Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

II.

–3–

Drucksache 18/12585

Einordnung in die Sicherheitslage in Deutschland

Um die Arbeit der Sicherheitsbehörden im Hinblick auf AMRI einordnen zu können, bedarf es eines Blicks auf
die Entwicklung der Datenlage der Sicherheitsbehörden im Bereich des islamistischen Terrorismus der letzten
Jahre.
Die Zahl der Gefährdungssachverhalte des islamistischen Terrorismus hat sich im Zeitraum von 2012 bis zum
Jahr 2016 etwa verdoppelt (129 → 233). Die Zahl der Gefährder hat sich im selben Zeitraum etwa verfünffacht
(123 → 584).
Das BKA prüfte im Jahr 2016 insgesamt 440 Einzelhinweise auf das Vorliegen einer Gefährdung deutscher Interessen und Einrichtungen im In- und Ausland. Die Gefährdungssachverhalte, in denen AMRI eine Rolle spielte,
gehörten zu diesen rund 440 konkreten Gefährdungshinweisen im Bereich islamistischer Terrorismus. Das Hinweisaufkommen zu Flüchtlingen/Asylbewerbern mit mutmaßlichem Bezug zum islamistischen Terrorismus hat
sich seit dem Jahr 2015 von 210 auf 484 mehr als verdoppelt. Die Anzahl der diesbezüglichen Ermittlungsverfahren stieg seit dem Jahr 2015 von 18 auf 106 und hat sich somit versechsfacht.
In den 233 Sitzungen der GTAZ AG Operativer Informationsaustausch des Jahres 2016 wurden zahlreiche Gefährdungssachverhalte behandelt. In mindestens zwei Fällen gelang den deutschen Sicherheitsbehörden die Unterbrechung der Anschlagsplanung und damit die Verhinderung des Anschlages.
Der Anstieg der vom BKA und den Ländern durchgeführten Ermittlungsverfahren im Bereich des Terrorismus
gemäß den §§ 129a und 129b StGB vom Jahr 2013 (386) zum Jahr 2016 (753) entspricht annähernd einer Verdoppelung und verdeutlicht die Verschärfung der Sicherheitslage. Die Belastung der Sicherheitsbehörden hat signifikant zugenommen. Besondere mediale Beachtung fanden im Jahr 2016 der Anschlag auf ein Sikh-Gebetshaus in Essen (April 2016), der Axtangriff bei Würzburg und der Anschlag in Ansbach (Juli 2016) sowie der
versuchte Anschlag auf das Rathaus-Center und den Weihnachtsmarkt in Ludwigshafen (November und Dezember 2016).
III.

AMRI in Deutschland

AMRI reiste im Sommer 2015 illegal in das Bundesgebiet ein. Bis zum Anschlag am 19. Dezember 2016 reiste
er durch Deutschland und hielt sich nachweislich in sechs Bundesländern auf, wobei er auf der Durchreise vermutlich in fast allen Bundesländern gewesen sein dürfte. Während dieser Zeit waren rund 50 Behörden und staatliche Einrichtungen in Deutschland mit ihm – sei es straf-, polizei-, asyl- oder ausländerrechtlich sowie nachrichtdienstlich – befasst.
Beim Fall AMRI handelte es sich um einen polizeilich geführten Sachverhalt in Länderzuständigkeit. Eine Übernahmebitte gegenüber dem BKA im Sinne des § 4a BKAG wurde von keinem Land gestellt. Das BKA und die
Nachrichtendiensten des Bundes (BfV, BND) haben deshalb lediglich eine unterstützende Rolle im Fall AMRI
eingenommen.
Die federführende sicherheitsbehördliche Zuständigkeit für den ab dem 17. Februar 2016 als Gefährder eingestuften AMRI lag durchgängig bei den Polizeibehörden. Im Zeitraum bis zum 11. März 2016 war das Landeskriminalamt (LKA) Nordrhein-Westfalen, ab dem 11. März 2016 das LKA Berlin und ab dem 10. Mai 2016 wieder
das LKA Nordrhein-Westfalen zuständig. Auch waren mindestens sieben Staatsanwaltschaften mit Ermittlungsverfahren gegen AMRI befasst.
a)

Aktivitäten und Mobilität

Nachfolgend wird in fünf Zeitabschnitten anhand ausgewählter, besonders relevanter Eckdaten der Werdegang
AMRIs in Deutschland skizziert, wie er sich zum Zeitpunkt der Untersuchung des Parlamentarischen Kontrollgremiums anhand der vorgelegten Akten darstellte:
6. Juli 2015 bis 27. Oktober 2015: Als Migrant eingereist


Erkennungsdienstliche Behandlung bei der Polizei in Freiburg nach Einreise



Erste Meldungen als Asylbewerber

 Erster Hinweis auf Kleinkriminalität
AMRI reiste aus Italien mit zwei IS-Sympathisanten nach Deutschland ein. Gegen diese wurde später ein ergebnisloses Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts durchgeführt, Anschläge auf Züge verüben zu wollen.

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