigen Variationen
nutzte:
Name

Geburtsdatum und -land

Staatsangehörigkeit

Anis AMIR/AMRI

22./23.12.1992/1993 in Tunesien

Tunesier

Ahmed ALMASRI

01.01.1995 in Ägypten

Ägypter

Mohammad/Mohamed/HASSA/HASSAN

22.10.1992 in Ägypten

Ägypter

Ahmad ZAHLOUL/ZAHGHOUL

22.12.1995 in Ägypten

Ägypter

Mohammad/Ahmad ZARZOUR

22.10.1992/1995 in Tunesien

Libanese

Im Rahmen der Asylanhörung wurde AMRI mit diversen Alias-Identitäten konfrontiert. Er räumte lediglich die
Nutzung der Identität Anis AMRI mit tunesischer Staatsangehörigkeit ein, durch welche er sich eine bessere
Chance auf Asyl erhofft habe. AMRI verschleierte durch die Nutzung verschiedener Identitäten nicht nur seine
Herkunft. Der Identitätswechsel ermöglichte ihm auch Leistungsbetrug sowie Unterkunft und Aufenthalt an verschiedenen Orten in Deutschland.
Die Identifizierung AMRIs wurde im November und Dezember 2015 maßgeblich vom LKA Nordrhein-Westfalen
und vom BKA vorangetrieben. In dortigen Ermittlungsverfahren trat jeweils eine Person namens Anis in Gefährdungssachverhalten bzw. als Kontaktperson in Erscheinung. Recherchen führten schließlich zu dem Ergebnis,
dass Anis den Namen AMRI führte. Durch diese Erkenntnis konnte eine italienische SIS-Ausschreibung vom
23. Juni 2015 AMRI zugeordnet werden. Auf Basis dieser SIS-Ausschreibung kontaktierte das BKA am 23. Dezember 2015 italienische Behörden und erbat weitere Informationen. Die italienischen Behörden übermittelten
daraufhin Lichtbilder AMRIs. Parallel stellte das BKA fest, dass der im SIS ausgeschriebene Anis AMRI mit
einem von der Staatsanwaltschaft Freiburg (in Folge seiner illegalen Einreise im Sommer 2015) zur Aufenthaltsermittlung ausgeschriebenen Anis AMIR identisch ist. Am 11. Januar 2016 glich das LKA Nordrhein-Westfalen
schließlich eigene Lichtbildaufnahmen AMRIs mit den Aufnahmen der italienischen Behörden ab und stellte so
die Identität AMRIs fest. In den folgenden Wochen führten Informationsabgleiche zwischen Polizei, Ausländerbehörden und BAMF zur Zusammenführung verschiedener Alias-Personalien AMRIs.
Weiterhin klärungsbedürftig blieb seine Staatsangehörigkeit. Den Bundesbehörden (BKA) lag erstmals am
24. Oktober 2016 eine amtliche Bestätigung der Personalien und damit der tunesischen Staatsangehörigkeit von
AMRI durch tunesische Behörden vor. Das BKA setzte am selben Tag das LKA Berlin, das LKA Niedersachen
und das LKA Nordrhein-Westfalen darüber in Kenntnis.

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