Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
– 23 –
Drucksache 18/12585
X.
Anlagen
a)
Öffentliche Bewertung zum Bericht des Ständigen Bevollmächtigten
(beschlossen gemäß § 10 Absatz 2 PKGrG in der Sitzung des PKGr am 29. März 2017)
Das Parlamentarische Kontrollgremium hat am 16. Januar 2017 gemäß § 1 Absatz 1 i. V. m. § 5a PKGrG seinen
Ständigen Bevollmächtigten beauftragt, die Tätigkeit des BfV und des BND einschließlich der Zusammenarbeit
mit weiteren Behörden im GTAZ im Zusammenhang mit dem Fall AMRI zu untersuchen.
Die Untersuchung behandelt den Zeitraum von der illegalen Einreise AMRIs nach Deutschland bis zu seinem Tod
am 23. Dezember 2016 auf der Basis der einschlägigen Akten des Bundes unter Berücksichtigung der darin enthaltenen Landesinformationen, soweit diese freigegeben waren. Hierzu sichtete der Ständige Bevollmächtigte die
Akten, er führte Gespräche mit Vertretern des BKAmtes, BMI, BKA, BfV, BND, Innenministerium NordrheinWestfalen, LfV Nordrhein-Westfalen, LKA Nordrhein-Westfalen, LfV Berlin und LKA Berlin.
Die Arbeit des Ständigen Bevollmächtigten wurde von den Abgeordneten Schuster, Grötsch, Dr. Hahn und Ströbele begleitet.
Am 29. März 2017 hat der Ständige Bevollmächtigte seinen Untersuchungsbericht dem Kontrollgremium vorgelegt. Auf Grundlage des Berichts kommt das Parlamentarische Kontrollgremium zu folgender Bewertung:
I. Die Gefährdungssachverhalte, in denen AMRI eine Rolle spielte, gehörten zu den rund 440 konkreten Gefährdungshinweisen im Bereich islamistischer Terrorismus des Jahres 2016 in Deutschland. In 2016 wurden allein
753 Ermittlungsverfahren mit 1023 Beschuldigten nach §§ 129 a/b StGB von Bund und Ländern durchgeführt.
AMRI ist im Sommer 2015 illegal in das Bundesgebiet eingereist. Bis zum Anschlag am 19. Dezember 2016 ist
er durch fast ganz Deutschland gereist und hat sich nachweislich in sechs Bundesländern aufgehalten. Rund
50 Behörden und staatliche Einrichtungen in Deutschland haben sich mit ihm straf-, polizei-, asyl-, ausländerrechtlich oder nachrichtendienstlich befasst.
1.
AMRI wurde frühzeitig im Oktober 2015 als Person des islamistischen Gefährdungsspektrums identifiziert.
Die von AMRI im Wesentlichen mit kleinen Variationen genutzten fünf Kernidentitäten wurden zügig aufgedeckt: AMRI wurde als gewaltbereiter Islamist eingeschätzt. Die Sicherheitsbehörden gingen davon aus,
dass er seine Anschlagsplanungen ausdauernd und langfristig verfolgen werde. Diese Einschätzung wurde
u. a. durch Erkenntnisse aus Kommunikationsüberwachungen AMRIs oder zuletzt noch im Oktober 2016
durch Erkenntnisanfragen von AND gestützt. Die federführende sicherheitsbehördliche Zuständigkeit für
den ab dem 17. Februar 2016 als Gefährder eingestuften AMRI lag durchgängig bei den Polizeibehörden.
Im Zeitraum bis zum 11. März 2016 war das LKA Nordrhein-Westfalen, ab dem 11. März das LKA Berlin
sowie ab dem 10. Mai 2016 das LKA Nordrhein-Westfalen zuständig.
2.
Bei AMRI handelte es sich um einen polizeilich geführten Sachverhalt in Länderzuständigkeit. Eine formelle
Übernahmebitte gegenüber dem BKA im Sinne des § 4a BKAG wurde von keinem Land gestellt. Dementsprechend kamen dem BKA und den Nachrichtendiensten des Bundes (BfV, BND) lediglich eine unterstützende Rolle im Fall AMRI zu.
Das BfV war im Wesentlichen im Rahmen seiner Zentralstellenfunktion mit der Koordinierung im Verfassungsschutzverbund befasst. Aufgrund der federführenden polizeilichen Bearbeitung war der Koordinierungsbedarf entsprechend gering.
Der BND war im Rahmen seiner gesetzlichen Zuständigkeit nur für auslandsbezogene Sachverhalte im Zusammenhang mit AMRI zuständig.
Im Verfassungsschutzverbund und beim BfV hätte es weitere Ansätze für Aufkl��rungsmaßnahmen gegen
AMRI geben können. Diese sind aber nicht abgefordert worden, allerdings soweit erkennbar, auch nicht
eigenständig angeboten worden.
Der BND ist nicht mit allen auslandsbezogenen Sachverhalten zu AMRI befasst worden. Informationsmöglichkeiten blieben ungenutzt.
3.
Anhaltspunkte, dass AMRI als VP eines Nachrichtendienstes des Bundes genutzt werden sollte, fanden sich
nicht.
4.
AMRI war Gegenstand von insgesamt elf Besprechungen in verschiedenen Foren des GTAZ. Dabei wurden
vor allem die zu ihm vorliegenden Gefährdungshinweise besprochen. Das etablierte formale Gefährdungsbewertungssystem stellt dabei die Wahrscheinlichkeit der konkret behandelten Anschlagsplanung in den