Zwar bestimmt der den 5. Abschnitt des Bundeskriminalamtgesetzes einleitende §
38 Abs. 1 BKAG, dass das Bundeskriminalamt zur Erfüllung seiner Aufgabe nach § 5
Abs. 1 Satz 1 BKAG die notwendigen Maßnahmen treffen kann, um eine Gefahr abzuwenden, und § 38 Abs. 2 BKAG konkretisiert eine Gefahr im Sinne dieses Abschnitts als eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit im Zusammenhang mit Straftaten nach § 5 Abs. 1 Satz 2 BKAG (vgl. zur
Vorgängerregelung § 20a Abs. 2 BKAG a.F. BVerfGE 141, 220 <288 Rn. 157>). § 38
Abs. 1 BKAG gilt aber von vornherein nur, soweit die Befugnisse des Bundeskriminalamts nicht besonders geregelt sind. §§ 39 und 40 BKAG stellen jedoch solche besonderen Regelungen dar und setzen ihrerseits gerade keine Gefahr voraus (anders
als etwa § 20g Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BKAG a.F., vgl. BVerfGE 141, 220 <288 f.
Rn. 158>). Sie gehen daher in ihrem Anwendungsbereich § 38 BKAG vor; nur soweit
Befugnisnormen überhaupt eine Gefahr voraussetzen, kann auf § 38 Abs. 2 BKAG
zurückgegriffen werden (vgl. zu den Vorgängerregelungen Bäcker, Terrorismusabwehr durch das Bundeskriminalamt, 2009, S. 53).
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Auch die weitere tatbestandliche Voraussetzung des § 40 Abs. 1 Satz 1 BKAG,
dass der Datenabruf zur Erforschung eines Sachverhalts oder des Aufenthaltsorts
einer Person erforderlich sein muss, führt zu keiner hinreichenden Begrenzung der
Abrufregelung. Die Bedeutung dieses im Strafprozessrecht üblichen Zusatzes (vgl.
etwa § 100a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 100f Abs. 1 StPO) im Zusammenhang mit Aufgaben der Gefahrenabwehr erschließt sich hier nicht.
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(b) Soweit § 40 Abs. 1 Satz 1 BKAG auf § 39 Abs. 2 Nr. 1 BKAG Bezug nimmt,
fehlen jedenfalls hinreichend begrenzte Eingriffsschwellen.
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In dem gegenüber § 39 Abs. 1 BKAG spezielleren § 39 Abs. 2 BKAG wird die Erhebung personenbezogener Daten zur Verhütung von Straftaten geregelt, die nur unter
engeren Voraussetzungen zugelassen wird (vgl. Graulich, in: Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Aufl. 2019, § 39 BKAG Rn. 2). § 39 Abs. 2 BKAG
ergänzt die auf die Gefahrenabwehr beschränkte Eingriffsgrundlage des § 39 Abs. 1
BKAG und setzt ausdrücklich schon früher, nämlich bereits bei der Verhütung künftiger Straftaten an. § 40 Abs. 1 Satz 1 BKAG in Verbindung mit § 39 Abs. 2 Nr. 1 BKAG
ermächtigt zum Abruf von Bestandsdaten im Bereich des internationalen Terrorismus, soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine Person eine Straftat
nach § 5 Abs. 1 Satz 2 BKAG begehen will.
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Zwar ist der Gesetzgeber nicht von vornherein auf die Schaffung von Eingriffstatbeständen beschränkt, die der Abwehr konkreter Gefahren dienen. Allerdings bedarf es
auch bei Maßnahmen zur Straftatenverhütung zumindest einer auf bestimmte Tatsachen und nicht allein auf allgemeine Erfahrungssätze gestützten Prognose, die auf
eine konkrete Gefahr bezogen ist (oben Rn. 147). Grundsätzlich gehört hierzu, dass
ein wenigstens seiner Art nach konkretisiertes und zeitlich absehbares Geschehen
erkennbar ist (BVerfGE 141, 220 <272 Rn. 112, 290 f. Rn. 164>). Insbesondere in
Bezug auf terroristische Straftaten kann der Gesetzgeber stattdessen aber auch dar-
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