Drucksache 18/12585

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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Mittelpunkt der Betrachtung, nicht jedoch die Gefährlichkeit der Person. Zu den in diesen Sitzungen getroffenen Absprachen kam es nicht durchgängig zu einem vollständigen Informationsaustausch über getroffene Maßnahmen und neue Erkenntnisse zwischen allen beteiligten Behörden.
5.

Aufgrund der Anhaltspunkte für Anschlagsplanungen AMRIs, auch, wenn diese im Ergebnis insgesamt als
eher auszuschließen eingeordnet wurden, führte das BAMF sein Asylverfahren – in Abstimmung mit den
Sicherheitsbehörden – binnen eines Monats nach Antragstellung durch, Asyl in Deutschland wurde mit dem
Bescheid vom 30. Mai 2016 abgelehnt. Nach der Ablehnung des Asylantrags fokussierte sich das behördliche Vorgehen darauf, AMRIs seit dem 11. Juni 2016 bestehende Ausreisepflicht durch seine Abschiebung
nach Tunesien umzusetzen, ohne allerdings die mögliche und angebotene Unterstützung der Bundesbehörden in Anspruch zu nehmen. Die örtlichen Ausländerbehörden machten letztlich nur zurückhaltend von den
Instrumenten des Ausländerrechts Gebrauch.

6.

Während des gesamten Zeitraums wurde gegen AMRI ermittelt, ihm wurde insgesamt die Begehung von
13 Straftaten zugeschrieben. Zu einer vollständigen Zusammenführung aller Verfahren gegen AMRI kam es
nicht. Wegen der Annahme des LKA Berlin, AMRI sei nunmehr in kleinkriminellen Milieus unterwegs,
wurden auch in dem gegen AMRI von der GenStA Berlin geführten Verfahren, nach dem 21. September
2016 keine Überwachungsmaßnahmen mehr durchgeführt.

II. Das PKGr stellt fest:
Aufgrund der polizeilich etablierten Betrachtung der Gefährdungshinweise wurde – ex post – die von AMRI
ausgehende Gefährlichkeit falsch eingeschätzt. AMRI als sehr gefährlich einzuschätzen, war auf Basis der vielfältigen vorliegenden Informationen zwingend, umso unverständlicher ist, dass seine Handlungsspielräume, insbesondere nach Einstellung der Überwachungsmaßnahmen ab dem 21. September 2016, nicht konsequenter eingeschränkt wurden.
1.

Das System der Gefährdungsbewertung zur Wahrscheinlichkeit einzelner Anschlagshinweise greift zu kurz
und muss weiterentwickelt werden. Die persönliche Gefährlichkeit des Verdächtigen muss systematisiert
bewertet und in die Gefährdungseinschätzung einbezogen werden.

2.

Ein einheitliches Vorgehen bei der Behandlung von Gefährdern ist notwendig, also die koordinierende
Steuerung von Informationen und Maßnahmen. Zugleich bedarf es bundesweit einheitlicher Instrumente für
den Umgang mit Gefährdern.

3.

Eine solche einheitliche Behandlung von Gefährdern wird auch eine engere Einbindung von Justiz und Ausländerbehörden erfordern. In diesem Zusammenhang ist es notwendig regelmäßig bei Gefährdern eine Bündelung sämtlicher Verfahren bei einer Staatsanwaltschaft zu prüfen. Die derzeitigen Mechanismen der Information der kommunalen Ausländerbehörden über Gefährder und die entsprechenden Zusammenarbeitsformen mit den Sicherheitsbehörden für die gegenwärtige Gefährdungslage sind nicht ausreichend.

4.

Zudem ist der BND bei Auslandsbezügen in derartigen Sachverhalten stärker einzubinden.

5.

An den Schnittstellen der Zusammenarbeit im GTAZ, insbesondere mit der Justiz und den Ausländerbehörden stellen sich Fragen, die auch in die Zuständigkeit anderer Gremien fallen:
a)

Warum erfolgte keine vollständige Bündelung der polizeilichen, strafrechtlichen, insbesondere allgemeinkriminellen und ausländerrechtlichen Ermittlungsverfahren und -ansätze – auch vor dem Hintergrund der empfindlichen italienischen Freiheitsstrafe – um weitere Möglichkeiten für einen Haftbefehl
zu eröffnen?

b)

Warum wurden die ausländerrechtlichen Instrumente (Meldeauflagen, Aufenthaltsbeschränkungen,
Abschiebehaft) nicht offensiver genutzt, um die von AMRI ausgehende Gefahr zu mindern?

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